Schicksalswahlen in Frankreich

Drohender Rechtsruck – Macron warnt vor Bürgerkrieg

Am Sonntag wählt Frankreich ein neues Parlament, es wird ein Schicksalstag für Emmanuel Macron. In den Umfragen liegt Rassemblement National vorne.

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Drohender Rechtsruck – Macron warnt vor Bürgerkrieg
Nach der hohen Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen beschloss Präsident Macron, das Parlament aufzulösen. Am 30. Juni und 7. Juli finden die Neuwahlen statt.
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Am 30. Juni und 7. Juli finden die Parlamentswahlen in Frankreich statt. Präsident Emmanuel Macron hatte nach dem Sieg der Rechtsnationalen und der vernichtenden Niederlage seiner liberalen Partei bei den Europawahlen die Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen angekündigt.

So sehen die Umfragewerte aus

In den Umfragen vorne liegt laut Ifop aktuell der rechtspopulistische "Rassemblement National" (RN) mit 36 Prozent auf Platz eins, gefolgt vom links-grünen Bündnis "Nouveau Front populaire" (NFP) mit knapp 30 Prozent. Dahinter liegt Macrons liberales Parteienbündnis "Ensemble" mit 20 Prozent. Was auffällt, ist die hohe Wahlbereitschaft unter den Franzosen und Französinnen: Umfrageinstitute prognostizieren 62 Prozent, vor zwei Jahren waren es noch 15 Prozent weniger. 20 Minuten stellt die wichtigsten Parteien und Bündnisse und ihre Ziele vor.

Rassemblement National: Weniger Migration, weniger EU

Die rechten Parteien zeigen sich vor den Wahlen zerstritten, trotzdem hat der Rassemblement National derzeit die Nase klar vorne. Mit diesen Argumenten will der Parteivorsitzende Jordan Bardella bei den Wahlen punkten:

  • Die Einwanderung in Frankreich soll durch systematische Abschiebungen und erschwerte Bedingungen für den Familiennachzug erschwert werden.
  • In der Bildungspolitik soll strenge Disziplin aufgezogen werden, unter anderem mit einem Handyverbot bis zum Abitur.
  • Wer neben dem französischen noch einen anderen Pass hat, soll nicht im öffentlichen Dienst arbeiten dürfen. Diesen Punkt hat Bardella mittlerweile aber wieder abgeschwächt.
  • Frankreichs Beitrag an die EU soll reduziert werden.
  • Die Ukraine-Hilfen im Krieg gegen Russland werden aufrechterhalten.

Linksbündnis "Neue Volksfront": Tieferes Rentenalter, höherer Mindestlohn, neue Steuern

Als Reaktion auf Macrons Ankündigung bildeten insgesamt 20 links-grüne Parteien innerhalb weniger Tage das Wahlbündnis NFP und einigten sich auf ein gemeinsames Wahlprogramm. Das sind seine Ziele:

  • Macrons umstrittene Rentenreform soll rückgängig gemacht werden. Diese sieht vor, das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen.
  • Erhöhung des Mindestlohns um zehn Prozent auf 1600 Euro netto im Monat und mehr finanzielle Entlastung von Mietern.
  • Neueinstellungen im Lehrer- und Gesundheitsbereich sowie Investitionen in die Sanierung von Gebäuden und in erneuerbare Energien.
  • Finanziert werden sollen die Maßnahmen durch neue Steuern: eine Steuer auf Unternehmensgewinne und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für Reiche.

Wer im Falle eines Wahlsieges als Premierminister vorgeschlagen werden würde, ist noch nicht klar.

Macrons Regierungslager "Ensemble": Erhöhte Boni, Rentenanpassungen, Senkung der Stromrechnungen

Macrons Regierungslager hat bei der Europawahl eine deutliche Niederlage erlitten. Diese möchte er bei den Neuwahlen mit folgenden Punkten ausgleichen:

  • Der steuer- und gebührenfreie "Macron"-Bonus wird auf bis zu 10'000 Euro pro Jahr erhöht. Dabei handelt es sich um eine optionale Bonuszahlung für den Arbeitnehmer und ohne zusätzliche Sozialabgaben für den Arbeitgeber.
  • Rentenanpassung an Inflation: Renten werden an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst.
  • Senkung der Stromrechnungen um 15 Prozent ab dem nächsten Winter.
  • Einführung einer ergänzenden öffentlichen Gesundheitsversorgung für einen Euro pro Tag, um Personen ohne private Krankenversicherung zu unterstützen.
  • Steuerbefreiung für Erbschaften bis zu bestimmten Beträgen.

Macron warnt vor Bürgerkrieg und gesellschaftlicher Spaltung

Macron warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft durch die rechts- und linkspopulistischen Parteien. In einem Podcast warnte er gar vor einem Bürgerkrieg. Bardella kritisierte Macrons Aussagen. "Ein Präsident der Republik sollte so etwas nicht sagen", sagte er dem Sender M6. Bardella strebt derweil das Amt des Premierministers an. Seine Partei sei "bereit" zur Machtübernahme und er wolle "die Sicherheit für alle Franzosen wiederherstellen".

Was, wenn Macrons Partei verliert?

Erhält eine andere Partei als diejenige von Macron die Mehrheit – etwa der RN oder das Linksbündnis NFP – , käme es zu einer sogenannten "Kohabitation". Aus der Siegerpartei muss der Präsident dann einen Premierminister wählen, welcher wiederum seine Minister aussucht.

Es bleibt unklar, wie die politische Lage sich entwickeln würde, sollte keine Partei eine absolute Mehrheit im Parlament erlangen und die politische Landschaft stark polarisiert sein. In einem solchen Szenario könnte Macron versuchen, eine neue Regierungsmehrheit zu bilden, indem er Unterstützung aus verschiedenen politischen Richtungen links und rechts der Mitte gewinnt. Alternativ könnte er, ähnlich wie in Italien, ein Kabinett aus Experten bilden. Sollte keine dieser Strategien fruchten, steht auch die Möglichkeit im Raum, dass Macron zurücktritt, was vorzeitige Präsidentschaftswahlen zur Folge hätte.

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