Wien
Deal mit 30.000 Euro geplatzt – dann fiel Todesschuss
Nach dem Schuss in Simmering laufen Mordermittlungen. Der Schütze spricht von Notwehr nach einem geplatzten Gelddeal – und will sein Baby wiedersehen.
Völlig verzweifelt sitzt Yusof A. (34) in seiner U-Haftzelle in der Justizanstalt Josefstadt. Die Vorfälle des 7. Mai, die einem 38-Jährigen das Leben kosteten, lassen den bisher unbescholtenen Shop-Besitzer nicht los. Täglich bringt der inhaftierte Iraner seine Gedanken zu Papier – und beteuert seine Unschuld. "Es war Notwehr", behauptet er seit dem tödlichen Schuss in Wien-Simmering und hofft auf eine vorzeitige Haftentlassung. Indes wird gegen ihn weiter wegen Mordes ermittelt.
Geldübergabe nach islamischen Verfahren
Die Hintergründe der Bluttat deckt nun "Heute" erstmals auf: Über eine Internetplattform hatte der Werbefachmann den Landsmann – das spätere Opfer – kennengelernt. Die beiden Muslime wollten offenbar eine illegale "Hawala"-Transaktion durchführen, bei der Bargeld zwischen Familien ohne Dokumentation mehrmals verschoben wird.
Die Summe war beträchtlich: Rund 30.000 Euro wollte Yusof A. in letzter Sekunde dann aber doch nicht an den 38-Jährigen, der extra aus Wolfsberg (Ktn.) angereist war, übergeben. "Ich wollte das Geld einpacken. Doch als ich in die Lade griff, waren die Scheine verschwunden", geht A. davon aus, vom 38-Jährigen zuvor bestohlen worden zu sein. "Plötzlich zückte mein Gegenüber eine Waffe."
Vermeintliche Finte mit Wasserkocher
Dann wird es skurril: Angeblich um ihn abzulenken, soll A. dem 38-Jährigen vorgeschlagen haben, Tee zu trinken. Während das spätere Opfer den Wasserkocher bediente soll er die Waffe kurz am Kühlschrank ablegt haben. Mit einem Satz nach vorne soll sie der Shop-Besitzer geschnappt haben. Im Gerangel habe sich dann die Kugel gelöst.
Tatsächlich fanden Beamte das Geld im Wagen des Opfers (38), das an inneren Verletzungen verblutetet. Der von Astrid Wagner, Anna Mair und Michael Dohr verteidigte Schütze spricht seit der kurz darauf erfolgten Festnahme von Notwehr. Doch die Staatsanwaltschaft kauft ihm das (noch) nicht ab, obwohl selbst die Aussage der einzigen Zeugin – der zwischenzeitlich festgenommenen Witwe (26) des Opfers – Ungereimtheiten aufwies.
"Kein Mordvorsatz erkennbar"
Für das Verteidiger-Trio steht fest: "Vorsatz hatte unser Mandant keinen." Die Juristen kämpften auch dafür, dass der inhaftierte Familienvater endlich Besuch von seiner Frau und seinem einjährigen Kind bekommen darf. (Bisher wegen Absprachegefahr verboten) "Ich will meine Tochter wieder sehen", fordert der Familienvater, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat.
Gutachten soll Notwehr belegen
Ein Schussgutachten soll im Sommer seine Notwehrversion bestärken. Wurde der Schuss tatsächlich aus nächster Nähe abgefeuert und sitzt der Abzug der Waffe wirklich locker, könnte der Mann enthaftet werden oder zumindest vom Mordvorwurf entlastet werden. Die Unschuldsvermutung gilt.