Niederösterreich
Die Gewinner und Verlierer des Klimabonus in NÖ
In NÖ zählen beim Klimabonus einige größere Gemeinden oder Städte wie etwa Zistersdorf sogar zu den Top-Gewinnern. Aber es gibt auch laute Kritik.
Der niedrigste "Klimabonus" von 100 Euro jährlich wird ausschließlich an die Wienerinnen und Wiener fließen. Das zeigt die von der Statistik Austria im Auftrag der Regierung erstellte Liste der Gemeindezuordnungen. Demnach fallen selbst große Städte wie Graz oder Linz in die zweite Stufe, wo alle Erwachsenen 133 Euro jährlich erhalten sollen. Auch St. Pölten fällt in die Kategorie von 133 Euro jährlichem Klima-Bonus. Die dritte Stufe (167 Euro) erhalten viele Umlandgemeinden, 200 Euro gibt es vorwiegend (aber nicht nur) am Land.
Erreichbarkeit mit öffentlichem Verkehr
Berücksichtigt wurde für die Klassifizierung neben der Einteilung der Gemeinden in Stadt, Land und Umland ("Urban-Rural-Typologie") ausschließlich die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr. Andere Faktoren wie etwa die Gegebenheiten in Sachen Heizkosten und Energieversorgung blieben unberücksichtigt.
Konkret wurde allen Bus-, Bahn- und U-Bahn-Haltestellen in Österreich eine von acht "Güteklassen" zugewiesen. Abhängig davon, welcher Anteil der Gemeindebevölkerung im Einzugsgebiet besonders hochwertiger oder eben besonders schlecht angebundener Haltestellen lebt, ergibt sich daraus auch die Zuordnung der Gemeinden zu den vier Stufen des Klimabonus.
Für Wien bedeutet das wegen der grundsätzlich guten Verkehrsanbindung den niedrigsten "Klimabonus" von 100 Euro pro Erwachsenem und 50 Euro pro Kind. Hier leben 21,5 Prozent der Bevölkerung. Betrachtet wurde Wien als Gemeinde - Unterschiede zwischen Innenstadt und Stadtrand blieben unberücksichtigt.
Höchster Klimabonus
Anspruch auf den höchsten Klimabonus (200 Euro pro Erwachsenem, 100 Euro pro Kind) hat ein gutes Drittel der Bevölkerung. Unter diesen 1.545 Gemeinden sind auch große wie etwa Feldkirchen in Kärnten, aber auch Strasshof an der Nordbahn im Bezirk Gänserndorf mit mehr als 10.000 Einwohnern, aber auch sehr kleine wie Gramais, Namlos und Spiss in Tirol, die praktisch ohne öffentlichen Verkehr auskommen müssen. Im Burgenland leben fast zwei Drittel der Bevölkerung in Gemeinden der vierten Bonusstufe, in Kärnten mehr als die Hälfte.
Die Stadtgemeinde Zistersdorf im Bezirk Gänserndorf im nördlichen Weinviertel zählt ebenfalls zu den Top-Gewinnern des Klimabonus in NÖ. Für künftige Klimageld-Bezieher gut, ein schlechtes Öffi-Zeugnis aber für eine Stadt, wenn man die Berechnungen der Statistik Austria zu Rate zieht. Fast alle umliegenden Gemeinden wie Sulz, Neusiedl/Zaya oder Velm-Götzendorf bekommen nur 167 Euro (Klasse 3). Offenbar sind diese Kommunen weit besser mit Öffi-Verbindungen ausgestattet als die einwohnermäßig größere und einzige Stadtgemeinde in der Region. Auch in der Bezirkshauptstadt Gänserndorf bekommt man immerhin 167 Euro. Das ist genauso viel wie etwa die Scheibbser bekommen. In Lilienfeld wird der volle Betrag von 200 Euro ausbezahlt.
"Die Bevölkerung wird bestraft"
Die Kritik an dem Modell ist laut, Matthias Stadler, SP-Bürgermeister in St. Pölten und Städtebund-Vorsitzender in NÖ, sagt: „Die Stadtbevölkerung wird bestraft.“ Er will wie Wien die Steuerreform nochmals aufschnüren.
In der Landeshauptstadt erhält man nur 133 Euro, etwas südlicher schon 167 Euro. Stadler: „Es kann doch nicht sein, dass eine St. Pöltnerin weniger wert ist, als etwa eine Wilhelmsburgerin.“ Lilienfeld bekäme gar schon 200 Euro.
Im Bezirk Baden, also in einem einzigen Bezirk, werden Bürger in drei unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Für Nationalrat und Trumaus Bürgermeister Andreas Kollross (SP) unverständlich: „Was unterscheidet die Einwohner von Tattendorf oder Teesdorf, die 167 Euro bekommen, von den Bürgern in den Nachbargemeinden Oberwaltersdorf und Trumau, die 200 Euro Bonus erhalten? Was unterscheidet Menschen aus Enzesfeld/Lindabrunn, die Euro 133 Euro bekommen von jenen der Nachbargemeinde Hirtenberg, die 167 Euro erhalten?“
Seltsame Konstellationen am Wiener Stadtrand
Auch am Stadtrand Wiens ergeben sich mitunter seltsame Konstellationen. Ein grotesker Fall findet sich etwa an der Wiener Stadtgrenze zu Perchtoldsdorf. In der Ketzergasse erhalten Menschen, die in einem Haus mit ungerader Hausnummer wohnen, 133 Euro, weil sie schon Niederösterreicher sind, ihre Nachbarn mit gerader Hausnummer sind jedoch noch Wiener und bekommen daher - wegen der angeblich guten Öffi-Anbindung - weniger, nämlich wie überall in Wien nur 100 Euro.
In Oberweidlingau bei Wien-Auhof an der Grenze zu Purkersdorf erhalten die Wiener ebenfalls um 33 Euro weniger als ihre niederösterreichischen Nachbarn, obwohl ihr Fußweg zur S-Bahn-Station Purkersdorf-Sanatorium ein längerer ist. "Ich gehe als Wiener nach Niederösterreich, um den Zug nach Wien zu nehmen. Die Politik tut aber so, als ob ich die U-Bahn vor der Tür hätte", schildert ein Anrainer.
Erhebliche Unterschiede
Die Wiener, die in Hainbach oder im Augustinerwald wohnen, erhalten sogar um 67 Euro weniger als ihre Nachbarn in Mauerbach, obwohl sie in denselben Regionalbus einsteigen. Auch in anderen Randgebieten Wiens, etwa entlang der Höhenstraße im Westen der Hauptstadt oder östlich der Donau, in der Donaustadt oder Teilen von Floridsdorf ist die öffentliche Verkehrsanbindung weniger gut als etwa innerhalb des Gürtels.
Es geht aber auch umgekehrt: Raasdorf bei Wien mit Bahnhof auf der Strecke Wien-Bratislava und keine fünf Kilometer von der Seestadt Aspern und deren U2-Station entfernt, erhält ebenso wie Aderklaa den höchstmöglichen Ökobonus von 200 Euro - wird also gleich kategorisiert wie etwa Litschau im Waldviertel oder Klaffer am Hochficht im Mühlviertel.