Szene
Prügel + Muckis + Daddy Issues = großes Boxerkino
Adonis Creed muss seinen Titel gegen den Sohn des Mannes verteidigen, der seinen Vater tötete.
Selten handelt ein Boxerfilm vom Boxen. Immer handelt er vom Boxer. Immer ist er zugleich ein Familienfilm. Kein Film für, sondern über die Familie. Der Trainer als Ersatzvater, die Partnerin als Anker im Leben außerhalb des Rings. Das macht den Reiz der immer gleichen Geschichte vom Außenseiter, der sich zum Champion fightet, aus.
Diese Kombination von Einzelkämpfer und Familienmensch erfordert neben guten Darstellern auch ein gutes Skript. Mit ein Grund, warum Boxerfilme bei den Oscars oft ein Leiberl haben, wenn auch nicht als Sieganwärter, dann zumindest im Kreis der Nominierten. Und mit ein Grund, in ein Kinoticket zu investieren.
Der Trailer von "Creed II":
Auftritt Viktor
Hinterher trauern muss man dem Eintrittsgeld für "Creed II" jedenfalls nicht. Der Film fesselt nicht nur von Beginn an, er weiß auch sofort zu überraschen. Nicht dem Titelhelden (Michael B. Jordan) gehören die ersten Minuten, sondern seinem Herausforderer Viktor Drago (gespielt vom deutsch-rumänischen Schwergewichtsboxer Florian Munteanu).
Papa Ivan (Dolph Lundgren) weckt ihn mit einem gar nicht liebevollen Klaps zum Training im Betondschungel eines ukrainisches Ghettos. Weiter geht's in den Ring, wo Viktor seinen Gegner bewusstlos auf die Bretter schickt. Vor den Augen eines amerikanischen Box-Promoters, dem praktisch schon die Dollarzeichen in den Augen leuchten.
Punch from the Past
Viktor hat Großes vor. Er will dem regierenden Heavyweight-Champion Adonis Creed den Titel abjagen. Nicht nur, um dem Ghetto zu entfliehen, sondern auch um eine alte Rechnung zu begleichen.
Wer es noch nicht weiß: Die "Creed"-Filme sind die Fortführung der "Rocky"-Reihe. Im vierten Teil coachte Rocky Balboa (Sylvester Stallone) Adonis' Vater Apollo Creed für seinen Kampf gegen Ivan Drago. Der Kraftprotz tötete Apollo im Ring, Rocky verprügelte ihn dafür in einem Revanche-Match.
Dreißig Jahre später hat Ivan die Niederlage noch immer nicht überwunden. Erst wurde er in seiner sowjetischen Heimat zur Persona non grata, dann verließ ihn auch noch seine Frau, Viktors Mutter (Brigitte Nielsen). Um ihr Ansehen zurückzugewinnen, schindet Ivans seinen Sohn. Um ihre Zurückweisung zu verkraften, schlägt Viktor härter zu, als alle anderen.
Diese Nebenhandlung tut dem Film richtig gut. In "Rocky IV" war Ivan noch ein wandelndes Klischee vom bösen Russen. Ohne Hintergrundgeschichte, ohne nennenswerte Wortmeldungen, die Staatsbürgerschaft das entscheidende Charaktermerkmal. Jetzt darf Ivan ein echter Mensch sein. Kein sympathischer, aber immerhin ein Mensch. Da stören nicht einmal die stereotypen Russen-Akzente von Munteanu und Lundgren (ein gebürtiger Schwede).
Familien und Fixplätze
Die Vater-Kind-Thematik ist auch in Rockys Subplot (Entfremdung vom einzigen Sohn) und im Haupterzählstrang tonangebend: Zum einen steht Adonis immer noch in Apollos Schatten, zum anderen erwartet er mit seiner Liebsten Bianca (Tessa Thompson, wie in all ihren Filmen einfach großartig) sein erstes Kind. Und das soll nicht ohne Papa aufwachsen, nur weil Adonis unbedingt gegen Viktor in den Ring steigen will.
Trotz tollen Skripts und ausgezeichneter Darsteller sind die großen Highlights von "Creed II" am Ende aber trotzdem die alten "Rocky"-Klassiker. Stallones Nuschel-Slang (im O-Ton), der bombastische Champion-Sound und die unumgänglichen Trainings-Montagen. Diesmal wird statt auf gefrorene Rinderhälften aber auf Reifentürme eingedroschen.
Fazit:
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"Creed II - Rocky's Legacy" startet am 25. Jänner 2019 in den österreichischen Kinos.