Wohnen

"Eine Bereicherung" – so lebt es sich mit Flüchtlingen

Für die fünfköpfige Familie Hochrainer aus Berndorf (Bezirk Baden, NÖ) war es nach Kriegsausbruch in der Ukraine sofort klar, dass man helfen möchte.

Christine Kaltenecker
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Familie Hochrainer aus Berndorf nahm drei Flüchtlinge aus der Ukraine auf. V.l n.r. Larissa (66), Luis Hochrainer (10), Alexandra (18), Xenia (13), Markus Hochrainer (49), Birgit Hochrainer (48), Anton Hochrainer (7) und Emil Hochrainer (12)
Familie Hochrainer aus Berndorf nahm drei Flüchtlinge aus der Ukraine auf. V.l n.r. Larissa (66), Luis Hochrainer (10), Alexandra (18), Xenia (13), Markus Hochrainer (49), Birgit Hochrainer (48), Anton Hochrainer (7) und Emil Hochrainer (12)
©CKFotografie

In einem hübsch restauriertem Altbau im Berndorfer Stadtzentrum (Bezirk Baden, NÖ) lebt die fünfköpfige Familie Hochrainer. Die drei Buben, Emil (12), Luis (10) und Anton (7) halten Vollzeitmama Birgit (48) ganz schön auf Trab und Papa Markus (49) verdient an der Fachhochschule in Wiener Neustadt die Brötchen.

Nach Kriegsausbruch hatte jedoch das Ehepaar beinahe zeitgleich die - für sie völlig selbstverständliche - Idee, das Büro und das Gästezimmer im ersten Stock für eine Familie der Ukraine zu räumen, denn "wo man helfen kann, hilft man". "Heute" traf die engagierte Familie zum Interview.

Keine Kriterien

Man erkundigte sich im Ort bei einer Dame die privat bereits ein paar ukrainische Flüchtlinge "vermittelt" hat und wartete dann zwei Wochen auf die ausländischen Gäste: Eine Großmutter, Larissa (66) mit ihren zwei Enkeltöchtern Alexandra und Xenia (18 und 13). Die Eltern der Mädels - auch die Mutter - mussten in der Ukraine bleiben, weil beide in medizinischen Bereichen tätig sind.

"Kriterien hatten wir eigentlich keine. Durch unsere drei lebhaften Jungs geht es generell manchmal etwas lauter zu, weshalb uns auch kleinere Kinder nicht gestört hätten. Wir wollten nur, dass im Haus nicht geraucht wird, hätten aber auch Flüchtlingen mit einem Haustier ein Quartier gegeben", so Birgit. "Ich bin sehr glücklich über die Situation, denn unser Haushalt hat sowieso einen Überschuss an Testosteron (lacht) und jetzt haben wir Gleichstand". 

Nur ein Koffer für drei Personen

Dank der modernen Technik verständigt man sich meistens mit Hilfe des "Google Translators". Die Gäste sprechen kaum Englisch, doch die Omi spricht sogar aufgrund eines Wien-Aufenthaltes in den 90er Jahren ein paar Brocken deutsch. Angereist sind die Flüchtlinge mit EINEM Koffer.

Sie gehörten zu den ersten Familien, die nach Österreich kamen und waren zuvor in einem Notquartier in Wien untergebracht. "Wir wollten sie noch nicht zu der Situation zuhause ansprechen", erzählt Birgit und meinte, dass vor allem die jungen Mädchen die ersten paar Tage ein irrsinnig hohes Schlafbedürfnis hatten.

Struktur im Alltag

Der Kontakt zu Familie und Freunden zuhause funktioniert ganz gut. Doch immer wieder bekommt man natürlich auch furchtbare Nachrichten. "Schon sehr schlimm, wenn man die Mädchen weinen sieht, weil sie gerade erfahren haben, dass eine Bombe ins Haus guter Freunde geschossen wurde, die den Angriff nicht überlebt haben", erzählt die Vollzeitmama.

"Struktur ist ganz wichtig. Die 13-jährige Xenia geht bereits in Gymnasium in Berndorf und für Großmutter Larissa wurde auch bereits eine Aufgabe gefunden. Sie wird ab nächster Woche sechs ukrainischen Flüchtlingskindern in der Volksschule, Märchen in der Muttersprache vorlesen", so Birgit. Auch die behördlichen Wege wurden alle erledigt und die Flüchtlinge sind offiziell bei Familie Hochrainer gemeldet. "Ich muss sagen, dass ist alles super organisiert. Die Gemeinde, Kontoeröffnung, Schule - war alles kein ewig langes Prozedere und funktioniert gut", so Birgit.

Triestingtaler für Triestingtaler

Berndorf hält zusammen. In der Facebook-Gruppe "Triestingtaler für Triestingtaler" hatte Birgit einen Aufruf für ein gebrauchtes Bett gestartet, da die Ausziehcouch für Großmutter Larissa doch sehr unbequem war und nur einen Tage später meldet man sich mit der benötigten Sachspende. Auch ein neuer Haarfön wurde für die langhaarigen Mädels gespendet und die diversen Mütter und Großmütter der Schulkinder brachten Kleidung vorbei.

"Unsere Gäste sind sehr zurückhaltend und wollen niemanden zur Last fallen, aber als dann die Lieferung mit Kleidern und Schuhen kam, fingen sie sofort vor Freude an zu weinen", erzählt Birgit mit einem Kloß im Hals.

"Wir haben hier glücklicherweise eine tolle Infrastruktur, also hab ich mir die Familie geschnappt und ihnen unsere Geschäfte gezeigt und auch die Produkte erklärt, da sie ja unsere Schrift nicht lesen können". Mittlerweile gehen alle selbstständig einkaufen und kochen auch in "ihren" vier Wänden die bekannten Gerichte. "Das ist toll. Wir wechseln uns teilweise ab. Das Wiener Schnitzel musste natürlich sein und am Wochenende kocht dann Larissa eine ukrainische Landesspeise", so Birgit.

Vorläufig kein Asyl

Von der dreiköpfigen Familie hat sich bisher noch keiner damit angefreundet, auf Dauer in Österreich zu bleiben, obwohl es ihnen sehr gefällt. "Ich denke, sie hoffen natürlich - wie wir alle - dass der Krieg in ein paar Wochen vorbei sein wird und sie gefahrlos zu ihren Familien und Freunden zurück können", so Birgit. Bis dahin? "Wir machen das Beste aus der Situation und sie können solange bleiben, wie sie möchten".

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