Unwetter in der Schweiz
Ganzer Ort verwüstet: "Verschüttete hat uns angerufen"
Heftige Regenfälle haben im Süden der Schweiz für Überschwemmungen gesorgt, drei Menschen werden vermisst. Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten.
"Das Ausmaß der Unwetterschäden in verschiedenen Landesteilen ist erschütternd", schreibt die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd auf X. Ihre Gedanken seien bei der betroffenen Bevölkerung. "Ich danke den Einsatzkräften für ihren unermüdlichen Einsatz in dieser schwierigen Lage."
Die massiven Regenfälle vom Freitag haben im Bündnerland und Tessin teils große Überschwemmungen ausgelöst – stellenweise fiel nämlich an einem Tag so viel Regen wie sonst in einem ganzen Monat: In Grono gingen innerhalb von 24 Stunden 125 Liter pro Quadratmeter Niederschlag nieder, während es im Monat Juni sonst durchschnittlich 154 Liter sind.
Der Fluss Moesa sowie einige Nebenflüsse sind um 20.30 Uhr am Freitag über die Ufer getreten, dabei wurden mehrere Dörfer beschädigt.
Bilder (siehe unten) zeigen eine massive Schlamm- und Gerölllawine im Weiler Sorte (Lostallo). Dabei wurden zahlreiche Autos von den Schlammmassen weggespült und auch Häuser wurden beschädigt, zwei völlig zerstört.
In der ganzen Region mussten mehrere Dutzend Einwohner aus ihren Häusern evakuiert werden. Zwischenzeitlich wurden vier Personen vermisst.
Verschüttete rief bei Polizei an
Um kurz vor sechs Uhr morgens habe man eine Frau wohlbehalten aus dem Schuttkegel retten können, so die Kantonspolizei am Samstagvormittag. "Wir haben die Frau gefunden, weil sie es geschafft hat, mit uns Kontakt aufzunehmen", sagt William Kloter, der Einsatzleiter der Kapo. Die Verschüttete habe demnach die Polizei angerufen und gesagt, dass sie den Himmel sehe und teilweise auch Hundegebell höre. So konnte die Frau, die derzeit in einem Spital in Lugano gepflegt wird, gefunden werden.
Unwetter in der Schweiz: Gerölllawine verwüstet Lostallo
Die drei noch vermissten Personen würden nun Meter für Meter gesucht werden. Wie der "Blick" mit Berufung auf die Nachrichtenagentur Keystone/SDA schreibt, handelt es sich bei den Vermissten um ein Paar und eine ältere Frau. Die Polizei geht davon aus, dass die drei Vermissten in den Schuttkegel gerieten, der im Ort mehrere Häuser zerstört hatte.
"Ein Auto mit zwei Personen wurde mitgerissen"
Der Wirt Francesco vom Grotto Centena in Lostallo sagt gegenüber Tio: "Wir waren drinnen, hatten bereits geöffnet, und es saßen auch Kunden an den Tischen." Vor dem Restaurant hätten mehrere Autos geparkt. Eines sei mit zwei Personen besetzt gewesen. "Es wurde etwa 600 Meter weit fortgerissen. Glücklicherweise brachte sie die Strömung zurück auf die Straße und ließ sie auf der Hauptstraße zurück." In den anderen drei geparkten Fahrzeugen sei niemand dringesessen.
Autobahn einfach weggerissen
Wegen der Überschwemmungen wird ein Abschnitt der A13 zwischen Cabbiolo und Ara lange Zeit gesperrt sein, nachdem die Wassermassen einen rund 200 Meter langen Straßenabschnitt zerstört haben. Damit ist das Misox-Tal nun faktisch zweigeteilt: Die Ortschaften Mesocco und Soazza sind von Süden her nicht mehr erreichbar. Aufgrund des hohen Wasserstandes war es auch am Samstagmorgen noch nicht möglich, in den Bereich des zerstörten Abschnitts vorzurücken.
Angespannte Lage im Wallis
Am Freitag richtete das Unwetter auch im Wallis Schäden in unbekannter Höhe an. "Auf Höhe der Rhone wurde der Höhepunkt des Hochwassers nach Mitternacht, in der Nacht von Freitag auf Samstag, erreicht. Um 2 Uhr morgens wurde in Branson eine Durchflussrate von 819 Kubikmetern pro Sekunde gemessen", sagt Raphaël Mayoraz, Leiter der Naturgefahrenabteilung, gegenüber "Le Nouvelliste".
Die Rhone habe sich Prognosen zufolge etwas zurückgezogen. "Die Abflüsse sind jedoch nach wie vor sehr hoch und es muss bis auf Weiteres erhöhte Wachsamkeit aufrechterhalten werden", meint er Samstagnachmittag.
Mayoraz zeigt sich überrascht ob den Durchflussmengen. La Borgne erreichte in Bramois 124 Kubikmeter im Vergleich zu den üblichen 16 Kubikmetern. Die Dranse erreichte einen Durchfluss von 110 Kubikmetern gegenüber 15 Kubikmetern in normalen Zeiten.
Zermatt wieder im "Normalbetrieb"
Der "Walliser Bote" berichtet mit Bezug auf Aussagen von Ortsansässigen, in Zermatt sei weitestgehend wieder Normalbetrieb eingekehrt. "Außer an jener Stelle, wo der Triftbach über die Ufer getreten sei. Dort seien noch Räumungsarbeiten im Gang", schreibt das Portal.
Die Strecke Visp-Täsch könnte am Samstagabend wieder in Betrieb genommen werden. In der App "Gefahreninfos Zermatt" heißt es, der Betrieb soll ab 20 Uhr wieder aufgenommen werden. Die Matterhorn Gotthard Bahn teilt auf X derweil mit, dass um 20 Uhr die nächste Lagebeurteilung erfolgt.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Heftige Regenfälle haben im Süden der Schweiz für Überschwemmungen gesorgt, wobei drei Menschen vermisst werden
- Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd äußerte sich bestürzt über die Unwetterschäden und dankte den Einsatzkräften
- Im Wallis richtete das Unwetter ebenfalls Schäden an, während Zermatt mit heftigem Hochwasser zu kämpfen hatte