Politik
Ex-Ministerin Sophie Karmasin aus U-Haft entlassen
Knalleffekt in der Umfragen-Affäre: Ex-Familienministerin Sophie Karmasin wurde laut "Heute"-Infos Montagnachmittag in Wien enthaftet.
26 Tage lang saß Sophie Karmasin hinter Gittern, nun ist sie wieder in Freiheit: Noch Montagnachmittag sollen sich die Gefängnistore der Justizanstalt Wien-Josefstadt für die ehemalige ÖVP-Familienministerin öffnen. Ein Richter am Wiener Landesgericht gab dem Enthaftungsantrag der Wiener Anwälte Philipp Wolm und Norbert Wess statt.
Karmasin kommt mit Auflagen frei
Auch das Wiener Oberlandesgericht bestätigte die Enthaftung mittlerweile in einer Presseaussendung. Sie hänge an einem Gelöbnis – nämlich bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens nicht zu fliehen oder sich verborgen zu halten; nicht zu versuchen, die Ermittlungen zu erschweren; und jeden Kontakt zu Mitbeschuldigten und/oder Zeugen zu unterlassen. Es wurde auch die Weisung erteilt, an einer bestimmten Adresse zu wohnen und jeden Wechsel des Aufenthalts anzuzeigen.
Corona-Infektion im Häf'n
Die in der Umfragenaffäre von ihrer Ex-Mitarbeiterin Sabine Beinschab Beschuldigte hat keine einfache Zeit hinter sich. Nach ihrer Einlieferung ins Gefängnis infizierte sich die 55-Jährige mit dem Coronavirus. Dadurch gestaltete sich auch die Verteidigung schwierig: Ihre Anwälte konnten mit der Verdächtigen nur bei zwei Haftbesuchen sprechen. Darüber hinaus soll die zweifache Mutter in ihrer Einzelzelle massiv unter dem Freiheitsentzug gelitten haben.
Chats nicht zum Akt genommen
Zuletzt sah sie sich gemäß "Heute"-Infos in ihren Beschuldigtenrechten verletzt. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe belastendes Material, mit dem man sie bei einer Beschuldigten-Einvernahme konfrontierte, nicht rechtzeitig zum Akt genommen. Dies veranlasste ihr Anwalts-Duo Wolm/Wess zu einer Beschwerde.
Was Karmasin vorgeworfen wird
Die Wienerin (sie war von 2013 bis 2017 Familienministerin der ÖVP) soll öffentliche Aufträge aufgrund von Scheinanboten erhalten haben. Seither wird wegen Untreue und Bestechlichkeit und daneben wegen Geldwäscherei und Vergehen gegen wettbewerbsbeschränkende Absprachen ermittelt. Karmasin selbst bestreitet alle Vorwürfe, auch die mutmaßlich manipulierten Meinungsumfragen, die mit Steuergeld finanziert wurden.
Karmasin stellte auch in Abrede, ihrer Ex-Mitarbeiterin Sabine B. Vorgaben für Umfragen gegeben zu haben. "Ich bestreite daher nach wie vor mit entsprechender Vehemenz, dass mich Herr Sebastian Kurz zu irgendeinem Tatplan überredet hat", schreibt sie in einer Stellungnahme.
Trotz der Enthaftung am Montag ist die Sache für Karmasin noch nicht ausgestanden, im Gegenteil: Ex-Kollegin Sabine B. (sie strebt einen Kronzeugenstatus an) belastet sie weiter schwer. Auch das Oberlandesgericht Wien hat den dringenden Tatverdacht bejaht, der sich auf die Delikte der Untreue, der Bestechlichkeit, der Geldwäscherei, der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren sowie des Betrugs bezieht.
"Hafteindruck wird zu Wohlverhalten führen"
Auch der Haftgrund (Tatbegehungsgefahr) liege vor. Er könne nun aber vor dem Hintergrund negativer Konsequenzen auf beruflicher und sozialer Ebene durch gelindere Mittel ersetzt werden, so das OLG. Und weiter: "Das Oberlandesgericht geht davon aus, dass der Eindruck der bisherigen Haft bei der unbescholtenen Beschuldigten zu einem Wohlverhalten führen wird."
Für Sophie Karmasin gilt die Unschuldsvermutung.