Spieletests

"Dead Space" im Test: Das furchtbar beste aller Remakes

Das Kult-Horrorspiel "Dead Space" hat ein aufwendiges Remake spendiert gekriegt. Das lässt Spielern jetzt das Blut in den Adern gefrieren. Der Test.

Da steigt die Gänsehaut auf: Selbst "Dead Space"-Kenner wird das neue Remake eiskalt erwischen.
Da steigt die Gänsehaut auf: Selbst "Dead Space"-Kenner wird das neue Remake eiskalt erwischen.
Motive Studios

Ein dunkles Raumschiff mitten im Weltall, darin treiben sich fast nur furchterregende Kreaturen in allen Nischen und Ecken herum. Du bist ein Raumschiff-Ingenieur, der die vermisste Crew inklusive seiner Freundin finden muss. Das Setting des Survival-Horror-Games "Dead Space" ist schonmal filmreif. Gewalt, Blut und andere verstörende Bilder sind Kern des Spiels. Für Angsthasen also eher ungeeignet. Das Remake von "Dead Space" (für PC, PlayStation 5, Xbox Series X|S) will ein so beklemmendes Gefühl auslösen, dass du sogar noch nach dem Ablegen des Controllers die düstere Stimmung eine Weile mitträgst. Was einiges aussagt: Dass das auch dem technischen Direktor des Spiels, David Robillard, zu viel ist.

"Ich kann das Game nachts nicht mit Kopfhörern spielen, es ist mir schlicht zu beängstigend", sagt er gegenüber dem Play-Magazin. Wer den alten Teil vor 15 Jahren gespielt hat, kann sein Gedächtnis wieder löschen: Neben den Szenen nach Skript gibt es zufällige Überraschungs-Angriffe oder Schreckmomente. Während der eine Spieler durch einen hell beleuchteten Raum läuft, findet der andere einen dunklen vor. Diese Momente werden durch einen KI-Direktor generiert. Wem das alles ein wenig zu viel ist, kann es in den Einstellungen erstmals anpassen. Zum einen erhält man im Spiel Warnungen wie "Im folgenden Abschnitt kommt es zu verstörenden Szenen". Zusätzlich können diese zensiert werden, bis zum Pixelmatsch.

Großteils gleiche Story, aber ein alternatives Ende

Bei der Story hat sich im Vergleich zum Original aus dem Jahr 2008 nichts verändert, einzig beim erneuten Durchspielen im New-Game-Plus-Modus darf man sich ein alternatives Ende der Handlung erspielen. Spieler schlüpfen in die Rolle des Weltraum-Ingenieurs Isaac Clarke. Dieser ist gerade mit dem Reparatur-Weltraumkreuzer USG Kellion am Weg zum Bergbau-Schiff USG Ishimura, zu dem der Kontakt abbrach, um die Kommunikationskanäle wiederherzustellen. Kurz nach dem Betreten der Ishimura geht der Horror aber auch schon los: Teile des Schiffs liegen im Dunkeln oder wurden massiv beschädigt, von der Crew gibt es vorerst keine Spur und stattdessen fallen grauenhaft entstellte Wesen über das Team her.

1/10
Gehe zur Galerie
    Ein dunkles Raumschiff mitten im Weltall, darin treiben sich fast nur furchterregende Kreaturen in allen Nischen und Ecken herum. Du bist ein Raumschiff-Ingenieur, der ...
    Ein dunkles Raumschiff mitten im Weltall, darin treiben sich fast nur furchterregende Kreaturen in allen Nischen und Ecken herum. Du bist ein Raumschiff-Ingenieur, der ...
    Motive Studios

    Bald ist klar: Die grausamen Wesen, die da am Schiff umherwandeln, dürften einmal Besatzungsmitglieder der Ishimura gewesen sein. Für Isaac Clarke beginnt damit eine Doppelmission: Einerseits soll er die Systeme des Raumschiffs wiederherstellen und heil von der Ishimura entkommen, andererseits aufklären, welches Schicksal das Schiff und seine Besatzung erlitten haben. Also: ikonischer Schutzhelm aufgesetzt, Plasmacutter geschnappt und losgemetzelt. Schnell zeigt das Remake auch, dass an kleinen, aber feinen Schrauben gedreht wurde. So muss Isaac die nutzbaren Waffen im Remake "physisch" in der Spielwelt finden, statt Blaupausen einzusammeln. Und: Erstmals bekommt Isaac auch eine Stimme.

    Ein persönlicheres und emotionaleres Erlebnis

    So genial das Original war, so sehr kritisierten Fans auch den stummen Protagonisten, mit dem einige Zocker nicht so recht warm wurden. Zur Quasselstrippe wird Isaac aber auch im Remake nicht. Er nimmt zwar hier und da seinen Helm ab und gibt ein paar Worte zum Besten, die Einsätze sind aber wohldosiert. Einen wunderbaren Effekt haben sie dennoch: Statt stumm den Audio-Botschaften seiner vermissten Freundin Nicole Brennan zu lauschen, schwelgt er auch einmal in schmerzhaften Schuldgefühlen – schließlich drängte er sie dazu, überhaupt den Job an Bord der Ishimura anzunehmen. Dieser Aspekt ging im Original noch etwas unter und macht nun das Remake eine Spur persönlicher, interessanter und viel emotionaler.

