Niederösterreich

Gartlehner: "Contact Tracing nicht mehr durchführbar"

Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems über Impfpflicht, Antigentests, Contact Tracing und Quarantänedauer.

Erich Wessely
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Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems
Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Die Omikron-Welle hat Österreich derzeit fest im Griff: Mit 15.717 Neuinfektionen binnen 24 Stunden am gestrigen Montag gab es so viele Corona-Neuinfektionen wie noch nie zu Wochenbeginn. "Heute" bat den Epidemiologen Gerald Gartlehner, Leiter des Departments Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie an der Donau-Universität Krems, um seine Einschätzung der aktuellen Corona-Lage. 

"Heute": Man hat gerade Gurgel-Testkapazitäten auch außerhalb Wiens, etwa in NÖ, massiv ausgebaut. Nun gibt es eine Debatte aufgrund der hohen Anzahl von Tests in der Omikron-Lage auch auf Antigentests zurückzugreifen. Wie sehen Sie die Situation, sollen auch Antigentests wieder verstärkt eingesetzt werden? Und wie lange sollten in der jetzigen schwierigen pandemischen Situation PCR-Tests und Antigentests gelten?

Dr. Gerald Gartlehner: Dass man PCR-Tests für jene reserviert, die sie wirklich brauchen, macht Sinn. Antigentests haben aber starke Limitationen und man kann sie, meiner Ansicht nach, eigentlich nur sinnvoll in zwei Situationen einsetzen:

- Wenn jemand Symptome hat und man ein rascheres, wenn auch nicht so genaues Ergebnis braucht als durch einen PCR Test, auf den man 24 Stunden warten muss.

- Um auszuschließen, dass man im Augenblick und in den nächsten Stunden infektiös ist, z.B. weil man jemand im Altersheim besuchen will.

"Heute": Zur Impfplicht: Sprechen Sie sich für eine rasche Einführung der Impfpflicht aus oder sollte man noch einige Monate zuwarten (die jetzige Welle erreicht man mit einer Impfpflicht ohnehin nicht mehr)? Ist es sinnvoll eine Impfpflicht für alle (etwa ab 14 Jahren oder so wie jetzt angedacht mit 18 Jahren) oder vorerst nur eine altersabhängige (etwa wie in Italien für über 50-Jährige, auch in Österreich gibt es ja bei Älteren noch einige Impflücken) einzuführen?

Gartlehner: Die Impfpflicht ab 14 halte ich nicht mehr für sinnvoll, weil wir nach Omikron ein Ausmaß an Immunität in der Bevölkerung haben werden, wie noch nie zuvor in der Pandemie. Das Argument für Impfpflicht ab 14 war ja immer, dass man nur so 90 Prozent der Bevölkerung immunisieren kann und dadurch eine Art von Herdenimmunität erreichen wird. Dieses Ziel werden wir aber am Ende der Omikron-Welle erreicht haben. Impfpflicht in Spitälern, Pflegeheimen, etc. halte ich aber weiterhin für wichtig, weil es hier um Fremdschutz von sehr vulnerablen Personen geht. Auch einer Impfpflicht ab 50 kann ich durchaus etwas abgewinnen, weil das jene Personen sind, die hauptsächlich in den Spitälern landen.

"Heute": Wann könnte der vierte Stich notwendig werden, ist mit einem Variantenimpfstoff (für Omikron) zu rechnen oder wird die mögliche vierte Impfung erneut exakt derselbe Impfstoff wie jener der ersten drei sein?

Gartlehner: Ein Variantenimpfstoff sollte ab März auf den Markt kommen (durch Pfizer). Ich glaube eine vierte Impfung wird es vor allem für die vulnerable Bevölkerung brauchen und für Personen, die im Spital, Pflegeheimen, etc. arbeiten. Aber ich glaube nicht, dass ein vierter Stich derzeit für die Gesamtbevölkerung notwendig ist. Die meisten werden durch Impfung und/oder Omikron gut immunisiert sein.

"Heute": Behörden sind überlastet, das Bundesheer wird mancherorts wie in NÖ wieder hinzugezogen: Macht das Contact Tracing in der jetzigen Situation überhaupt noch Sinn?

Gartlehner: Nein, macht keinen Sinn mehr und ist sicher auch nicht mehr durchführbar.

"Heute": Die Quarantäne gilt für Corona-Positive für zehn Tage, in England nur noch fünf Tage, weil zwei Drittel am Ende des fünften Tages nicht mehr ansteckend sein sollen, zum Freitesten reicht sogar ein Selbsttests aus der Apotheke – ist das auch für Österreich eine mögliche Vorstellung?

Gartlehner: Wir haben in Österreich ganz gute Testkapazitäten, ich glaube wir sollten beim Freitesten ab dem 5. Tag bleiben. Es könnte wahrscheinlich auch ein Antigentest in der Apotheke sein. Selbsttests würde ich nicht zulassen, bei vielen Personen klappt das Selbsttesten nicht wirklich gut.

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