Wirtschaft

Fast Hälfte der Pflegekräfte will Handtuch werfen

Angststörungen, Vergesslichkeit, Schlafstörungen – das sind die Folgen einer Dauerbelastung der Pflegekräfte. Knapp die Hälfte denkt ans Aufhören. 

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Die Hälfte der Pflegekräfte denkt ans Aufhören nach. (Archivbild)
Die Hälfte der Pflegekräfte denkt ans Aufhören nach. (Archivbild)
GENT SHKULLAKU / AFP / picturedesk.com

Am Mittwoch wurden sie Ergebnisse einer im Sommer von Arbeiterkammer, Ärztekammer und Gewerkschaften durchgeführten Umfrage präsentiert. Jener zufolge denkt fast die Hälfte der Pflegekräfte ans Aufhören. Gerald Mjka, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft vida, kritisiert in diesem Zusammenhang insbesondere die Regierung: 

"Die letzte Bundesregierung hat viel versprochen, aber nichts gehalten."

Nun appellierte er an den neuen Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), "dringend notwendige Reformen" anzugehen.

Zwei Drittel "erschöpft und niedergeschlagen"

Doch die Ergebnisse der Umfrage zeichnen ein noch viel dramatischeres Bild als erwartet, erläuterte Silvia Rosoli, Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Pflegepolitik der Arbeiterkammer. Im Rahmen der Erhebung wurden etwa 7.000 Personen befragt,  darunter 3.650 Pflegekräfte. Mehr als zwei Drittel der Befragten (67,7 Prozent) fühlen sich erschöpft und niedergeschlagen. 56,8 Prozent finden keine Freude mehr an der Arbeit.

61,5 Prozent gaben an, im Vorjahr "mehr als ausgemacht" gearbeitet zu haben, 42,5 Prozent konnten ihre Urlaube nicht wunschgemäß beanspruchen. "Die ohnehin hohen Belastungen durch die Arbeitszeit sind extrem gewachsen", so Rosoli weiter.

 Eine dauerhafte Belastung dieser Art, hat allerdings schwerwiegende Folgen, wie etwa Angststörungen, Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme (jeweils 47 bis 49 Prozent). Auch Schlafprobleme sind keine Seltenheit (54,5 Prozent).

45 Prozent erwägen aufzuhören

Die Überlegung, den Job hinzuschmeißen verwundert also kaum. Laut Umfrage denken sogar etwa 45 Prozent der Pflegekräfte wöchentlich oder noch öfter daran, aufzuhören. Viele würden nur noch aus Solidarität mit den Patienten und Klienten bis zum Ende der Pandemie weitermachen, zitierte Mjka unzählige Betroffene. 

"Wenn ich das höre, dann werd' ich richtig wütend auf die Bundesregierung, die es seit Jahren verabsäumt hat, die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich zu verbessern."

Das Gegenteil sei sogar der Fall: Seit Beginn der Pandemie hätten sich laut Mjka die Arbeitsbedingungen drastisch verschlechtert

 "Der Druck auf die Menschen wird immer höher", Burnouts seien die Folge.

Verschärfung droht

Allerdings droht sich die ohnehin schon sehr angespannte Personalsituation sogar weiter zu verschärfen. Bis 2030 fehlen 70.000 Pflegekräfte allein um nur den bisherigen Betreuungsgrad halten zu können. 

"Es braucht daher eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen", so die Schlussfolgerung Mjka.

"Wir erwarten uns vom neuen Bundeskanzler Schallenberg, dass er aus dem Schatten seines Vorgängers tritt und die dringend notwendigen Reformen in der Pflege angeht."

Ausbildungsoffensive in Pflege gefordert

Reinhard Waldhör, Vorsitzender der GÖD-Gesundheitsgewerkschaft fordert indes eine Ausbildungsoffensive in den Pflegeberufen. Die Pilotversuche an den Berufsbildenden Höheren Schulen für Pflegefachassistenz, "die sehr gut funktionieren", müssten in den Regelschulbetrieb überführt werden- Zudem brauche es mehr Fachhochschulplätze, auch im ländlichen Raum.

Praktikumsplätze müssten aufgewertet werden und zeitlich sowie finanziell abgegolten werden. "Wir müssen weg von derzeit ausschließlich privaten Bildungsträgern, wo von den Auszubildenden auch noch ein Schulgeld zu bezahlen ist."

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