    Den Wurzeln treu bleiben auch die übrigen Gameplay-Elemente, auch wenn sie fast alle etwas modernisiert wurden. Der Gesundheitsbalken des Protagonisten wird weiter als Leuchtleiste am Rücken von Isaacs Schutzanzug eingearbeitet. Auf der Vorderseite des Anzugs wurden die Visier-Balken verschlankt, Infos wie Dialogtexte, Missionsziele und Richtungs-Anweisungen bekommt Isaac weiter über sein Anzug-Holgrammsystem vor seinem Gesicht eingeblendet. "Dead Space" war berühmt dafür, alle Infos zu Missionszielen und Charakter-Status natürlich als Anzugsfunktionen ins Game zu integrieren, statt sie einfach wie Fremdkörper einzublenden. Das gelingt auch dem Remake super und nun auch weit detaillierter.

    Das neue "Dead Space" ist ein echtes Grafikwunder

    Für Neulinge lassen sich sogar einige Komfort-Funktionen finden, etwa auf Wunsch das Einblenden eines Leitsystems zum nächsten Ziel. Auch solche Features stellen Funktionen von Isaacs Tech-Anzug dar und wirken nie deplatziert – noch spannender und schauriger ist es aber, ohne sie durch das düstere Schiff zu irren. Welches Grafikwunder "Dead Space" geworden ist, offenbaren die vielen Details. So besteht Isaacs Anzug nun sichtbar aus Dutzenden Metallplatten, Schrauben und Scharnieren, die sich nicht nur einzeln bewegen, wenn unser Protagonist läuft, sondern sogar, wenn er atmet. Und fällt auch noch Licht auf die Metallplatten, funkeln sie einzeln vor sich hin oder offenbaren nach Kämpfen ihre Schrammen.

    Besonders makaber wird dieser unglaubliche Detailgrad bei den Nekromorphs, den gruselig mutierten Feindes des Games. Sie behalten nicht nur ihre bizarren Klauen und Extra-Körperteile bei, sondern zeigen neben blutigen Wunden und schleimigen Auswürfen nun auch mit der Haut verwachsene Uniform-Teile und aus den Körpern ragende Komponenten des Schutzanzugs wie Isaacs eigenes RIG-Gesundheitsanzeigen-System. Noch deutlicher vermittelt das beim Spielen den Horror, dass es sich bei den Kreaturen einst um Menschen gehandelt haben muss. Auch einige Nebenfiguren aus Isaacs Team sowie seine geliebte Nicole bekamen für ihre Auftritte ein völliges Make-Over spendiert und sehen nun beinahe fotorealistisch aus. 

    Ein perfektes Horror-Setting wie noch niemals zuvor

    Fantastisch sieht auch die Ishimura aus. Wer dabei denkt, dass es düsterer geworden ist, der irrt. Die Gänge und Hallen des Schiffs werden nun etwas besser ausgeleuchtet, was den Gruselfaktor durch den erwähnten KI-Direktor aber ebenso nur steigert wie das Flackern von Lichtern, die bis ins Detail herausgearbeiteten Maschinen und Instrumente sowie die funkensprühenden Kabel. Auch wurde zwar der Grundriss des Schiffs eins zu eins übernommen, jeder einzelne Part aber komplett überarbeitet. Gänge wirken nun durch ihre Enge und neue Beleuchtung noch klaustrophobischer, große Hallen nun noch verlassener, ausgedehnter und trostloser. Kurz: Ein solch perfektes Horror-Setting im All lieferte bisher noch kein Game.

    Eine große Veränderung gibt es beim Bahnsystem, mit dem man im Original die verschiedenen Areale des Schiffs bereiste. Nutzt man dieses nun, gibt es zumindest auf der PlayStation 5 so gut wie keine Ladezeiten mehr. Das große Highlight aber: Alle Bereiche des Schiffs sind nun tatsächlich miteinander verbunden und man muss nicht mehr zwingend die Bahn benutzen, um von einem Teil zum anderen zu kommen. Dabei erkunden Spieler auch einige neue Korridore der Ishimura – dort sind zwar keine spielverändernden Geschehnisse zu finden, die neuen Räume werden aber geschickt durch kleine Nebenmissionen ins Spiel gebracht, die man abseits der Hauptaufgaben erledigen kann. Eine sinnvolle Ergänzung.

