Einflussnahme auf Justiz
Enthüllt – so richten es sich Politiker und Promis
Kommissionsleiter Martin Kreutner untersuchte politische Interventionen im Fall des verstorbenen Justiz-Sektionschefs Pilnacek. Das Ergebnis besorgt.
Eine vom Justizministerium eingerichtete Untersuchungskommission hat am Montag für Aufsehen mit ihrem Abschlussbericht gesorgt. Darin wurden politische Interventionen in der Amtszeit des verstorbenen ehemaligen Sektionschefs Christian Pilnacek bestätigt – aber nicht nur. Der Bericht zeige eine Art Zwei-Klassen-Justiz in Österreich, mit der es sich Politiker und Promis "richten können", wie es ORF-Moderator Armin Wolf bezeichnete. Kommissionsleiter Martin Kreutner enthüllte weitere Details am späten Montagabend in der "ZIB2".
"Einflussnahmen auf juristische Prozesse"
Der Originalbericht umfasst 230 Seiten und deckt den Untersuchungszeitraum vom 1. Jänner 2010 bis zum 14. Dezember 2023 ab. Im Dezember des Vorjahres wurde auch die Kommission eingesetzt, welche nun sechs Monate lang ermittelte. Die Kreutner-Kommission bestätigt, dass es Einflussnahmen auf juristische Prozesse gab", reagierte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) in einer Stellungnahme. Weiters betonte sie, dass die "Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justiz" weiterhin gestärkt werden müsse.
Pilnacek hatte bei einer Runde mit Bekannten in einem Wiener Wirtshaus über Versuche der ÖVP geklagt, dass sie Ermittlungen beeinflussen wollen. "Es hat diese Interventionen gegeben", sagte Kreutner, nicht nur von der ÖVP, sondern auch von anderen Parteien. Und: Zwar arbeite das österreichische Justizsystem hochprofessionelles und engagiert, es gebe aber Einzelfälle wie eine "Zweiklassenjustiz, die schon in der Rechtslage angelegt ist", so Kreutner. Zudem fehle es oft an Distanz zwischen Justiz und Politik sowie Medien.
Verzögerte Verfahren als "Spiel auf Zeit"
Kritisiert wurden auch Anbiederungen und Nahebeziehungen von Politikern, Promis und Justiz sowie absichtlich hinausgezögerte Verfahren, die als "Spiel auf Zeit" angelegt worden seien. Sei das nicht ein verheerendes Zeugnis für die Justiz? "Ja", so Kreutner, das System sei aber in sich schon so angelegt, dass bei gewissen Personen das Verfahren anders angelegt als bei Normalbürgern. "Nach Notensystem sind wir bei vier bis fünf", heute wäre Österreich dadurch nicht mehr EU-aufnahmefähig, so der Experte in seinem verheerenden Zeugnis.
"Wir sind weder Staatsanwaltschaft noch Polizei", so der Experte dazu, warum zwar politische Einflussnahme im Bericht genannt werde, aber nicht, von welchen Parteien diese ausgehen würden. "Wir lehnen uns ohnehin schon sehr weit hinaus", so Kreutner, aber: Wer lange an Machtpositionen sitze, sei anfälliger dafür, diese Macht auch zu missbrauchen. Es gebe auch einige Konflikte, in denen Verantwortliche einerseits Gesetze verhandeln und andererseits in Positionen sitzen würden, in denen sie direkt von diesen Verhandlungen betroffen wären.
"Zwischen fünf und zehn Anzeigen" nach Bericht
Wie viele Anzeigen habe es nach der Arbeit der Kommission gegeben? "Zwischen fünf und zehn", so Kreutner, "da waren aber auch Dinge dabei, wo wir von der Bevölkerung Hinweise bekommen haben, die wir weiterleiten mussten". "Zwei, drei Sachen" seien aber dabei gewesen, bei denen entschieden wurde, dass sie vorlagewürdig seien, so der Experte. Dass er mit dem Bericht Justizministerin Alma Zadic keinen Gefallen getan habe, tat Kreutner knallhart ab: "Ich habe auch keine Notwendigkeiten, irgendjemandem einen Gefallen zu tun."