Parlament stimmt ab
Dieses Land will Frauen-Genitalverstümmelung erlauben
In Gambia steht das Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung auf der Kippe. Das Parlament leitet eine Gesetzesvorlage zu weiteren Beratungen weiter.
Die Entscheidung über eine drohende Aufhebung des Verbots von weiblicher Genitalverstümmelung in Gambia ist vertagt worden. Das Parlament des westafrikanischen Landes verwies eine Vorlage, die das im Jahr 2015 verhängte Verbot kippen sollte, am Montag an einen Ausschuss. Dort sollen weitere Debatten über das Thema geführt werden. In wenigen Wochen oder Monaten sollen die Abgeordneten dann tatsächlich über eine Aufhebung des Verbots abstimmen.
Parlament stimmt über Verbot ab
Stimmt das Parlament dann zu, wäre Gambia das erste Land weltweit, das eine solche Kehrtwende bei der weiblichen Genitalverstümmelung vollzieht. Die sogenannte Nationalversammlung hat 58 Abgeordnete, fünf von ihnen sind Frauen. Sollte die Vorlage vom Parlament verabschiedet werden, erwarten Beobachter, dass Präsident Adama Barrow sie unterzeichnet. Öffentlich hat sich der Staatschef noch nicht zum Thema geäussert.
Bei der in Teilen von Afrika, Asien und dem Mittleren Osten verbreiteten Prozedur werden die äußeren weiblichen Genitalien ganz oder teilweise entfernt, häufig ohne Betäubung und mit unhygienischen Instrumenten. Dies geschieht meist schon in der frühen Kindheit.
Gambia will weibliche Genitalverstümmelungen wieder einführen
Die Gesetzesvorlage wird von Religiös-Konservativen in dem überwiegend muslimischen Land mit weniger als drei Millionen Einwohnern unterstützt. Im Text heißt es, der Schritt solle "die religiöse Reinheit aufrechterhalten und kulturelle Normen und Werte schützen". Das oberste islamische Gremium des Landes hat die Praxis als "eine der Tugenden des Islams" bezeichnet. Gambias damaliger Präsident Yahya Jammeh verbot die Praxis 2015, überraschend für Aktivisten und ohne öffentliche Erklärung.
Frauenrechtlerinnen wehren sich
Am Montag versammelte sich eine Menschenmenge vor dem Parlament, manche der Männer und Frauen trugen Protestplakate gegen die Gesetzesvorlage. Polizisten hielten die Menge zurück. Die Vorsitzende des örtlichen Zentrums für Frauenrechte und Führung, Fatou Jagne Senghore, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Vorlage ziele darauf ab, Frauenrechte zu beschränken "und die geringen Fortschritte der vergangenen Jahre rückgängig zu machen".
30 Millionen Genitalverstümmelungen in den letzten Jahren
Laut einem zum Weltfrauentag am 8. März veröffentlichten Bericht des Kinderhilfswerks Unicef wurden in den vergangenen acht Jahren rund 30 Millionen Frauen und Mädchen weltweit der Prozedur unterzogen, die meisten von ihnen in Afrika. Nach UN-Schätzungen haben in Gambia mehr als die Hälfte der Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren die Praxis über sich ergehen lassen müssen.
Die Prozedur, von der fälschlicherweise angenommen wird, dass sie die Sexualität der Frauen kontrolliert, kann zu schweren Blutungen und sogar zum Tod führen. Mädchen werden dem Verfahren in einem Alter vom Säugling bis zur Pubertät unterzogen. Langfristig kann die Verstümmelung unter anderem zu Harnwegsinfektionen, Menstruationsproblemen, Schmerzen, vermindertem sexuellen Empfinden und Komplikationen bei der Geburt sowie zu Depressionen, geringem Selbstwertgefühl und posttraumatischen Belastungsstörungen führen.
Auf den Punkt gebracht
- Das Parlament in Gambia vertagt die Entscheidung über die Aufhebung des Verbots von weiblicher Genitalverstümmelung und leitet die Gesetzesvorlage zur weiteren Beratung an einen Ausschuss weiter
- Sollte das Parlament zustimmen, wäre Gambia das erste Land weltweit, das eine Kehrtwende bei diesem Thema vollzieht, wobei religiös-konservative Kräfte die Praxis unterstützen und Frauenrechtlerinnen dagegen protestieren
- In den vergangenen acht Jahren wurden rund 30 Millionen Frauen und Mädchen weltweit der Genitalverstümmelung unterzogen, die vor allem in Afrika verbreitet ist und schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben kann