Oberösterreich
Gasbohrung in OÖ – nun formiert sich Bürger-Widerstand
Mitten durch den Nationalpark Kalkalpen soll eine Gas-Pipeline entstehen. Anrainer sorgen sich massiv um den Naturraum. Jetzt wollen sie aktiv werden.
Nun bildet sich Widerstand. Besorgte Anwohner der Nationalpark-Gemeinde Molln (Bez. Kirchdorf) wollen eine Bewegung ins Leben rufen: "Wir gründen in den kommenden Tagen eine Bürgerinitiative, deren Namen wir gerade noch entscheiden", sagt Anrainer Christian Hatzenbichler zu "Heute".
Insgesamt 200 Unterschriften aus Molln und den anliegenden Gemeinden sind für die Gründung einer Bürgerbewegung erforderlich. An einer Website werde noch gearbeitet, Interessierte können sich dort dann über den Lebensraum Naturschutzgebiet informieren. Außerdem möchte man weitere Info-Treffen für die örtliche Bevölkerung veranstalten.
22 Milliarden Kubikmeter Erdgas vermutet
Schon im Frühjahr soll angeblich mit der Gasförderung begonnen werden. Rund 2.000 Meter unter der Ortschaft Molln wird eine riesige Menge an Erdgas vermutet, konkret bis zu 22 Milliarden Kubikmeter. Österreich könnte mit diesem Vorkommen vermeintlich drei Jahre lange mit Gas versorgt werden.
Das australische Unternehmen ADX Energy Ltd – Betreiber der geplanten Förderung und Lieferung – habe noch keine Bewilligung beantragt. Jedoch sollen schon Probebohrungen stattgefunden haben, für die es die notwendigen Lizenzen und Genehmigungen gibt.
Die Lage ist heikel: In unmittelbarer Nähe der geplanten Stelle der Bohrungen befindet sich der Nationalpark Kalkalpen. Er zählt zum UNESCO-Weltnaturerbe. Laut ADX Energy Ltd soll das Naturschutz-Gebiet von möglichen Gasbohrungen allerdings nicht betroffen sein.
Sorge um Naturlandschaft
"Wir Bewohner wollen verhindern, dass unsere Naturlandschaft massiv beeinträchtigt wird", erklärt Hatzenbichler. "Es handelt sich hier um ein Rückzugsgebiet für viele Arten, Erdgas-Bohrungen wären unschätzbare Eingriffe ins Ökosystem", kritisiert Hatzenbichler, der auch als Naturraum-Manager tätig ist.
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In dieser Funktion hat er den Auftrag, das Naturschutzgebiet zu betreuen. Der Mollner kümmert sich unter anderem um Pflegemaßnahmen (Beweidungen zum Beispiel). Außerdem organisiert er landwirtschaftliche Bewirtschaftungen im Sinne des Naturschutzgesetzes. Hatzenbichler bemängelt vor allem die fehlende Transparenz: "Wir wollen Informationen von der Betreiber-Firma und von den Behörden erfahren."
„"Wir wollen Informationen von der Betreiber-Firma und von den Behörden erfahren." Christian Hatzenbichler, Anrainer und Naturraum-Manager “
"Über Köpfe hinweg entschieden"
Vergangenen Sonntag fand in einem Gasthaus ein erstes Treffen zwischen dem Mollner Bürgermeister Andreas Rußmann (SPÖ) und besorgten Einwohnern statt. Laut Rußmann waren "etwa 100 Menschen" bei der Info-Veranstaltung anwesend. "Viele sind erbost, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird", erklärt der Ortschef im "Heute"-Gespräch. Über die Größe einer möglichen Erdgas-Lagerstätte könne er derzeit nichts sagen: "Mir ist nichts Offizielles bekannt."
„"Viele sind erbost, dass über ihre Köpfe hinweg entschieden wird." Bgm. Andreas Rußmann (SPÖ)“
"Wir haben von der Betreiber-Firma (ADX Energy Ltd; Anm. d. Red.) eine fixe Zusage für eine Info-Veranstaltung, ein Termin wird noch vereinbart", so Rußmann. Im Rahmen der Besprechung werde er Antworten verlangen, zum Beispiel, ob es denkbare Auswirkungen auf die Umwelt geben könnte: "Ich will, dass Daten und Fakten auf den Tisch kommen."
Reaktionen auf geplante Gasbohrung
Eine schnelle Entscheidung fordert die Wirtschaftskammer Oberösterreich. Die Prüfung solle "sachlich, rasch und unter Berücksichtigung des lokalen Umweltschutzes erfolgen", so Erich Frommwald, Spartenobmann Industrie.
Harsche Kritik kommt hingegen von den Grünen, der zuständige Umweltlandesrat Stefan Kaineder beanstandet das Vorhaben: "Ein Projekt dieser Dimension – mit all den Auswirkungen auf Umwelt und Natur sowie auch das Klima – ohne Beteiligung der Bevölkerung vorzubereiten, stößt sauer auf."
In einer Stellungnahme plädiert Nationalpark-Direktor Josef Forstinger für einen offenen Meinungsaustausch: "Wir gehen davon aus, dass der Nationalpark in weitere Verfahren entsprechend eingebunden und angehört wird, um die Interessen des Nationalparks bestmöglich zu wahren."
Jedes dritte Säugetier gefährdet
Im Dezember hat das Umweltministerium die "Biodiversitätsstrategie Österreich 2030+" veröffentlicht. In der rund 160 Seiten langen Bestandsaufnahme der heimischen Artenvielfalt sind drei Hauptziele definiert: Ein Drittel der Landesfläche soll bis 2023 unter Schutz stehen. Ebenso sollen ein Drittel der Arten auf der Roten Liste nicht mehr gefährdet und 35 Prozent der Landwirtschaft dann auf Biobetrieb umgestellt sein.
Auf einen alarmierenden Befund kommt das Umweltbundesamt im Bericht: Rund ein Drittel aller Vögel und Säugetiere sind in Österreich stark gefährdet. Umweltschützer fordern jetzt eine rasche Umsetzung inklusive hochrangiger Schutzgebiete. "Heute" hat berichtet.