Keine weitere Betreuung
Eltern empört! Behinderte Kinder müssen Schule wechseln
Bisher war die Hans-Radl-Schule in Wien-Währing ein Vorzeigeprojekt für integrative Schule. Das soll sich nun ändern, unter Eltern herrscht Ärger.
Ein Vorzeigeprojekt für kompetente und integrative Beschulung in Wien-Währing – das war die Hans-Radl-Schule 2 bisher. Ab dem nächsten Schuljahr soll sich aber nun einiges ändern – zum Ärger vieler Eltern.
Neuer Standort, Betreuung nur bis Mittag
Bisher konnten auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Schule zumindest bis zur 9. Schulstufe besuchen, je nach Genehmigung auch länger. Auch in den höheren Schulstufen gab es für sie eine Tagesbetreuung, die Eltern wussten ihre Kinder in guten Händen.
Nun wurden die Eltern am 4. März per Elternbrief informiert, dass das im nächsten Schuljahr künftig nicht mehr möglich sein wird. Die Hans-Radl-Schule kann dann nur noch bis zur 8. Schulstufe besucht werden. Wer darüber hinaus in die Schule gehen möchte, muss den Standort wechseln – konkret in die Schönngasse in die Wiener Leopoldstadt. Dort werden zwar höhere Schulstufen betreut, allerdings nur noch bis 12 Uhr. Eine Tagesbetreuung wird es nicht geben.
"Gegenteil von dem, was passieren sollte"
Christine P. ist im Elternverein und selbst betroffen von der Situation. Ihr Sohn besucht derzeit die 9. Schulstufe, wollte im nächsten Jahr eigentlich auch die 10. Schulstufe in der gewohnten Umgebung absolvieren. Man schließe hier Kinder aus dem sozialen Leben aus und reiße sie aus einer langsam aufgebauten und gut vertrauten Lernumgebung, kritisieren die Elternvertreter.
"Was gerade passiert, ist das Gegenteil von dem, was eigentlich passieren soll", so P. im Gespräch mit "Heute". Erst im Vorjahr hatte Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) versprochen, dass Wien auch ohne entsprechendes Bundesgesetz einen anderen Weg gehen will und den Besuch der 11. und 12. Schulstufe für behinderte Kinder möglich machen will.
Eltern fordern Konzepte und Übergangszeit
"Wir hätten unserem Sohn gerne eine weitere Ausbildung und ein selbstständiges Leben ermöglicht", so P. Stattdessen weiß sie noch nicht, ob ihr Sohn die 10. Schulstufe überhaupt absolvieren darf. Und selbst wenn, besteht weiter ein Problem in der nicht-vorhandenen Tagesbetreuung, denn beide Eltern sind berufstätig.
Gegenüber den Eltern hieß es, dass jene Schüler, die Spezialeinrichtungen benötigen oder das Gebäude im Brandfall nicht eigenständig verlassen können, an der Hans-Radl-Schule 1 bleiben dürfen. Aktuell bekommen die ersten Eltern auch E-Mails, dass ihre Kinder die Schule im nächsten Jahr wechseln müssen. Trotzdem fordern die Eltern klare Konzepte und Übergangslösungen für ihre Kinder.
Steigende Inanspruchnahme sorgt für Herausforderungen
Von der Bildungsdirektion Wien heißt es auf "Heute"-Anfrage nur, dass man die Situation aktuell prüfe und an einer Lösung arbeite. Das Büro von Bildungsstadtrat Wiederkehr erklärt auf Anfrage, dass mit steigender Inanspruchnahme eines 11. und 12. Schuljahres das Angebot an Pflichtschulen nicht mehr generell möglich ist. Um die Möglichkeit für diese Schuljahre weiter anzubieten, schafft man nun Standorte mit sonderpädagogischem Schwerpunkt – wie eben jenen in der Schönngasse.
Die Unterrichtszeiten würden sich dabei nach bundesweit vorgegebenen Stundenplänen orientieren, laut denen ab der 9. Schulstufe keine zusätzliche Tagesbetreuung vorgesehen ist. "Solange es in Österreich keine bundesgesetzliche Änderung gibt, die ein bedingungsloses Recht auf einen Schulplatz über die Pflichtschulzeit hinaus sichert, fehlen auch die notwendigen Planstellen und die schulische Infrastruktur für eine umfassende Versorgung dieser Schüler-Gruppe", so die Stellungnahme abschließend.
Protest an der Hans-Radl-Schule
Der Elternverein lädt unter dem Motto "Für die Hans-Radl-Schule" zur ersten Demo. Die betroffenen Eltern und Kinder protestieren am Freitag, 12. April zwischen 13 und 14 Uhr vor der Hans-Radl-Schule, Währinger Straße 173-181, 1180 Wien.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Hans-Radl-Schule in Wien-Währing war bisher ein Vorzeigeprojekt für integrative Schule, jedoch sollen sich ab dem nächsten Schuljahr Änderungen ergeben, die viele Eltern verärgern
- Die Schule wird nur noch bis zur 8 Schulstufe besucht werden können und höhere Schulstufen erfordern einen Wechsel des Standorts, was zu Kritik und Forderungen nach Konzepten und Übergangslösungen vonseiten der Eltern führt
- Diese Änderungen resultieren aus steigender Inanspruchnahme und fehlender bundesgesetzlicher Regelungen für eine umfassende Versorgung behinderter Schüler über die Pflichtschulzeit hinaus