Nehammer gegen Kickl

FPÖ siegt, aber ÖVP schöpft Hoffnung im Kanzler-Fight

Erstmals Platz eins für die Blauen – jetzt wartet drei Monate lang das Hass-Duell Kickl gegen Nehammer ums Kanzleramt. Die SPÖ kommt nicht vom Fleck.

Clemens Oistric
FPÖ siegt, aber ÖVP schöpft Hoffnung im Kanzler-Fight
Nach der EU-Wahl steht Österreich vor dem Brutal-Duell Kickl gegen Nehammer.
Picturedesk, Helmut Graf, Grafik "Heute"

Blaues Beben und türkises Überleben – so kann man die EU-Wahl 2024 in Österreich zusammenfassen. Herbert Kickl und Harald Vilimsky können am Sonntag eine Flasche Schampus köpfen, immerhin gelang den Freiheitlichen der erste Wahlsieg in der Geschichte.

Kickl-Hürde liegt bei 27 Prozent

Kickl dürfte auch über die 25,5 Prozent für die Blauen erfreut sein. Es sind zwar nicht die 30 Prozent geworden, die der FPÖ in einigen Umfragen ausgewiesen worden waren, aber ein solider Start-Ziel-Sieg ging sich aus. Die Aktie der Freiheitlichen steht jetzt bei 25,5 Prozent – an diesem Wert wird auch Herbert Kickl im Herbst gemessen werden.

Die Blaupause Was fix ist: Österreich steht jetzt drei Monate lang das Brutal-Duell Herbert Kickl gegen Karl Nehammer bevor. Die Kanzler-Partei, die zwar herbe Verluste einstecken musste, rettete den zweiten Platz über die Ziellinie. Es zeigt sich, dass vor allem ältere Wähler am Land am Ende dann doch ÖVP wählen.

ÖVP setzt auf Anti-Twitter-Themen

Die Volkspartei hat im Finish des Wahlkampfs einen reinen Zielgruppen-Wahlkampf geführt, Spott auf Twitter eingesteckt und wurde am Ende belohnt. Als ihr Hausmeinungsforscher rückmeldete, dass das Verbrennerverbot Menschen in den Bundesländern triggern würde, veranstaltete der Kanzler kurzerhand einen Autogipfel und rollte diesen reichweitenstark am Wochenende vor dem Wahlkampf-Endspurt medial aus. Der türkise Lack am Volks(partei)wagen mag zwar endgültig ab sein, gekonntes Themensetting beherrscht die Kanzlerpartei mit ihrer Kommunikationsabteilung offenkundig aber nach wie vor.

Roter Kolbenreiber Vor einer extrem schweren Aufgabe steht in den nächsten Monaten indes die SPÖ. Bei der ersten nationalen Wahl unter Parteichef Andreas Babler ging es für die Roten noch weiter runter; unter das Desaster-Ergebnis aus der Ära Rendi-Wagner. Mit dem scharf linken Kurs Bablers, einem Schlafwagen-Wahlkampf à la Andreas Schieder und Fairness-Plattitüden lassen sich in Österreich keine Mehrheiten erzielen.

Blauer Denkzettel für die Roten

Die SPÖ strahlt nicht mehr in die Mitte der Bevölkerung hinein – dorthin, wo in diesem Land Wahlen gewonnen werden. Zuwanderung und Sicherheit waren die für die Österreicher entscheidende Themen. Die Roten haben hier keine Glaubwürdigkeit. Von "Gibt keine Obergrenze" (Parteichef Babler) über "Konsequenzen bis hin zu Abschiebungen" (Klubchef Kucher) beziehungsweise "Nein zu Abschiebungen nach Afghanistan" (Jungsozialisten-Chef Stich) war diese Woche alles dabei.

Die FPÖ ist in der Asylfrage klar, bleibt aber konkrete Konzepte zur Reduktion der Flüchtlingszahl schuldig. Die SPÖ spricht von "Flucht ist ein Menschenrecht". Das mag in den feinen Salons oder in der Twitterbubble beklatscht werden, die Bevölkerung erwartet sich spätestens nach den jüngsten Gewalttaten aber eine restriktive Migrationspolitik.

FPÖ hat die Jungen

Wenn die Parteien der Mitte diese nicht anzubieten vermögen, werden die rechten Ränder gestärkt. Das zeigt sich in Deutschland, das zeigt sich in Frankreich und Italien. Und das zeigt sich in Österreich. Der Versuch, diese Wirklichkeit zu verleugnen, wird sich in weiteren Wahlniederlagen niederschlagen. Eine wirkliche Rolle spielt die SPÖ (und wohlgemerkt auch die ÖVP) nur noch bei Pensionisten. Die Erwerbstätigen sind in großer Zahl zur FPÖ übergelaufen ...

Die emotionale Elefantenrunde im ORF

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    Andreas Schieder sichtlich emotional in der ORF-Elefantenrunde.
    Andreas Schieder sichtlich emotional in der ORF-Elefantenrunde.
    Helmut Graf
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