Welt
EU-Kritik an Ungarn wegen LGBT-feindlichem Gesetz
Homosexualität und Transsexualität sind Themen, über die Jugendliche in Ungarn künftig nichts mehr erfahren sollen. Jetzt droht Ärger mit der EU.
In Ungarn sollen Minderjährige keinen Zugang mehr zu Informationen über Homosexualität, Transsexualität und Geschlechtsumwandlungen erhalten dürfen. Mit den Stimmen der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz von Viktor Orban und der rechten Jobbik beschloss das Parlament in Budapest am Dienstag ein entsprechendes Gesetz, das Aktivisten als diskriminierend und als Zensur verurteilten. 157 Abgeordnete stimmten dafür, ein Unabhängiger dagegen.
Ungarn droht nun wegen der Verabschiedung des LGBT-feindlichen Zensurgesetzes Ärger mit der EU-Kommission. Ein Sprecher der für die Einhaltung der europäischen Grundwerte zuständigen Behörde bestätigte am Mittwoch, dass das Gesetz geprüft werde. Zugleich betonte er, dass die Kommission einen klaren Standpunkt zu Diskriminierung habe und sich verpflichtet fühle, die Ungleichheiten und Probleme anzugehen, mit denen es Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und queere Menschen in Europa zu tun hätten.
Sollte die EU-Kommission bei der Prüfung des Gesetzes zu dem Ergebnis kommen, dass es gegen EU-Recht verstößt, könnte sie ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Dieses wiederum könnte dann mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes enden.
Worum geht es bei diesem Gesetz?
Das ungarische Parlament sieht ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern vor, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind, und in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Darüber hinaus soll jede Art von Werbung verboten werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen.
«An diesem schändlichen Tag ist der Platz der Opposition nicht im Parlament, sondern auf der Straße», sagte der Bürgermeister von Budapest, Gergely Karacsony, nach der Abstimmung. Der oppositionelle Abgeordnete Gergely Arato sah in dem Gesetz einen Verstoß gegen die parlamentarische Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte.
Laut Fidesz geht es um den Kampf gegen Pädophilie
Das von Orbans Fidesz vorangetriebene Gesetz soll nach ihrer Darstellung dem Kampf gegen Pädophilie dienen. Es umfasst jedoch Zusatzartikel gegen die Darstellung von Homosexualität und Geschlechtsumwandlungen, so sind etwa in Lehrplänen, Filmen und Werbung, die für Menschen unter 18 Jahren zugänglich sind, nur noch Darstellungen heterosexueller Lebensweisen gestattet.
Tausende Aktivisten der LGBTQ-Bewegung, die Homosexuelle, Bisexuelle, Transgenderpersonen und Queere umfasste, hatten am Montag gegen das Gesetz protestiert. Viele Beobachter vergleichen das ungarische Gesetz mit einem ähnlichen aus Russland aus dem Jahr 2013, durch das homosexuelle "Propaganda" untersagt wird.
Lydia Gall von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach vor der Abstimmung von einem "zynischen, geschmacklosen und vorsätzlichen Versuch der Orban-Regierung, auf den Rechten von LGBT-Leuten herumzutrampeln und sie in der ungarischen Gesellschaft de facto unsichtbar zu machen".