"Immer ungenierter"
FPÖ-Streit um "Sky Shield" mit Tanner im Parlament
Im Nationalrat stand Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zum Raketenabwehrschirm Sky Shield Rede und Antwort.
Mit einer an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (VP) gerichteten Fragestunde startete die am Donnerstag die Nationalratssitzung. Dabei ging es unter anderem um diverse Beschaffungsvorgänge, die neue Sicherheitsstrategie, die Rekrutierung zusätzlichen Personals oder die engere Kooperation zwischen den neutralen Ländern in Europa.
Zum Streitpunkt mit der FPÖ wurde neuerlich die Teilnahme Österreichs an der European Sky Shield Initiative (ESSI). Tanner befürwortete diese ausdrücklich, da es notwendig sei, sich gegen Bedrohungen aus dem Luftraum schützen zu können. Es handle sich dabei nicht um ein Militärbündnis sondern um eine Beschaffungskooperation – da kein Land alleine die Investitionen in diesen Raketenabwehrschild stemmen könne.
Tanner: Besserer Schutz durch Sky Shield
Bei Sky Shield handelt es sich um ein Deutschland gestartetes Projekt zum Aufbau eines verbesserten europäischen Luftverteidigungssystems. Die täglichen Bilder aus der Ukraine würden deutlich illustrieren, dass bestehende Lücken in diesem Bereich geschlossen werden müssten, zeigte sich Tanner überzeugt. Gerade für ein neutrales Land wie Österreich sei es wichtig, bei dieser Beschaffungskooperation dabei zu sein.
BILDSTRECKE: So funktioniert Sky Shield
Die Ministerin versicherte dem Abgeordneten Robert Laimer (SPÖ), dass selbstverständlich im Vorfeld das Völkerrechtsbüro des Außenministeriums mit diesem Vorhaben befasst worden sei. Es gebe auch keinen Völkerrechts- oder Verfassungsexperten, der neutralitätsrechtliche Probleme gesehen hätte.
Zu den von Volker Reifenberger (FPÖ) geäußerten Bedenken stellte Tanner klar, dass die eigene Souveränität nicht abgeben werde. Alle Entscheidungen würden weiterhin von Österreich getroffen würden. Der Austausch von Radardaten im Rahmen des Systems Goldhaube beruhe außerdem auf schon bestehenden Abkommen mit einzelnen Nachbarstaaten. Letztere sollen auch noch weiter ausgebaut werden.
Zu dem von Österreich, der Schweiz, Irland und Malta unterzeichneten Papier zu den NATO Western European Partners, das von Abgeordneter Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) thematisiert wurde, führte Tanner aus, dass gerade die neutralen Länder eine wichtige Rolle im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einnehmen.
Streitpunkt Neutralität
In dem neuen Format habe sich eine Wertegemeinschaft aus neutralen Ländern zusammengeschlossen, die sich etwa mit Fragen zur Rechtsstaatlichkeit, zum Schutz von Zivilpersonen und Frauen in bewaffneten Konflikten oder zum Klimaschutz befassen. Die individuelle Zusammenarbeit der einzelnen Staaten mit der NATO bleibe davon unberührt.
Tanner verwehrte sich daher auch mit Nachdruck gegen die Behauptung von FPÖ-Vertreterin Petra Steger, sie "arbeite immer ungenierter daran, die Neutralität tatsächlich abzuschaffen".
Die Verteidigungsministerin konterte: "Ich verstehe, dass sich der Wahlkampf nähert. Aber ich sage Ihnen auch ganz offen, ein Thema eignet sich nicht für den Wahlkampf. Das ist die Sicherheit – und schon gar nicht die militärische Sicherheit."
Was unsere Neutralität wirklich ist
Die Neutralität Österreichs ist in einem Bundesverfassungsgesetz klar geregelt. Es besagt, dass Österreich seine Neutralität verteidigen und weder Militärbündnissen beitreten, noch Militärbasen fremder Staaten auf eigenem Territorium zulassen wird – nicht mehr, nicht weniger.
Wörtlich heißt es:
(1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.
(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen.
Quelle: RIS – Gesamte Rechtsvorschrift für Neutralitätsgesetz