Wien

Experte ätzt: Wiener Linien planen "Mogelpackung"

Die 4-Tage-Woche ist für viele junge Menschen das Arbeitsmodell der Zukunft. Die Wiener Linien stellen das Modell jedoch etwas anders vor.

Tobias Kurakin
Die Wiener Linien sind in Kritik.
Die Wiener Linien sind in Kritik.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Die Wiener Linien planen mit Herbst einen neuen Schritt in der Arbeitswelt. Das Unternehmen will für einen großen Teil seiner Beschäftigten die Vier-Tage-Woche testen. Der Experte Jörg Flecker sieht im Plan des Verkehrsbetriebens jedoch eine Mogelpackung.

Viele Pensionierungen in diesem Jahr

Da bereits im Laufe dieses Jahres rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wiener Linien in Pension gehen, muss das Unternehmen umplanen. Neben den Vorteilen der Digitalisierung braucht man dringend neues Personal, heißt es vonseiten des Konzerns.

Mit der Vier-Tage-Woche will man nun besonders attraktiv für junge Einsteigerinnen und Einsteiger in die Arbeitswelt werden. "Wir arbeiten 24x7, wir werden das nun probieren", sagt Wiener Linien Geschäftsführerin Alexandra Reinagl.

Im Verwaltungsbereich dürfte der Umstieg leichter sein, für U-Bahn-, Bim-, und Bus-Fahrer sowie Mechanikerinnen und Mechaniker müsste man jedoch mehr Hirnschmalz aufbringen, um eine Lösung zu finden, so Reinagl. Eine Möglichkeit wäre dabei, dass die vier Arbeitstage vermehrt durch Nachtschichten abgearbeitet werden.

Experte übt Kritik

Jörg Flecker, von der Wirtschaftsuniversität Wien, sieht den Plan jedoch zwiegespalten. Er spricht von einer "Mogelpackung" des Unternehmens. Denn die Wiener Linien würden die Regelarbeitszeit von 37.5 Stunden in der Woche nicht herabsetzen. Die Arbeitszeit pro Tag wird demnach einfach mehr.

"Es gibt unzählige Studien, die belegen, dass die Belastung und die Unfallgefahr ab der siebenten Arbeitsstunde massiv ansteigt", so Flecker. Der Experte meint zudem, dass man Erholungszeiten und Pausen nicht einfach verschieben könne. Die Auslegung der Vier-Tage-Woche würde zudem Empfehlungen des AMS widersprechen.

Experte: Arbeitszeit an den Lebensrealitäten anpassen

Das Arbeitsmarktservice appelliert demnach schon seit längerem an Unternehmen, auch ältere und in Gesundheit beeinträchtigte Personen einzustellen. Gerade für diese Zielgruppe seien lange Arbeitszeiten am Tag jedenfalls keine Option.

Laut Flecker sollte man darauf setzen, dass man die Wochenarbeitszeit verkürze und zeitgleich die bestehende Arbeitszeit auf die Lebensrealität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anpasse. Alleinerziehende Elternteile könnten demnach mehrere Tage kürzere Stunden arbeiten, während junge Personen auf mehr Arbeitszeit am Stück zurückgreifen könnten. Flecker meint diesbezüglich, dass kürzere Arbeitszeiten auch die Produktivität der Arbeiterinnen und Arbeiter erhöhen würde.

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com