"Fühle mich schwul!" FIFA-Boss mit Skandal-Rede

Eigentlich rückte der mächtigste Mann im Fußball am Tag vor dem WM-Auftakt zwischen Katar und Ecuador (Sonntag, 17 Uhr) aus, um die Wüsten-Weltmeisterschaft zu verteidigen. Doch das ging so richtig in die Hose. Der Schweizer schockierte mit Aussagen, die für einen hochrangigen Fußballfunktionär untragbar sind.

13 Euro für ein Bier

Erst am Freitag kam das Fußballfest im streng muslimischen Emirat neuerlich negativ in die Schlagzeilen, weil sich die Herrscherfamilie im Bier-Machtkampf mit der FIFA doch durchsetzte. WM-Sponsor "Budweiser" darf in und rund um die WM-Arenen doch kein Bier mit Alkoholgehalt veräußern. Bier wird nur auf der Fanmeile in Doha jeden Abend erhältlich sein. Der Kostenpunkt für ein Krügerl: 13 Euro!

Die kritischen Stimmen versuchte Infantino nun abzuschwächen. Allerdings vergriff sich der 52-Jährige in seiner Verteidigungsrede deutlich im Ton. "Die Art und Weise, einseitig Lektionen erteilen zu wollen, ist heuchlerisch. Was wir Europäer in den vergangenen 3.000 Jahren gemacht haben, da sollten wir uns die nächsten 3.000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, moralische Ratschläge an andere zu verteilen", verteidigte Infantino das absolutistisch geführte Emirat. "Wer kümmert sich um die Arbeitsmigranten? Die FIFA", sagte Infantino weiter, kritisierte daraufhin westliche Unternehmen, die in den letzten Jahren weggeschaut hätten. Allerdings ohne Beispiele zu nennen.

"Wurde gemobbt, weil ich rote Haare hatte"

Stattdessen versuchte Infantino sich zu rechtfertigen, indem er seine eigene Familiengeschichte erzählte. Er sei der Sohn italienischer Gastarbeiter. "Ich weiß, wie es ist, diskriminiert zu werden. Ich wurde gemobbt, weil ich rote Haare hatte", so der 52-Jährige. Eine Verhöhnung verfolgter Minderheiten, der 6.500 auf den WM-Baustellen gestorbenen Gastarbeitern und etwa Homosexuellen, denen in Katar das Gefängnis droht. Sowie von allen Frauen, die in Katar unterdrückt werden.

Der echte Skandal erfolgte aber bereits in Infantinos Eingangsstatement. Die ersten Worte des FIFA-Präsidenten lauteten: "Heute habe ich sehr starke Gefühle, heute fühle ich mich als Katarer, heute fühle ich mich als Araber, heute fühle ich mich afrikanisch, heute fühle ich mich homosexuell, heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant." Damit wollte Infantino eigentlich seine Unterstützung für unterdrückte Gruppen ausdrücken. Das ging allerdings nach hinten los. Auch wenn Infantino betonte, dass alle Menschen in Katar willkommen seien. "Wenn jemand etwas anderes sagt, ist das nicht die Haltung dieses Landes. Und auch nicht die Haltung der FIFA", so der Schweizer.

Die Kritik an Katar sei jedenfalls zutiefst "ungerecht", meinte Infantino, der seit Jahresbeginn einen Nebenwohnsitz in Doha hat. Erschreckend dabei: Werte wie Menschenrechte, Frauenrechte, Gleichstellung von Minderheiten, keine Diskriminierung von Homosexuellen oder auch Rechte für Arbeitsmigranten und Menschen mit einer Beeinträchtigung sollten eigentlich nicht als Lektion aus dem Westen verstanden werden, sondern nicht diskutable Werte sein. Wie soll ein weltweit beachtetes Turnier dieser Dimension also für Veränderung in einem Land sorgen – was die FIFA stets proklamierte – wenn der FIFA-Boss selbst derart verstaubte Ansichten hat…