Vorläufige Monatsbilanz
"Extrem" – Wiener Klimatologen messen neue Rekorde
Seit einem Vierteljahrtausend hat es in Österreich kaum mehr Sommerhitze in einem Juli gegeben als heuer. Besonders die Nächte waren tropisch.
"Der Juli 2024 war extrem warm und lag im Tiefland Österreichs um 2,1 Grad über dem Mittel der Klimaperiode 1991 bis 2020", bestätigt Klimatologe Alexander Orlik von der GeoSphere Austria am Dienstag die vorläufige Monatsbilanz. Selbst auf den Berggipfeln wurde ein Plus von 2,0 Grad verzeichnet.
Beinahe wäre es ein Rekord geworden: "Das ergibt im Tiefland Platz 2 in der Reihe der wärmsten Juli-Monate der 258-jährigen Messgeschichte und auf den Bergen Platz 5 in der 174-jährigen Gebirgsmessreihe."
Beachtlich ist für den Klimaforscher auch: "Der Juli ist damit der vierzehnte Monat in Serie, der über dem Durchschnitt liegt. Der letzte relativ kühle Monat war der Mai 2023."
Kein Sommer wie damals
Noch viel krasser ist der Unterschied zur Klimaperiode 1961-1990, weil ist dieser die Erderhitzung noch nicht so stark angelaufen war. Bezogen auf damals lag der Juli 2024 im Tiefland um 3,8 Grad über dem Mittel und auf den Bergen um 3,6 Grad!
Bis auf einen Ausreißer stammen die Top 10 der wärmsten Julis der Messgeschichte seit 1767 alle aus den letzten 30 Jahren: Rekordhalter ist 2015, dann gleichauf 2006 und 2024, dann 1983, dann gleichauf 2013 und 1994, dann gleichauf 2022, 2010 und 1995, dann 2023. Alle bezogen auf den Datensatz HISTALP-Tiefland.
Platz 2 auf der Rekordliste verdankt der Juli einer Kombination mehrerer Faktoren. Die gemessenen Höchsttemperatur war im Rahmen, extrem heiße Tage waren kaum dabei. Auch die Sonnenscheindauer war eher durchschnittlich. Allerdings kühlte es in vielen Nächten kaum ab, was dann deutlich auf die Temperatursumme der Monatsbilanz schlug, erklärt Orlik im Gespräch mit "Heute".
Sehr viele Hitzetage
Die Zahl der Hitzetage (mindestens 30 Grad) lag im Juli 2024 deutlich über einem durchschnittlichen Monat. In den Landeshauptstädten gab es (inkl. Prognose für 31. Juli) an der Wetterstation Wien–Innere Stadt in diesem Juli 17 Hitzetage (Mittelwert im Zeitraum 1991-2020: 11), in Eisenstadt 16 (Mittel 9), St. Pölten 12 (Mittel 7), Linz 12 (Mittel 6), Salzburg Freisaal 8 (Mittel 6), Innsbruck Universität 11 (Mittel 8), Bregenz 5 (Mittel 4), Graz Universität 14 (Mittel 6), Klagenfurt Flughafen 14 (Mittel 7).
Neue Rekorde bei Nachttemperaturen
Die Nächte hatten im Juli 2024 in einigen Regionen ein extrem hohes Temperaturniveau. Zum Beispiel stieg an der Wetterstation Wien–Innere Stadt in diesem Juli der Mittelwert aller Tiefsttemperaturen auf 20,7 Grad. Das ist hier der höchste Wert seit Messbeginn im Jahr 1985.
"An der Wetterstation Wien–Hohe Warte gab es mit 18,9 Grad den höchsten Wert seit Messbeginn im Jahr 1872", führt GSA-Wissenschafter Orlik weiter aus. "Neue Rekorde bei den mittleren Tiefstwerten für einen Juli gab es auch in Mariazell (ST), Weyer (O), Litschau und Zwettl (N) sowie in St. Jakob im Defereggental (T)."
19 Tropennächte in Wien
Neue Rekorde für einen Juli gab es vereinzelt auch bei der Zahl der Tropennächte (Tiefstwert nicht unter 20 Grad): Eisenstadt verzeichnete in diesem Juli 13 Tropennächte (alter Juli-Rekord 10 im Jahr 2015), an der Wetterstation Wien–Hohe Warte waren es ebenfalls 13 Tropennächte (alter Juli-Rekord 11 im Jahr 2015). Die Wetterstationen Wien–Innere Stadt registrierte mit 19 Tropennächten exakt den gleichen Wert wie beim Rekord im Jahr 2006. In St. Pölten wurde mit 5 Tropennächten ebenfalls der gleiche Werte erreicht wie beim Rekord im Juli 2007.
2024 zweitwärmster Juli der österreichischen Messgeschichte
Sehr trocken, aber Sintflut-Regen
In der österreichweiten Auswertung brachte der Juli 2024 um 23 Prozent weniger Niederschlag als ein durchschnittlicher Juli. Besonders im Osten war es stellenweise extrem trocken (-50 bis -95 Prozent). An der Wetterstation Hohenau an der March, im Weinviertel in Niederösterreich, regnete es im gesamten Juli nur vier Liter pro Quadratmeter (= 4 Millimeter). Damit war das in Hohenau der trockenste Juli seit Messbeginn im Jahr 1923.
In vielen Regionen brachte der Juli 2024 dagegen mit heftigen Gewittern sehr viel Regen in kurzer Zeit. So regnete es in Aflenz in der Obersteiermark in der Nacht von 16. auf den 17. Juli in vier Stunden 95 Liter pro Quadratmeter (= 95 Millimeter). Das entspricht einem Ereignis mit einer statistischen Wiederkehrzeit von etwa 50 Jahren.
Extrem frühe Schneeschmelze
Beim Sonnblick Observatorium, auf rund 3100 Meter Seehöhe, schmolzen die letzten Schneereste des Winters ebenfalls bereits im Juli, ähnlich wie in den Jahren 2023 und 2022.
"Kein Schnee am Sonnblick Gipfel ist im Juli extrem ungewöhnlich. Vor dem Jahr 2022 war die geringste Schneehöhe in einem Juli am Sonnblick 30 Zentimeter und die Schneedecke verschwand, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit Ende August oder Anfang September", sagt Klimatologe Orlik abschließend.
Auf den Punkt gebracht
- Der Juli 2024 war der zweitwärmste in der Messgeschichte Österreichs, mit Temperaturen 2,1 Grad über dem Durchschnitt im Tiefland und 2,0 Grad in den Gipfelregionen
- Es war der vierzehnte Monat in Folge, der über dem Durchschnitt lag, und es gab eine hohe Anzahl von Hitzetagen sowie teilweise Rekorde bei Nachttemperaturen
- Der Juli war auch teils sehr trocken, aber brachte auch heftige Gewitter mit starkem Regen
- Am Sonnblick Observatorium schmolzen die letzten Schneereste des Winters bereits im Juli, was extrem ungewöhnlich ist