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EU will Asyl-Deal mit Tunesien – das steckt dahinter
In einem Punkt sind sich die EU-Staaten einig: Es braucht neue Asylregeln. Zusätzlich soll mit einem fraglichen Deal Abhilfe geschafft werden.
Am Donnerstagabend gab es den kleinen Durchbruch: Die EU-Länder einigten sich auf neue Asylregeln. Es geht um raschere Vorentscheidungen an den EU-Außengrenzen. Migranten ohne Bleibeperspektive sollen leichter zurückgeschickt werden.
Abschiebungen, Strafen – das steht im Asyl-Pakt der EU >>
Ein Verteilschlüssel soll für mehr Gerechtigkeit sorgen, Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen, sollen Ausgleichszahlungen leisten. Im Gespräch sind hier 20.000 Euro pro Person. Im Parlament muss das neue Paket erst noch behandelt werden.
Als zweite Schiene ist nun eine Delegation nach Tunesien gereist, um einen Deal zu erreichen. Weniger Migranten aus dem nordafrikanischen Staat ist das Ziel, im Gegenzug bietet man bare Münze. Unter anderem Italiens Premierministerin Giorgia Meloni, ihr niederländischer Amtskollege Mark Rutte und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verhandeln mit dem Diktator Kais Saied. Erst unlängst machte dieser mit der Ausschaltung der Opposition Schlagzeilen.
Instabile Position
Judith Kohlenberger, Migrationsexpertin an der WU Wien, war dazu am Montag im "Ö1-Morgenjournal" zu Gast. Sie wirft gleich eingangs ein, dass solch ein Deal auch in der Türkei nicht zum gewünschten Ergebnis führte, ansonsten würde man nicht immer wieder von einer Migrationskrise sprechen. Europa mache sich nun von einem weiteren Drittstaat abhängig. "Ich denke, das ist eine sehr instabile Position."
Die EU-Rechtsreform wirkt sehr drastisch, der Teufel liege aber im Detail. Die Möglichkeit zu Schnellverfahren etwa gibt es schon jetzt, auch haftähnliche Anstalten auf griechischen Inseln habe die gesetzten Ziele nicht erfüllt. Die jetzigen Asylregeln wurde auch schon von allen Staaten beschlossen, nur wenden sie nicht mehr von allen angewendet. "Das wird auch die Solbruchstelle der neuen Regeln sein." Polen gab bereits bekannt, sich nicht an den Kompensationszahlungen beteiligen zu wollen.
Entscheidendes fehlt
Grundsätzlich gibt es eine Entscheidung von 25 der 27 Staaten dazu, eine gemeinsame Lösung zu finden. Das sei der positive Punkt des Pakts. Vieles sei aber eben noch offen, so die Expertin. Wie geht man mit Pushbacks um? Wie zugänglich ist das jeweilige Verfahren in den Staaten?
Was fehlt sind legale Fluchtmöglichkeiten und legale Arbeitsmigrationsmöglichkeiten. Das wurde vermutlich bewusst ausgespart, vermutet Kohlenberger. Damit könnte man aber wesentlich die illegale Migration zurückdrängen, das Sterben zu beenden und den Schleppern das Handwerk zu legen.