Wirtschaft

"Ein Wahnsinn" – darum wurde AMS-Geld neu zum Debakel

Die Reform des AMS-Geldes war ein wichtiges Ziel der Regierung. Im Dezember platzten die Verhandlungen. Türkis-Grün konnten sich nicht einigen.

Nicolas Kubrak
Im Dezember erklärte Arbeitsminister Kocher (ÖVP) die große AMS-Geld-Reform für gescheitert.
Im Dezember erklärte Arbeitsminister Kocher (ÖVP) die große AMS-Geld-Reform für gescheitert.
Tobias Steinmaurer / picturedesk.com

Vor über einem Jahr kündigte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) eine große Reform der Arbeitslosenversicherung an. Bis zum Sommer sollte sie präsentiert werden, doch es kam immer wieder zu Verzögerungen. Kocher versicherte, man werde sich einigen können, doch es hätte nicht sein sollen. Anfang Dezember gab der Minister bekannt: "Die große Reform ist abgesagt."

Zu attraktiv, arbeitslos zu sein?

Man konnte sich in den entscheidenden Punkte nicht mit dem Koalitionspartner einigen – Stolperstein war der Zuverdienst. Bezieher von AMS-Geld dürfen in Österreich geringfügig etwa 485,85 Euro pro Monat dazuverdienen. Dies wollte die ÖVP deutlich einschränken, man wollte zudem ein neues, degressives Modell des AMS-Geldes einführen. Arbeitslose hätten anfangs mehr Geld erhalten, mit der Zeit würde es stufenweise sinken.

Den gescheiterten Verhandlungen trauerte ÖVP-Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm am Dienstag nach. "Das wäre in Wahrheit das Herzstück der Arbeitslosenversicherungsreform gewesen, dass man Anreize setzt, Menschen, die derzeit nicht in Beschäftigung sind, in Beschäftigung bringen", sagte sie im "Pro und Contra"-Talk bei Puls 24. Ein falscher Zugang, daran sei es laut Plakolm auch gescheitert, wäre, weiter dazuzuverdienen, wenn man bereits arbeitslos ist. Die Reform hätte Österreich 165 Mio. Euro gespart und 15.000 Menschen in Beschäftigung gebracht, so die Politikerin.

"Sozialpolitisch ein Wahnsinn"

Davon hielt der SPÖ-Abgeordnete und Chef der sozialdemokratischen Gewerkschafter, Josef Muchitsch nichts. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld eines Mannes liege bei 32 Euro netto täglich, bei einer Frau gar nur 27 Euro. "Dort etwas zu senken, halte ich sozialpolitisch für einen Wahnsinn", ärgerte er sich. Man könne bei den Zuverdienstgrenzen nicht pauschal beurteilen – schließlich gebe es kurzfristige, saisonal bedingte Arbeitslosigkeit, aber auch solche, wo Menschen langfristig arbeitslos seien und keine Chance auf einen Job mehr hätten.

Muchitsch warf der Regierung zudem vor, einen teilweise "hausgemachten Fachkräftemangel" verursacht zu haben. Es gebe viele Branchen mit unzureichenden Arbeitsbedingungen, ohne planbaren Freizeiten und mit einem niedrigen Einkommen. Vor allem im Dienstleistungsbereich fehle es häufig an Wertschätzung für Arbeitnehmer.

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