Wenn im Frühjahr die Tage länger und die Temperaturen milder werden, zieht es nicht nur die Menschen verstärkt ins Freie. Auch die Wildtiere werden zu dieser Zeit wieder aktiver – entsprechend steigt auch die Möglichkeit einer Begegnung mit einem Reh oder Hirsch im Straßenverkehr. Kommt es dabei tatsächlich zu einem Zusammenstoß, kann das gravierende Folgen haben, wie Roland Frisch, Pkw-Chefinstruktor der ÖAMTC Fahrtechnik, erklärt: "Trifft man mit 50 km/h auf ein 20 kg schweres Reh, wirkt eine halbe Tonne auf das Fahrzeug und seine Insass:innen, bei 100 km/h beträgt die Aufprallwucht zwei Tonnen."
Für ein Wildtier geht eine solche Kollision meist tödlich aus. Für die Personen im Fahrzeug ist sie zumeist das kleinere Übel. "Beim Versuch, dem Zusammenstoß mit einem Ausweichmanöver zu entgehen, passieren oft die schwersten Unfälle. Verreißt man das Steuer, kann man schnell einen Baum am Straßenrand touchieren oder gar im Gegenverkehr landen", warnt Frisch. Der Verhaltenstipp des Fahrtechnik Profis: Ist der Crash unvermeidlich, sollte man stark bremsen und das Lenkrad gut festhalten. Die Wahrscheinlichkeit, glimpflich davonzukommen ist auf diese Weise höher als bei einem riskanten "Schlenker", der kaum zu kontrollieren ist.
Festzuhalten ist, dass die meisten Unfälle mit Wildtieren keine Personenschäden verursachen. Speziell für Zusammenstöße mit kleineren Tieren liegen keine verlässlichen Zahlen vor.
Im besten Fall kommt es gar nicht erst zum Crash. ÖAMTC Fahrtechnik-Experte Roland Frisch merkt dazu an: "Im Bereich von Wildwechsel-Warnschildern sollte man immer besonders aufmerksam fahren und bremsbereit sein. Ist ein Tier in Sicht, muss man die Geschwindigkeit reduzieren, das Fernlicht ausschalten und hupen.
Hat das Tier die Fahrbahn überquert oder läuft davon, heißt es weiter vorsichtig sein: Wild flüchtet meist in Gruppen." Roland Frisch warnt in diesem Zusammenhang auch vor der falschen Blicktechnik: "Normalerweise fährt man genau dorthin, wo man hinschaut. Wenn also ein Wildtier die Fahrbahn quert, schaut man hin und lenkt automatisch in diese Richtung. Damit fährt man eigentlich dem Tier nach."
Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) darf ein Fahrzeuglenker nicht plötzlich und für den Nachfolgeverkehr überraschend bremsen. "Wer also wegen eines Tieres bremst, riskiert bei einem Auffahrunfall unter Umständen ein Mitverschulden", erklärt ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer die rechtliche Situation. "Die Judikatur hat sich allerdings dahingehend entwickelt, dass bei einem Zusammenstoß mit einem Wildschwein, Reh oder Hirsch die Gefahr einer Verletzung des Lenkenden als so groß gilt, dass nach einem Unfall aufgrund einer Vollbremsung den Voranfahrenden kein Mitverschulden angelastet wird."
Ist aufgrund der Größe des Tieres eine Vollbremsung für den Nachfolgeverkehr gefährlicher als ein Zusammenstoß mit dem Tier – etwa bei Kleintieren wie Hasen, Wildvögeln und Eichhörnchen – muss man laut Rechtsprechung bei einem Auffahrunfall einen Teil des Schadens selbst begleichen. Das gilt sinngemäß auch dann, wenn der:die nachfolgende Fahrer zu wenig Abstand gehalten hat.