Wie lange bekommen wir noch russisches Erdgas und was kann die Politik gegen die explodierenden Energiepreise tun – das waren die brennenden Fragen Montagnacht in der ZIB2. Dazu war E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch ins ORF-Studio zu Anchorman Armin Wolf geladen.
Die Einschätzungen des Experten zu künftigen Gaslieferungen sind düster: "Wir müssen damit rechnen, dass weiter Lieferunterbrechungen stattfinden werden." Er rechne zwar, dass nach der Wartung von Nord Stream 1 wieder etwas Gas fließen werde, doch die Wahrscheinlichkeit, dass die Lieferkürzungen noch verschärft werden, sei hoch. Denn bei jeder Kürzung würde der Preis steigen, was Putin wiederum in die Hände spiele.
Deshalb müssten nun über den Sommer die Gasquellen diversifiziert werden. Das Speicherziel der Regierung ohne russisches Gas zu erreichen, sei aber "sehr schwierig", sagt Urbantschitsch. Nur wenn über Nord Stream 1 tatsächlich weiter Gas fließe, könnte der angepeilte 80-prozentige Füllstand erreicht werden.
E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch am 11. Juli in der ZIB2 bei Armin Wolf.
Screenshot ORF
Unbekannt, wem Gas gehört
Das Problem: nicht alles Gas in den heimischen Speichern stehe auch den Österreichern zur Verfügung. Denn eigentlich würden diese von Privatunternehmen genutzt, der Staat hätte maximal eine Notreserve. Bei einer "relativ großen Menge" des eingelagerten Gases sei unbekannt, wem sie gehöre.
Der Umstand, dass Österreich die Kontrolle darüber habe, sei aber ein strategischer Vorteil, so der E-Control-Chef. Im Notfall darauf zugreifen könnte die Regierung aber nicht uneingeschränkt, es gelte EU-Abkommen und bilaterale Verträge einzuhalten. Zudem könne man nicht in einer Krise anderen Staaten einfach deren dringend benötigtes Gas wegnehmen.
Die zweite Schiene zur Sicherheit im Winter sei eine kurzfristige Umstellungen auf alternative Energieträger.
E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch am 11. Juli in der ZIB2 bei Armin Wolf.
Screenshot ORF
Warmwasser nur zu bestimmten Tageszeiten?
Wenn es dann wirklich zu einem Engpass kommt, sind die Haushalte zwar durch die Gesetze besonders geschützt. Einschränkungen wie Warmwasser-Beschränkungen oder Heiz-Zeitslots könnte er sich aber vorstellen. "Es ist durchaus möglich, dass in so einem Energielenkungsfall auch solche Maßnahmen verordnet werden." Mit Sparverpflichtungen könne man einem Engpass entgegentreten.
Treffsichere Mittel
Beim Thema Deckelung von Strom- und Gaspreisen ist der Experte zwiegespalten. Etwa den Gaspreis für Energieerzeuger zu subventionieren, um den Strompreis und somit die Inflation zu drücken, funktioniere nicht. Das zeigen auch Spanien und Portugal, wo genau das vor Wochen eingeführt wurde. Und: ein Zuschuss auf den Gaspreis ohne Limit würde die Bürger nicht zum Sparen animieren.
Stattdessen müsse man nun darüber nachdenken, wer von solchen Maßnahmen profitieren solle und wo eine Entlastung am dringendsten notwendig wäre. Erst dann könne man treffsichere Maßnahmen setzen. So könnte er sich vorstellen, dass der Bund Haushalten einen günstigen Tarif für eine bestimmte Menge an Strom zuschießt.
Allgemein pocht Urbantschitsch aber auf eine europäische Lösung.
E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch am 11. Juli in der ZIB2 bei Armin Wolf.
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"Starke Preissteigerung" voraus
Doch wie schlimm kann es mit den Preisen noch werden? Armin Wolf erinnerte den Controller an eine seine früheren Prognosen, die längst von der Wirklichkeit einholt und am Straßenrand liegen gelassen wurde. Die schlimme Prognose, die absolut niemand hören wollte: "Das wahre Problem ist, dass die Großhandelspreise massiv gestiegen sind und in einer bestimmten Höhe bleiben werden." Diese seien noch nicht in den Endkundentarifen eingepreist, weshalb es "noch einmal zu einer sehr starken Preissteigerung kommen wird". Ende des Jahres oder 2023 soll es soweit sein.
Eine Prognose zu den tatsächlichen Kosten will Urbantschitsch nicht nennen – auch deshalb, damit er nicht später auf eine Zahl festgenagelt werden kann.
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