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Farben hören, Töne schmecken - Bist du ein Synästhet?

Synästheten erleben die Welt in noch mehr Dimensionen als gewöhnliche Menschen. Ein Phänomen, das noch weitgehend unbekannt ist.

Sabine Primes
Synästheten verknüpfen Gehirnareale anders als typische Menschen.
Synästheten verknüpfen Gehirnareale anders als typische Menschen.
Getty Images/iStockphoto

Wenn eine Zahl für dich nicht einfach eine Zahl ist, sondern du mit ihr eine bestimmte Farbe verbindest oder du Formen siehst, wenn du Musik hörst, dann bist du höchstwahrscheinlich ein Synästhet.

Besondere neuronale Vernetzung für besondere Wahrnehmung

Synästhesie bezeichnet eine Variante der Wahrnehmung, basierend auf einer neuronalen Gehirnstruktur, bei der verschiedene Gehirnareale auf besondere Art und Weise miteinander in Verbindung stehen. Am weitesten verbreitet ist die Hypothese, dass zwischen Hirnarealen, die normalerweise nicht oder wenig verbunden sind, ein übermäßiger Austausch besteht. Das Farbareal und das Buchstabenareal im Hirn liegen dicht beieinander. Wenn Nervenfasern zwischen diesen beiden Regionen verbunden sind, können Sinneseindrücke zusammen aktiviert werden, die sonst nicht verknüpft sind. Dadurch werden bestimmte Wahrnehmungsphänomene und Denkprozesse ermöglicht, die in einem „neuro-typischen“ Gehirn nicht möglich sind.

Typische synästhetische Wahrnehmungen werden durch zusätzliche neuronale Verbindungen zwischen zwei oder mehreren Gehirnarealen ermöglicht, die Sinnesreize (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Propriozeption, Fühlen - taktile und haptische Wahrnehmung) verarbeiten. In synästhetischen Gehirnen gibt es auch Verknüpfungen, die für Emotionen, Gedächtnis, Intelligenz und andere kognitive Fähigkeiten zuständig sind. Synästhesie ist also weit mehr als nur bunte Zahlen oder farbige Töne. Es ist riechen, schmecken, hören oder fühlen mit verknüpften Sinnen. 

Varianten des menschlichen Bewusstseins

Typische synästhetische Wahrnehmungen sind das farbige Hören, also das Visualisieren von Tönen in Farbe und/oder Form vor dem inneren Auge oder auch das konsistente Zuordnen von Farben zu bestimmten Zeichen (Zahlen oder Buchstaben). Wörter können nach etwas schmecken oder ein Geruch kann eine Farbwahrnehmung hervorrufen etc.

Diagnostisch betrachtet, zeigen die Gehirne von Synästhetikern vermehrt graue Substanz (Nervenzellen) in verschiedenen Bereichen und in anderen Bereichen eine erhöhte Dichte an weißer Substanz (Nervenverbindungen). Die Forschungen hierzu sind noch lange nicht abgeschlossen.

Synästhesie ist keine Krankheit. Sie ist eine Variante menschlichen Bewusstseins. Es gibt verschiedene Formen der Synästhesie und laut der Deutschen Synästhesie Gesellschaft weisen etwa vier Prozent der Bevölkerung mindestens eine Form davon auf. Aufgrund der Häufung in Familien wird eine Vererbbarkeit angenommen.

Ein Potenzial, das andere nicht haben

Synästheten kommen in allen gesellschaftlichen Schichten vor und sind in allen denkbaren Berufen zu finden. Durch die Synästhesie besitzen sie jedoch ein Potenzial, das sie von anderen unterscheidet. Synästhesie ist entweder vorhanden oder nicht, es kann nicht antrainiert werden. Inwieweit dieses Potenzial genutzt wird oder genutzt werden kann, ist individuell verschieden.

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