Fiskalrat-Präsident im ORF

Experte will Österreichern den Klimabonus abdrehen

Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt hat sich die Wirtschaftsprogramme der Parteien unter die Lupe genommen – und zerreißt sie regelrecht im ORF.

Newsdesk Heute
Experte will Österreichern den Klimabonus abdrehen
Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt am späten Sonntagabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Viel versprechen die Parteien kurz vor der Nationalratswahl Ende September in ihren Wahlprogrammen. Besonders viele Ideen kommen, wenn es um die Frage nach der Ankurbelung der schwächelnden österreichischen Wirtschaft geht. Die einen wollen streng sparen, die anderen versprechen massive Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Doch nicht alles macht Sinn und ist überhaupt umsetzbar, sagte der Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt am späten Sonntagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer.

"Das Bild der Wirtschaftslage in Österreich ist nicht berühmt", skizzierte er die Ausgangslage. Es gebe Konjunkturprobleme in der Bauwirtschaft und Industrie, "wir haben weiter Inflation".

Aber: "Ich glaube nicht, dass wir eine Katastrophenstimmung ausrufen müssen, was die Wirtschaft betrifft." Doch "unseriös und nicht realistisch" sei laut dem Experten, was die Parteien nun aus der Situation machen und welche Pläne sie vorlegen würden. Am konkretesten formuliere noch die SPÖ die Gegenfinanzierung ihrer Vorschläge, so Badelt.

"Würde nicht einmal chinesisches Wachstum erreichen"

Aber: Vermögenssteuer und Erbschaftsteuer entlaste die SPÖ nicht, "denn die Zahlen sind nicht realistisch", sagt er. Das schwerwiegende Problem laut dem Experten: Geld solle für künftige Ausgaben verwendet werden, wie man vom Defizit wegkommen wolle, sage die SPÖ jedoch nicht.

Die FPÖ wiederum setze auf Wirtschaftswachstum zur Finanzierung künftiger Ausgaben, teils klinge das auch bei der ÖVP so. "Das würde nicht einmal ein chinesisches Wachstum erreichen", spottete Badelt.

"Wunschdenken, das nicht realistisch ist"

Durch ein Wirtschaftswachstum würde zwar das Budget erhöht, doch dies sei bereits in den Prognosen berücksichtigt, "das kann man nicht zweimal verkaufen", denn das sei "Wunschdenken, das nicht realistisch ist".

Eine Senkung der Lohnnebenkosten, das fordern etwa ÖVP, FPÖ und Neos, schaffe erst wieder eine Budgetlücke, so der Experte. Was keiner sage: Bei den Sozialausgaben müssten die Parteien dann wohl entstehende Defizite der Krankenversicherung oder Sozialversicherung ersetzen.

Zweifel an FP/VP-Forderungen zur Mindestsicherung

Eine Möglichkeit seien Leistungskürzungen "in einem dramatischen Ausmaß", so Badelt in Richtung FPÖ- und ÖVP-Pläne, er sehe jedoch nicht, "wo das der Fall sein könnte".

FPÖ und ÖVP würden den Eindruck erwecken, "als könnte man bei der Mindestsicherung für Ausländer relevante Summen sparen". Doch die gesamte Mindestsicherung betrage eine Milliarde Euro, der Anteil für Ausländer entsprechend nur einen Teil davon. Und kürze man den, sei es "ungeklärt, wovon die Menschen leben sollen".

"Hier wird einfach nicht seriös kommuniziert", kritisiert der Experte dadurch weiter angefeuerte Politikverdrossenheit. Es werde jetzt versprochen, was nach der Wahl einfach nicht eingehalten werden könne, so der Experte.

Langfristige strukturelle Änderungen seien in den letzten Jahren nicht gelungen, das müsse sich ändern, mahnt Badelt, der am Ende des Interviews mit einer eigenen Idee aufwartete, die "mit niemandem abgesprochen und sicher unpopulär ist". Dabei ging es um den Klimabonus.

Klimabonus "für ein paar Jahre aussetzen"

Badelt führte aus: Die CO2-Besteuerung, die etwa FPÖ-Chef Herbert Kickl abschaffen will, könne gar nicht abgedreht werden, das sei EU-rechtlich nicht möglich. Badelts Plan dagegen: Die CO2-Besteuerung solle bekanntlich durch den Klimabonus ausgeglichen werden, deswegen könnte man den Klimabonus "für ein paar Jahre aussetzen" und "ich glaube, das würde der Bevölkerung nicht auffallen". Der Fiskalrat-Präsident forderte schließlich die Parteien auf, ernsthafter zu kommunizieren, was die Wirtschaftspläne betreffe.

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    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View

    Auf den Punkt gebracht

    • Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt kritisiert die Wirtschaftsprogramme der Parteien vor der Nationalratswahl und bezeichnet sie als unrealistisch und unseriös
    • Er betont die Probleme in der österreichischen Wirtschaft und fordert eine ernsthaftere Kommunikation seitens der Parteien
    • Zudem schlägt er vor, den Klimabonus für einige Jahre auszusetzen, um die CO2-Besteuerung auszugleichen
    red
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