380 Milliarden Euro

Experte packt aus – so hart treffen uns Trumps Zölle

Hinter Donald Trumps Zöllen steckt seine Abneigung gegen das Handelsdefizit der USA. Nun ist aber fraglich, ob er sie überhaupt selbst verstanden hat.
03.04.2025, 22:22

Der Schock sitzt tief: US-Präsident Donald Trump schwingt die Zoll-Keule breitflächig. Österreich trifft es wie den Rest der EU mit Strafzöllen auf hierzulande produzierte Waren in einer Höhe von 20 Prozent. Doch es erwischt auch – weitaus weniger bekannte und dafür umso überraschendere – Gebiete wie die Heard Insel und die McDonalds-Inseln. Zwei Gebiete, die zwar zu Australien gehören, aber als einzige Bewohner bloß einige Pinguine aufzählen. Wieso das?

Dass Trump die beiden Regionen explizit mit Strafzöllen belegt, liegt an seinem Vorgehen. Denn: Wie Zahlen der Weltbank zeigen, importierte die USA 2022 Waren im Wert von 1,4 Millionen US-Dollar von den Inseln und exportierte Güter im Wert von 21.610 Dollar dort hin. Es geht also um die Handelsbilanz. Trump sieht es als große Gefahr an, wenn die USA mehr importiert als exportiert. Die Zölle sind seine Antwort darauf.

"Entschlossen, aber weiter verhandlungsbereit"

Am späten Donnerstagabend ordnete Markus Beyrer, Chef des europäischen Industrie- und Arbeitgeberverbands, die Geschehnisse in der "ZIB2" bei ORF-Moderatorin Margit Laufer ein. Wie solle Europa reagieren? "Die Wahrheit wird dazwischen liegen", zwischen entschlossener Härte und ausgestreckter Hand, so Beyrer. Wichtig sei: Die Union müsse "geschlossen agieren, denn dann haben wir Gewicht", zudem müsse man "entschlossen reagieren, aber weiter verhandlungsbereit sein".

"Nicht moralisierend kritisieren", auch wenn man Fragen stellen könne, wie die Zahlen von Trump genau zustande gekommen seien, sei die Devise, man müsse "kühl analysieren". Das Ziel müsse sein, ein Paket auf den Tisch zu legen, das Verhandlungen ermögliche – kämen diese nicht zustande, "dann müssen wir auch vorbereitet sein", so Beyrer: "Einfach nur die andere Backe hinhalten wird wahrscheinlich im Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten nicht reichen."

"Antwort wird wahrscheinlich in zwei Schritten erfolgen"

Was könne die EU anbieten? "Eine Reihe von Dingen", "eine Liste von Sachen", so der Experte. Es sei nicht gesagt, dass man alles abarbeiten müsse, worin Trump ein Problem sehe, aber "daraus wird sich sicher Verhandlungsmasse ergeben". Man müsse sich darauf vorbereiten, "eine klare Antwort zu geben, ohne sinnlos zu eskalieren, in der Hoffnung, dann tatsächlich in diese Verhandlungen zu kommen". Berechnungen der EU hätten ergeben, dass 70 Prozent des EU-Handels und damit rund 380 Milliarden Euro betroffen seien.

"Die Antwort wird wahrscheinlich in zwei Schritten erfolgen", so Beyrer: In Vorbereitung sei die Antwort auf Zölle auf Stahl und Aluminium, ein größeres Paket werde die Zölle auf Autos und Autoteile betreffen, was "Diskussionen auslösen" und wohl einige Wochen dauern werde. Es gehe darum zu zeigen, "dass sich Europa nicht fürchtet", das gehe von Zöllen auf Waren, die den USA weh tun, etwa Harley-Davidson, Jeans und Bourbon. Problematisch für die USA wäre der Dienstleistungsbereich, so Beyrer. Klar sei aber auch: Die EU werde sich andere Handelspartner suchen müssen, denn einen Teil des US-Markts werde sie verlieren.

Die USA lebten gut mit dem Handelsdefizit

Zurück zur Handelsbilanz – sie Handelsbilanz ist die Gegenüberstellung zwischen dem Wert der Waren und Dienstleistungen, die ein Land einführt und dem Wert der Waren und Dienstleistungen, die es ausführt, erklärt Christian Brändli, Ökonom und Forscher bei der Zürcher Kantonalbank ZKB. In Trumps Fall wird der Begriff enger gefasst und bezieht sich nur auf den Warenhandel. Mit den Pinguinen vor Australiens Küste hat die USA also ein Handelsbilanzdefizit.

Der alleinige Fokus auf die Handelsbilanz sei jedoch etwas zu simpel. "Er reduziert die Diskussion darauf, dass Exporte gut und Importe schlecht sind. Die Handelsbilanz ist jedoch nur ein Rädchen im größeren Getriebe der Leistungs- oder Zahlungsbilanz." Die USA lebe unter anderem dank der starken Wirtschaft und der Kontrolle über den Dollar seit Jahren gut mit ihrem Handelsbilanzdefizit. "Die US-Haushalte können dadurch mehr konsumieren, als sie produzieren."

Welchen Effekt haben nun die Zölle?

Zölle führen in Bezug auf die Handelsbilanz zu höheren Preisen für die Verbraucher. Dies dämpfe den Konsum und führe zu einer geringeren Nachfrage nach Importgütern. Das wiederum werde wahrscheinlich auch das Handelsbilanzdefizit drücken, aber nicht, weil es den Verbrauchern besser geht, sondern weil sie ärmer geworden sind. "Trumps enge Fokussierung auf das Handelsbilanzdefizit ist aus ökonomischer Sicht irrational, also nicht sinnvoll."

Ähnlich sieht dies auch Daniel Murray, stellvertretender CIO und Global Head of Research bei EFG Asset Management. Wenn das Handelsdefizit sinkt, weil eine Volkswirtschaft mehr exportiert und das Handelsvolumen insgesamt steigt, sei dies zwar eine gesunde Entwicklung. "In diesem Fall wäre jedoch zu erwarten, dass das Handelsdefizit bei sinkendem Handelsvolumen schrumpft, was besorgniserregender wäre."

"Naiver Ansatz"

Geht Trumps Plan am Schluss gar nach hinten los und schadet der US-Wirtschaft? Murray geht davon aus, dass das Wachstum geringer und die Inflation höher ausfallen werden, als es sonst der Fall gewesen wäre. "Der Weg zur Hölle ist bekanntlich mit guten Vorsätzen gepflastert."

Die gute Absicht beruhe in diesem Fall auf der Annahme, dass Zölle die Staatseinnahmen erhöhen werden und gleichzeitig mehr Investitionen und Produktion im Inland fördern. "Dies mögen zwar ehrenwerte Ziele sein, doch die Geschichte zeigt, dass ein solch naiver Ansatz in der Handelspolitik nicht gut ausgeht."

{title && {title} } red,20 Minuten, {title && {title} } 03.04.2025, 22:22
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