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Erstmals Videoanruf mit Quanten-Verschlüsselung

Quantenforscher Zeilinger gelang erstes Videotelefonat zwischen Wien und Peking, das mit Quantentechnologie unknackbar verschlüsselt wurde.

Heute Redaktion
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Anton Zeilinger, Österreichs Quanten-Koryphäe.
Anton Zeilinger, Österreichs Quanten-Koryphäe.
Bild: Helmut Graf

Erstmals führten der Präsident der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Chunli Bai, und sein Amtskollege Anton Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), sowie Universität Wien-Rektor Heinz W. Engl ein mithilfe von Quantentechnologie verschlüsseltes Videotelefonat über zwei Kontinente hinweg zwischen Wien und Peking.

Durch die Quantenverschlüsselung war die Abhörsicherheit des Gesprächs mindestens eine Millionen Mal höher als bei konventionellen Methoden der Verschlüsselung. Quantenphysiker und ÖAW-Präsident Anton Zeilinger ist überzeugt: „Ein weltweites und sicheres Quanteninternet rückt damit einen entscheidenden Schritt näher."

Quantenverschlüsselung zwischen Weltall, Wien und Peking

Für die Erzeugung des Quantenschlüssels, der beim Videotelefonat der beiden Akademiepräsidenten verwendet wurde, setzten die Forscher den 2016 gestarteten Satelliten „Micius" ein. Benannt nach einem chinesischen Philosophen der Antike kreist der Quantensatellit in rund 500 Kilometern Höhe um die Erde.

Aus seiner Umlaufbahn schickt er Lichtteilchen, sogenannte Photonen, zu Bodenstationen in China und Europa. Dank dieser orbitalen Relaisstation ist es möglich, die auf der Erdoberfläche bestehenden technischen Einschränkungen in der Quantenkommunikation zu umgehen. Diese werden durch die Krümmung der Erde sowie den Signalverlust in langen Glasfaserleitungen hervorgerufen.

Im Vorfeld des Videotelefonats erzeugte „Micius" nun zunächst Lichtteilchen mit einer zufälligen Schwingungsrichtung, der sogenannten Polarisation. Diese einzelnen Photonen mit ihren verschiedenen Polarisationen wurden dann als Folge von Nullen und Einsen an die Grazer Bodenstation übermittelt. Dort wurden die Polarisationszustände gemessen und mit der vom Satelliten gesendeten Abfolge stichprobenartig verglichen.

Quantenschlüssel ist nicht zu knacken

Der Clou dabei: Versucht jemand, die zwischen dem Satelliten und der Bodenstation ausgetauschten Photonen abzufangen und die Polarisation zu messen, dann verändert er durch die Messung den quantenphysikalischen Zustand der Teilchen – und fliegt sofort auf. Durch die Abweichung der Messdaten von Sender und Empfänger kann jeder Lauschangriff unmittelbar festgestellt werden. Weichen die Messdaten hingegen nicht voneinander ab, haben Sender und Empfänger einen ersten Quantenschlüssel.

Nachdem der zwischen Graz und „Micius" erzeugte Schlüssel beim Satelliten hinterlegt wurde, führten die chinesischen Wissenschaftler mit ihrer Bodenstation denselben Ablauf durch, sodass der Satellit schließlich über zwei Quantenschlüssel verfügte. Diese wurden dann im Orbit kombiniert und das Ergebnis der Kombination wieder an die Bodenstationen in Österreich und China übermittelt.

Schlüssel für gemeinsamen Code

Mit dem jeweils „eigenen" Schlüssel einerseits und dem kombinierten Schlüssel andererseits konnten beide Bodenstationen nun einen gemeinsamen Code generieren, der zur eindeutigen Chiffrierung und Dechiffrierung von Information – und somit zur abhörsicheren Verschlüsselung des „Quantentelefonats" – eingesetzt werden konnte.

Mittels dieses gemeinsamen Codes konnte das Videotelefonat selbst dann über normale Internetverbindungen geführt werden. Denn dank des Quantenschlüssels konnten nur die Anwesenden an der ÖAW in Wien und der Chinesischen Wissenschaftsakademie in Peking mithören. (GP)