Oberösterreich
Gasbohrung – erste Bilder zeigen Ausmaß der Vorkommen
Energieversorgung vs. Umweltschutz – mögliche Gasbohrungen im Nationalpark Kalkalpen sorgen für Wirbel. Nun veröffentlicht der Betreiber erste Fotos.
Ein riesiges Reservoir wird unter der Erde nahe der Kalkalpen-Gemeinde Molln (Bez. Kirchdorf) vermutet: Konkret eine Summe von 22 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Diese Menge könnte den Gasbedarf von Österreich für etwa drei Jahre decken. Wie der Geologe Reinhard Sachsenhofer am Dienstagabend in der ZIB2 erklärte, wäre die Gasförderung dort ein "minimalinvasiver Eingriff".
Jetzt hat die australische Betreiber-Firma ADX Energy Ltd erste Fotos geplanter Gasbohrungen auf ihrer Website veröffentlicht (siehe Bildergalerie unten).
Das aktuelle Projekt gehe laut Sachsenhofer auf eine Probebohrung der OMV aus dem Jahr 1987 zurück. Damals sei man völlig überraschend in 3,3 Kilometern Tiefe auf Erdgas gestoßen. Die Lagerstätte läge dabei "nicht unterhalb der Kalkalpen, sondern in den Kalkalpen": "Das ist durchaus ungewöhnlich." Zu diesem Zeitpunkt seien die geologischen Modelle aber noch nicht so fortgeschritten gewesen.
Aufgrund neuer Berechnungen sei ADX jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die Chance bei neuen Bohrungen auf "signifikante Mengen relativ hoch" sei.
Konkret könnten es sogar zwischen 4 und 44 Milliarden Kubikmeter sein, das Unternehmen rechnet mit den erwähnten 22 Milliarden.
"Rein geometrisch würde es sich ausgehen", so bewertet der Experte die Beschaffenheit der Lagerstätte. "Die Wahrscheinlichkeit [auf solche Mengen] liegt aber zwischen 0 und 20 Prozent", dämpft Sachenshofer die Erwartungen.
Erstes Gespräch zwischen Ortschef und Firma
Es gab bereits ein erstes Treffen zwischen dem Mollner Bürgermeister Andreas Rußmann (SPÖ) und zwei Vertretern der Energie-Firma: "Die Informationen waren sehr gut, sehr sachlich, aufschlussreich. Wir haben an Mitspracherecht noch nichts verspielt", sagte Rußmann gegenüber dem ORF. "Es werden unsere Stellungnahmen noch gehört."
Einige Aspekte seien aber noch nicht geklärt, zum Beispiel, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Außerdem müsse auch noch besprochen werden, ob der Standort Molln grundsätzlich für Gasbohrungen in Frage komme.
Offen ist nach wie vor, welche Menge an Gas tatsächlich vorhanden ist und ab wann sie verfügbar wäre. Das australische Unternehmen hat die Lizenz für Probehohrungen. Viele Bürger der Gemeinde kritisierten vor allem die fehlende Transparenz der Firma. Unter ihnen der Anrainer und Naturraum-Manager Christian Hatzenbichler.
Schutz des Ökosystems
"Dieses Ökosystem ist jahrhundertelange Ruhe gewohnt. Es ist Wildnis", betont Hatzenbichler seine Befürchtungen. "Es gibt Lebewesen, die vom Nachtfalter leben. Und insgesamt sind auf so einer wertvollen Fläche bis zu 5.000 verschiedene Arten von Pflanzen, Tieren, Insekten und Pilzen zuhause."
„"Dieses Ökosystem ist jahrhundertelange Ruhe gewohnt. Es ist Wildnis". Christian Hatzenbichler, Anrainer und Naturraum-Manager“
Wegen der Bohrungen wären unter anderem Vögel "durch den Lärm, den Verkehr und Dieselabgase auch beeinflusst", so Hatzenbichler. "Der Lärm vom Wechseln der Bohrgestänge verschreckt sämtliche nachtaktive Wildtiere wie Hirsche, Rehwild, diverse Marder, Wiesel, Fuchs und Dachs. Nachtaktive Vögel wie Eulen, Käuzchen oder Uhu haben da nichts mehr zu jagen und werden abwandern."
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Laut Hatzenbichler könnte man für Gasbohrungen eine andere Stelle suchen: "Warum sucht man sich nicht einen Ort, der nicht so sensibel ist? In Wien würde man auch nicht einen Bohrturm vor das Schloss Schönbrunn hinstellen." Man müsste sich hingegen eine Bohrtechnik für eine besser geeignete Stelle überlegen, das ist technisch möglich", so Hatzenbichler.
"So ein Schwachsinn"
"Das ist ein absoluter Schwachsinn": So bezeichnete Hatzenbichler die jüngsten Aussagen des Geologen Sachsenhofer in der ZIB2, wonach Gasbohrungen lediglich ein "minimalinvasiver Eingriff" seien. Im Gegenteil: Die geplanten Bohrungen seien "ein massiver Eingriff", so Hatzenbichler. Das gesamte Ökosystem sei davon betroffen. "Heute" hat berichtet.