Wien
Diese Frauen kämpfen gegen Gewalt und Vorurteile
Die Simmeringerin Elly Magpie kämpft gegen Bodyshaming und bietet in ihrem Studio "Fitness für jeden Körper an". Neu im Kursplan: Selbstverteidigung.
"Rechter Fuß zurück. Hände nach vorne. Abwehrposition. Genau so." Trainer Siegfried Laurenz Zapf leitet die Gruppe an, die Teilnehmerinnen folgen seinen Instruktionen. Es ist Mittwoch Abend und das bedeutet: Im Fitnessstudio von Elly Magpie steht Selbstverteidigung auf dem Programm. Elly Magpie heißt eigentlich Elisabeth Axmann-Markinowski. Magpie ist der englische Name für Elster, den sie sich selbst gegeben hat. Und das hat einen Grund: "Von außen schaut die Elster meistens schwarz weiß aus, aber wenn sie die Flügel aufschlägt, dann kommen wundervolle Farben hervor. Manchmal muss man sich trauen, den Blickwinkel auf sich selbst und die Umgebung zu verändern um zu sehen, was alles dahinter steckt".
"Groß, Klein, Dick, Dünn: Bei uns ist jede willkommen!"
Vor knapp zwei Jahren erfüllte sich die 34-jährige Wienerin mit ihrem eigenen Studio in der Dopplergasse (Simmering) einen großen Traum: Ein "safe space", in dem Frauen trainieren können, ohne bewertet zu werden. "Mir haben viele Trainer das Gefühl gegeben, fehl am Platz zu sein. Ich möchte Frauen einen Raum bieten, die sich woanders nicht wohl fühlen", erklärt sie. Anstatt zum Abnehmen oder um Cellulite zu verringern, trainiert man im Studio "Elly Magpie" nur für die Gesundheit und den Spaß an der Sache. Inklusion und eine vorurteilsfreie Umgebung sollen das Selbstbewusstsein der Frauen stärken. Etwas, das oft zu Missverständnissen führt, stellt die diplomierte Personaltrainerin, Gesundheitstrainerin und Functionaltrainerin aber von Anfang an klar: "Ich habe kein Studio für Dicke. Zu mir kann jeder kommen: Groß, Klein, Dick, Dünn, Jung oder Alt. Das spielt keine Rolle."
Seit Kurzem bietet die Wienerin auch Box- und Selbstverteidigungskurse in ihrem Studio an - mit ihrem persönlichen Boxtrainer Siegfried Laurenz Rapf. Wichtig ist ihr dabei, Frauen Selbstbewusstsein zu vermitteln. Gerade in Zeiten wie diesen sei das enorm wichtig. "Die Vorfälle der letzten Zeit, die Femizide, spielen hier natürlich eine Rolle", erzählt sie. "Es ist wichtig, dass wir Frauen etwas für uns tun und lernen, uns zu verteidigen. So können wir selbstbewusster auftreten." Kampfsport könne man auch dann lernen, so die Trainerin, wenn man nicht dem idealen Schönheitsideal entspricht. Rapf pflichtet ihr bei: "Die Zeiten, in denen Boxen als klassischer Sport für harte Kerle galt und als man Boxen nur mit Rocky verband, sind vorbei."
Die natürlichen Reflexe zur Selbstverteidigung einsetzen
Neben dem klassischen Boxen unterrichtet Rapf auch Krav Maga, eine Selbstverteidigungstechnik, die ursprünglich aus Israel stammt und dort eingesetzt wurde, um die Milizen auszubilden. Die Vorteile gegenüber anderen Kampfsportarten liegen für den Trainer auf der Hand: "Krav Maga ist relativ leicht zu lernen. Es geht darum, die natürlichen Reflexe einzusetzen und wirkt deeskalierend. Was noch dazu kommt: Es hat keinen sportlichen Anreiz, es gibt zum Beispiel keinen Kampfanzug, und ist sehr lebensnah". Und genau das spielt für viele Frauen eine große Rolle. Mit dem Anstieg der Gewalttaten gegen Frauen merkt Rapf auch eine steigende Nachfrage nach Selbstverteidigungskursen. "Vor allem im Vorjahr habe ich das erlebt. Je mehr passiert, desto mehr Frauen wollen auch lernen, sich zu verteidigen."
"Es geht nicht nur um Muskelkraft"
Für die Kursteilnehmerinnen hat Rapf Tipps für den Ernstfall. Der Grundtenor lautet jedoch: Wann immer möglich, raus aus der Situation gehen. Ist es dafür zu spät, hat der Trainer schnelle Techniken parat. Zum Beispiel: Die würgenden Arme von oben greifen und den Fuß zwischen die Beine des Angreifers bringen. Wichtig sei dabei, dass die Griffe nicht auf reiner Kraftwirkung basieren. "Sie müssen so funktionieren, dass auch ein 12-jähriges Mädchen gegen einen 30-jährigen muskelbepackten Mann eine Chance hat", erklärt der Profi. Hier spielt die Übung eine große Rolle. Je öfter man geübt hat, desto schneller kann man im Ernstfall reagieren.
Der Krav Maga- und Boxkurs findet derzeit alle zwei Wochen, immer mittwochs ab 18 Uhr, statt. Maximal zehn Leute können an einer Stunde teilnehmen. Ein bis zwei Plätze seien aber meistens noch frei, so Axmann-Markinowski. Mehr Infos zum Studio und die aktuellen Preise finden Sie hier.