Eine Prognose zur deutschen Politik sorgt derzeit für Furore auf Social Media. Ein Ausschnitt aus der ZDF-Sendung Markus Lanz vom 30. Jänner 2025 wurde bereits über 2,7 Millionen Mal geklickt. Der Grund: Migrationsforscher Gerald Knaus verweist in der Sendung auf ein Buch aus dem Jahr 2017, das heute fast unheimlich präzise wirkt.
In "Was will die AfD?" skizzierte der Buchautor Justus Bender bereits vor acht Jahren ein politisches Szenario, das sich nun zu bewahrheiten scheint.
2017, als noch Kanzlerin Angela Merkel regierte, schrieb Bender, dass Olaf Scholz als Bundeskanzler ab 2021 unter einer rot-rot-grünen Koalition (SPD, Die Linke, Grüne) regiere. Diese Regierungspartner werden sich dann bis 2025 zerstreiten, zerbrechen und Deutschland in eine Krise mit Neuwahlen führen. Kurz vor der Bundestagswahl 2025 würden islamistische Anschläge das Land erschüttern und eine Atmosphäre der Angst schaffen – ein Klima, das die AfD bei der Wahl auf über 20 Prozent der Stimmen katapultiere.
Olaf Scholz wurde 2021 tatsächlich zum Bundeskanzler gewählt. Er regiert allerdings unter der sogenannten Ampelkoalition (SPD, Grüne, FDP). Diese haben sich aber tatsächlich im letzten Jahr zerstritten und Deutschland in eine Regierungskrise mit Neuwahlen geführt. Auch islamistische Anschläge sind kurz vor der Wahl eingetroffen und sorgen derzeit für ein Klima der Angst und einen Höhenflug der AfD. Nach aktuellen Wahlumfragen soll die AfD bei den Bundestagswahlen 22 Prozent erreichen.
"20 Minuten" hat mit Justus Bender über seine Treffsicherheit gesprochen: "Es ist witzig, dass ich meine Theorie von damals mit der Zeit selbst vergessen habe." Als Gerald Knaus ihn bei Markus Lanz erwähnt hat, habe er in seinem Buch nachgeblättert und sei überrascht gewesen, wie genau einige Entwicklungen eingetroffen seien: "Ehrlicherweise hätte ich nie gedacht, dass die AfD wirklich so stark wird."
Als er 2016 an dem 2017 erschienenen Buch arbeitete, habe er nicht bewusst eine Vorhersage getroffen, sondern nur ein Szenario durchgespielt: "Damals lag die AfD bei 13 Prozent, und ich fragte mich, was passieren würde, wenn sie auf 20 oder 28 Prozent klettern würden." Er überlegte, welche Faktoren das Wachstum der Partei begünstigen könnten – darunter islamistische Anschläge wie die in Solingen oder Mannheim kurz vor der Wahl 2025: "Dass meine Überlegungen Realität geworden sind, finde ich gruselig."
Seine Prognosen gingen damals auch über die Wahl 2025 hinaus: Die Koalitionsverhandlungen zwischen den etablierten Parteien würden nach der Wahl scheitern. Innerhalb der CDU würde sich schließlich aus Verzweiflung eine Stimme erheben, die eine Koalition mit der AfD vorschlägt – in seinem Szenario zieht am Ende die AfD in die Regierung ein.
"An dem Punkt, dass auch diese Prognose eintrifft, sind wir noch nicht angelangt", sagt Bender. "Dafür müsste die Union mit der AfD koalieren – und die aktuelle Generation von Unionspolitikern würde das wohl nicht zulassen. Sogar Carsten Linnemann vom rechten Flügel sagte, er würde in diesem Falle aus der Politik aussteigen."
Falls es aber Merz nicht schaffe, die Wende in der Migrationspolitik zu erreichen und die AfD tatsächlich zur stärksten Partei würde, sei laut Bender diese Möglichkeit längerfristig sehr gut möglich: "Dann könnte sich – wie in meinem prognostizierten Szenario – eine spätere Generation von CDU-Politikern dazu gedrängt fühlen, eine Koalition mit der AfD als letzten Ausweg zu betrachten."
Laut Bender schwer vorherzusagen: "Die Partei ist unberechenbar, sie weicht oft von ihrem eigenen Wahlprogramm ab." Doch wahrscheinlich sei, dass sie einen EU-Austritt anstreben, aber im Binnenmarkt bleiben wolle. In der Migrationspolitik würde sie eine radikale Wende anstreben und versuchen, Millionen Flüchtlinge abzuschieben – was auf heftigen Widerstand aus Brüssel und vom Verfassungsgericht stoßen würde.
Justus Bender...
... ist ein deutscher Journalist und Autor, der sich intensiv mit politischen Entwicklungen und insbesondere mit der Alternative für Deutschland (AfD) beschäftigt. Er hat Philosophie in Frankfurt am Main studiert und war Autor der Wochenzeitung "Die Zeit" und Redakteur von "Zeit Campus". Seit 2012 arbeitet er als Redakteur im Ressort Politik der FAZ.
Das wäre für Bender eine komplette Radikalisierung der Partei. "Falls sich die extremen Kräfte innerhalb der AfD durchsetzen, könnte sich das politische Chaos in Deutschland dramatisch verschärfen." Massenproteste von linker Seite, Gewalt auf den Straßen, möglicherweise sogar politische Attentate wie in den USA – "das wäre nicht auszuschließen", fügt Bender hinzu.
Das wäre laut Bender eine Regierung nach dem Vorbild der ebenfalls extrem rechten Regierung Italiens unter Giorgia Meloni: "Meloni ist nicht aus der EU oder Nato ausgetreten und hat das Land nicht destabilisiert. Wenn die AfD ähnlich pragmatisch agiert, könnte das Chaos begrenzt bleiben."
Ob es wirklich soweit kommt, hängt von der kommenden Wahl am 23. Februar und den Entscheidungen der Union ab. Für Bender steht fest: "Meine Prognosen von 2017 für die nächsten Jahre sind längst nicht mehr nur theoretische Gedankenspiele."