Welt
Deutsche Staatsbürgerin offenbar in Bagdad entführt
Bewaffnete Männer sollen die Berlinerin Hella Mewis entführt haben. Die Kulturvermittlerin lebt schon seit vielen Jahren im Irak.
Unbekannte haben in der irakischen Hauptstadt Bagdad nach Angaben von Aktivisten die deutsche Kuratorin und Kulturvermittlerin Hella Mewis entführt. Bewaffnete Männer hätten Mewis in ihre Gewalt gebracht, schrieb Ali al-Bajati, Mitglied der vom Parlament gewählten Menschenrechtskommission, am Montag bei Twitter.
Sicherheitskräfte hätten die Suche nach ihr aufgenommen, sagte ein Aktivist, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Deutschen Presse-Agentur in der Nacht zum Dienstag. Das Auswärtige Amt bestätigte die Entführung der deutschen Staatsbürgerin zunächst nicht.
Entführte förderte junge Künstler
Mewis wurde in Berlin geboren und lebt seit mehreren Jahren in Bagdad. Sie arbeitete dort am Aufbau des Kulturinstituts Bait Tarkib, das die Arbeit junger irakischer Künstler fördern will. Zeitweise arbeitete sie auch für das Goethe-Institut.
Die Männer hätten Mewis am Montagabend gegen 20 Uhr in Nähe des Kulturzentrums im zentral gelegenen Stadtteil Abu Nuwas entführt, schrieb Al-Bajati bei Twitter. Das Viertel liegt unweit des Flusses Tigris.
Bait Tarkib – zu übersetzen etwa als "Haus der Installation" – wurde 2015 zur Förderung zeitgenössischer Kunst gegründet. Die Organisation bemüht sich laut ihrer Website darum, "aufstrebende irakische Künstler und junge Menschen zu fördern, die ihr künstlerisches Talent entwickeln oder eine künstlerische Laufbahn anstreben". Moderne Kunst hat im Irak teils einen schweren Stand. Viele irakische Künstler leben im Ausland.
Sie hat gute Kontakte in die Politik
Der in Deutschland lebende irakische Schriftsteller Najem Wali beschrieb Mewis gegenüber dem Magazin "Spiegel" im Jahr 2017 als Frau, die entgegen irakischer Konventionen in Cafés geht, ihr Haar offen trägt und nur selten zum Kopftuch greift. An der Uferstrasse am Tigris habe sie 2016 eine Frauenfahrrad-Demonstration organisiert. Mewis habe Kontakte in die Politik und sei gut vernetzt.
Vor zwei Wochen hatten Unbekannte in Bagdad den international anerkannten politischen Analysten Hischam al-Haschimi in der Nähe seiner Wohnung erschossen. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. In den irakischen Medien richtete sich der Verdacht vor allem gegen die Iran-treue schiitische Miliz Kataib Hisbollah und die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Al-Haschimi galt als einer der besten Kenner extremistischer Gruppen im Irak. Er äußerte sich häufig kritisch zu proiranischen Milizen im Land und war als Regierungsberater tätig.