    In der Schwerelosigkeit muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

    Weiter schaltet man im Spielverlauf immer mehr Zugangsberechtigungen frei, die das Besuchen von zuvor gesperrten Bereichen ermöglicht. Dort lassen sich Objekte wie Upgrades für unsere Waffen finden, aber auch die eine oder andere Hintergrundgeschichte zu den Geschehnissen auf der Ishimura wird enthüllt. Komplett neu darf man sich wiederum durch die leider recht wenigen Bereiche des Schiffs bewegen, in denen Schwerelosigkeit herrscht. Musste man zuvor wie beim Schießen auf einen Punkt am anderen Ende eines Raums "zielen", um sich dann von der Wand abzustoßen und auf den Punkt zuzufliegen, darf man sich nun dank der Steuerdüsen im Anzug fast vollkommen frei durch diese Areale schweben. 

    Im Spielverlauf stellt man auch schnell fest, dass der technische Direktor des Spiels mit seinem Kopfhörer-Sager nicht übertrieben hat. Gleich an mehreren Stellen wirkt es mit dem Pulse-3D-Headset so, als würde uns gerade ein Nekromorph ins Ohr röcheln oder ein Feind verfolgen – und nie kann man sich sicher sein, ob der Gegner dann wirklich hinter einem steht oder die Schallreflexionen der Schiffswände einem einen Streich gespielt haben. Eins ist aber garantiert: Wer nicht zumindest einmal alleine wegen der Soundkulisse vor Schreck von der Couch aufspringt, muss Nerven aus Stahl besitzen. Apropos Nerven aus Stahl: Seine brutalen Todesanimationen behält "Dead Space" ebenso bei wie das Schnetzeln der Feinde.

    Die Soundkulisse alleine hat den Horror-Oscar verdient

    Nach allen Regeln der Splatter-Kunst durchbohren uns die Feinde mit meterlangen Klauen oder trennen uns fachmännisch den Kopf vom Körper, wenn sich unsere Lebensenergie gegen Null neigt. Begleitet natürlich von schmatzenden Reiß- und Quetsch-Geräuschen, von denen man gar nicht so genau wissen will, woher sie aus unserem Körper stammen. Setzt ein Feind zum Nahkampf-Kill an, können Zocker noch per Button-Mashing versuchen, dem Tod zu entkommen – in höheren Schwierigkeitsgraden bedeutet die Situation aber meist den fixen Spieltod. Umgekehrt wiederum soll man auch die Nekromorphs brutal besiegen – indem man mit dem eher kleinen Waffenarsenal ihre Gliedmaßen vom Körper schießt.

    Neben den Horror- und Kampfpassagen streut "Dead Space" auch einige Umgebungsrätsel ein, in denen man verschiedene Bereiche des Schiffs mit Energie versorgen oder sich neue Zugänge freischalten soll. Diese Puzzles bestehen meist aber weniger aus Denkarbeit, sondern erfordern vielmehr das Besuchen bereits zuvor erkundeter Bereiche – die immerhin dank KI auch beim zweiten und dritten Besuch unheimliche Überraschungen zu bieten haben. Neben den wenigen auffindbaren und upgradebaren Waffen darf Isaac auch wieder auf seine Kinese- und Stase-Fähigkeiten zurückgreifen und damit Gegner oder Teile von ihnen in Kämpfen oder Objekte und Schiffinfrastruktur in Rätseln entweder wegschleudern oder verlangsamen. 

    "Dead Space" im Test: Das furchtbar beste aller Remakes

    Gar keine Kritik? Tatsächlich ist "Dead Space" das furchtbar beste aller Remakes geworden. Bemängeln kann man jedoch, dass es weiter nur die erwähnt überschaubare Anzahl an Waffen sowie einige Passagen gibt, in denen man bestimmte Areale des Schiffs gleich mehrmals besuchen muss. Auf der Haben-Seite steht dafür eine unfassbar gute technische Umsetzung, eine Horror-Atmosphäre, die sogar jene des bahnbrechenden Originals noch einmal übertrifft und eine Tonne an technischen Modernisierungen, angefangen bei den grafischen Details über die Funktionsweisen des Schutzanzugs bis hin zu mehr Bewegungskontrolle in der Schwerelosigkeit und einer KI, die einen maßgeschneiderten Schrecken garantiert.

    Kaum ein Remake bleibt so solide seinen Wurzeln treu, während die Technik so beeindruckend modernisiert wurde. Wer nicht so sehr für die Brutalität und den Ekelfaktor des Spiels zu haben ist, kann sich besonders gewalttätige Szenen durch Filter entschärfen, wer nicht so gut mit Erkundungsspielen zurechtkommt, sogar den Weg zum nächsten Missionsziel einblenden lassen. Aber: "Dead Space" ist eben auch im Remake ein wahres Horror-Juwel – und selbst mit allen Entschärfungen der Neuauflage wird es Spieler vor allem im ersten Durchgang zeitweise in mehr Angst und Schrecken versetzen. Selbst jene Zocker, die wie der Tester das Original bereits komplett auswendig kannten.