IHS-Chef Holger Bonin

"Ein blauer Brief aus Brüssel, der wird kommen"

Die Inflation geht zwar zurück, doch die Arbeitslosigkeit und das Budgetdefizit steigen. IHS-Chef Holger Bonin sorgt sich um das Budget.

Newsdesk Heute
"Ein blauer Brief aus Brüssel, der wird kommen"
IHS-Chef Holger Bonin am späten Donnerstagabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Aktuell sind in Österreich 274.957 Menschen arbeitslos und 66.812 Personen befinden in Schulungsmaßnahmen des AMS. Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) nannte als Grund die schwache Konjunktur und die fehlenden internationalen Impulse für die Industrie. Sie würden die Entwicklung des Arbeitsmarkts bremsen. Prozentual betrug die Arbeitslosenquote im Juli 6,4 Prozent, im Vergleich zum Juli 2023 gibt es zehn Prozent mehr arbeitslose Menschen im Land.

Experten gehen davon aus, dass sich die dramatischen Zahlen auch bis Ende des Jahres nicht bessern werden – besonders betroffen sind der Tourismus, der Bau und die Warenproduktion. Gleichzeitig sinkt die Zahl der verfügbaren Stellen – 174.700 sind aktuell unbesetzt, ein Rückgang von elf Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2024. Weitere bittere Pille: Das Budgetdefizit fällt gewaltig höher als im Vergleich zum Vorjahr aus. Konkret mit einem Minus von 13,76 Milliarden Euro im ersten Halbjahr um 7,36 Milliarden höher.

"Blauer Brief aus Brüssel, der wird kommen"

"Es ist eine Konsolidierung angezeigt", so Bonin zum Wirtschaftsausblick, "nicht wirklich" realistisch sei aber eine politische Umsetzung eines von ihm vorgeschlagenen, kurzfristigen Sparpakets. Die Bundesregierung müsse jedoch etwas tun, "um das Budget in den Griff zu bekommen, und das möglichst schnell". Seine Ansage: "Da droht ein blauer Brief aus Brüssel, der wird kommen", so Bonin zur Überschreitung des Budgetdefizits um über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Es gehe gar nicht darum, dass die Schulden weiter ansteigen würden, so Bonin, "sondern dass man sich die Spielräume erhalten" müsse. Die habe man momentan aber gar nicht, so der IHS-Chef. "Wenn man jetzt nicht auf die Bremse tritt", dann werde man entweder mit neuen Steuern und Steuererhöhungen arbeiten oder auf der Ausgabenseite ordentlich einsparen müssen.

Mehr Optimismus sei angesagt

Auch der Experte bezeichnete die Situation als etwas kurios – denn der Tourismus brumme, die Nachfrage nach dem Gastgewerbe sei gut. Diese Branchen hätten auch Preiserhöhungen durchsetzen können, zudem gebe es nach der Pandemie, in der viele Mitarbeiter die Branche gewechselt hätten, so etwas wie einen Nachholbedarf bei den Menschen. Das habe man möglicherweise unterschätzt, so der Experte. "Der Tourismus ist ein Treiber der Inflation, weil es da besonders hohe Preissteigerungen gibt", so Bonin.

Und sei die Wirtschaft jetzt desaströs an die Wand gefahren, oder nicht? "Das nicht", so Bonin, man würde sich aber über mehr Vertrauen der Konsumenten und mehr Optimismus freuen. Weiter gelte, dass bereits kommendes Jahr ein positives Wachstum in der Wirtschaft erwartet werde, so de IHS-Chef. Die Budgetentwickllung laufe jedenfalls nicht aus dem Ruder, mit der aktuellen Politik werde man es aber nicht unter die 3-Prozent-Hürde schaffen. Was für Unsicherheit sorge: Wie es die nächsten Jahre in der Wirtschafts- und Budgetpolitik weitergehe.

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    Auf den Punkt gebracht

    • IHS-Chef Holger Bonin äußert Bedenken über das steigende Budgetdefizit und die Arbeitslosigkeit in Österreich
    • Die Arbeitslosenquote stieg im Juli auf 6,4 Prozent, was einem Anstieg von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht
    • Bonin warnt vor einem möglichen blauen Brief aus Brüssel aufgrund der Überschreitung des Budgetdefizits um über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
    • Er betont die Notwendigkeit, das Budget schnell unter Kontrolle zu bringen, da andernfalls Steuererhöhungen oder Ausgabeneinsparungen drohen
    • Trotz der Herausforderungen im Arbeitsmarkt und der Budgetentwicklung wird für das kommende Jahr ein positives Wirtschaftswachstum erwartet
    red
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