Fussball
Wembley weint! Italien nach Elfer-Krimi Europameister
Italien ist Europameister! Die Squadra Azzurra besiegt England im EM-Finale in London im Elfmeterschießen. Goalie Donnarumma wird zum großen Helden.
Drama pur! Österreich-Bezwinger Italien krönte sich am Sonntag im Londoner Wembley Stadion zum Europameister. Unsere südlichen Nachbarn schlugen England im Finale mit 3:2 im Elfmeterschießen (1:1 nach 120 Minuten), jubelten über ihren zweiten EURO-Titel.
Die Squadra Azzurra hatte schon nach 117 Sekunden das 0:1 kassiert, in der zweiten Hälfte aber ein Feuerwerk gezündet. Leonardo Bonucci ließ die Italiener über den Ausgleich jubeln (70.). Seine Kollegen ließen gute Möglichkeiten auf das mögliche 2:1 liegen. Reguläre Spielzeit und Verlängerung brachten keine Entscheidung. Im Elfmeterschießen wurde Goalie Gianluigi Donnarumma mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Helden.
Die englischen Stars und 67.500 Fans weinten im eigenen Nationalstadion um die vergebene Chance auf den ersten EM-Titel der Verbandsgeschichte.
Das ÖFB-Team hatte Italien im Achtelfinale an den Rand einer Niederlage gebracht, sich erst in der Verlängerung mit 1:2 geschlagen geben müssen.
England überrumpelt Italien
England-Teamchef Gareth Southgate schien im Finale zunächst ein goldenes Händchen zu beweisen. Er überraschte mit einer Abwehr-Fünferkette, "opferte" in seinem System einen Offensivspieler. Rechtsverteidiger Kieran Trippier ersetzte Angreifer Bukayo Saka.
Zum Thema "goldenes Händchen": Saka sollte später eingewechselt und mit seinem vergebenen Elfmeter zu einem von drei tragischen Helden werden. Neben ihm scheiterten Marcus Rashford und Jadon Sancho vom Punkt. Sie hatte Southgate extra für das Elfern gebracht. Mehr dazu weiter unten.
Das Spiel war nicht einmal zwei Minuten alt, da überrumpelten die Gastgeber Italien bereits mit ihren offensiv ausgerichteten Außenverteidigern. Nach einem Eckball Italiens konterte England. Star-Stürmer Kane verlagerte das Spiel nach rechts auf Trippier. Der Atletico-Legionär flankte aufs lange Eck. Dort schoss der aufgerückte Shaw mittels Dropkick unhaltbar ein – 1:0 (2.)!
Italien, das im bisherigen Turnierverlauf mit gefälligem Offensivfußball überzeugt hatte, wusste in Folge wenig mit dem Ball anzufangen. Die Briten machten vor dem eigenen Tor die Räume eng, ließen bis zur Halbzeit keine Chancen zu. Einzig Federico Chiesa verpasste das Tor mit einem Weitschuss in der 35. Minute nur knapp.
Italien-Teamchef Roberto Mancini reagierte kurz nach dem Seitenwechsel mit einem Doppeltausch: Bryan Cristante sollte das Mittelfeld stabilisieren, ersetzte Nicolo Barella, Domenico Berardi im Angriff für Schwung sorgen. Stürmer Giro Immobile hatte zuvor keinen Stich gemacht.
Italien übernimmt Kommando
Die Umstellungen fruchteten. Italien kam sogleich besser ins Spiel. Lorenzo Insigne sorgte in Minute 56 erstmals im englischen Strafraum für Gefahr, scheiterte aus spitzem Winkel an Goalie Jordan Pickford.
Einige Minuten später dribbelte Federico Chiesa im Strafraum an mehreren Engländern vorbei, schloss flach ab, zwang Pickford zu einer neuerlichen Parade (62.).
In der 70. Minute brach der Bann. Nach einem Eckball köpfte erst Marco Verratti an die Stange. Leonardo Bonucci reagierte dann am schnellsten, drückte den Ball zum 1:1 über die Linie.
Der Ausgleich beflügelte die Italiener endgültig. Für England war es hingegen ein Wirkungstreffer. Die Squadra Azzurra übernahm in der zweiten Hälfte die Kontrolle über das Spiel. England wurde bis tief an den eigenen Strafraum gedrängt, konnte sich kaum mehr befreien.
Verlängerung bringt keine Entscheidung
England hing in den Seilen, konnte sich in der Schlussphase aber zumindest Defensiv wieder stabilisieren und so in die Verlängerung retten.
Dort erwachte die Offensive der Hausherren zumindest für wenige Minuten zum Leben. Zunächst musste Giorgio Chiellini bei einem England-Konter in höchster Not klären, als Raheem Sterling den Ball zur Mitte bringen wollte. Beim darauffolgenden Eckball verfehlte Kalvin Phillips das Tor von Gianluigi Donnarumma mit einem Weitschuss nur knapp.
Donnarumma wird zum Helden
Es folgte das Elfmeterschießen und die große Sternstunde von Gianluigi Donnarumma. Der italienische Goalie und PSG-Neuzugang hielt zwei Schüsse der Engländer, wurde danach als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Dabei begann das Elfern für sein Team alles andere als nach Wunsch. Pickford hielt den zweiten Versuch von Andrea Belotti. Im Anschluss vergaben aber gleich drei seiner Landsleute vom Punkt.
Southgate hatte die beiden Manchester-United-Angreifer Marcus Rashford und Jadon Sancho wenige Minuten vor dem Elfmeterschießen als Schützen eingewechselt. Rashford schoss an die Stange. Sancho fand in Donnarumma seinen Meister.
Chelsea-Legionär Jorginho vergab den ersten "Matchball" Italiens, Pickford hielt England im Spiel. Arsenal-Youngster Saka verschoss den fünften Elfer der "Three Lions". Der 19-Jährige war in Tränen aufgelöst, wurde von seinen Teamkollegen getröstet.
Weg zum EM-Titel
Der viermalige Weltmeister Italien meldete sich drei Jahre nach dem Verpassen der WM-Endrunde mit einem Titel eindrucksvoll zurück. Mehr als das – die Truppe von Roberto Mancini verzauberte Fußball-Europa durch gefälligen Offensiv-Fußball und Teamgeist.
Auf dem Weg zum Titel überzeugte die "Squadra" mit starken Leistungen, musste aber zugleich mehrfach zittern. Österreich war im Achtelfinale über weite Strecken ebenbürtig, verlor erst in der Verlängerung. Gegen Spanien und England brachte zwei Mal das Elfmeterschießen die Entscheidung.
Gegen England setzte sich aber nicht nur das glücklichere, auch das hungrigere Team durch. England beschränkte sich nach der frühen Führung auf das Verteidigen. Italien war bis zuletzt bemühter, aus dem Spiel heraus die Entscheidung zu erzwingen.
Die Aufstellungen
Italien: Donnarumma – Di Lorenzo, Bonucci, Chiellini, Emerson – Barella, Jorginho, Verratti – Chiesa, Immobile, Insigne;
England: Pickford – Trippier, Walker, Stones, Maguire, Shaw – Phillips, Rice – Mount, Kane, Sterling;