Auch zwei Jobs helfen nicht

"Zahle ich nicht!" Mieterin soll 1.145 € extra brennen

Nicole Krasser ist eine von acht Parteien eines Neubaus in Leopoldsdorf, die sich geschlossen weigern, höhere Heiz- und Warmwasser-Kosten zu zahlen.
Aram Ghadimi
21.03.2025, 05:15

"Wie es mir geht? Mir geht es beschissen!", sagt Nicole Krasser. Die 48-Jährige liegt mit 40 Grad Fieber im Bett, als "Heute" um ein Gespräch bittet.

Ihre Geschichte ist deswegen interessant, weil sie eine von acht Wohnungen in einem Haus bewohnt, das sich geschlossen gegen hohe Nachzahlungen bei Heiz- und Warmwasserkosten wehrt. Das gesamte Haus weigert sich, die Nachzahlungen von bis zu 3.500 Euro zu zahlen.

Nachzahlung nicht bezahlt

"Natürlich habe ich die Nachzahlung noch nicht bezahlt", sagt Krasser, die erst im Juli 2023 nach Leopoldsdorf (Marchfeld, NÖ), an den östlichen Stadtrand von Wien, zog: "Wegen der Liebe war das", erzählt sie und dass sie noch immer mit ihrem Partner, den sie im Internet kennenlernte, zusammen ist.

Aufbruch mit plötzlichem Absturz

Was sich für Nicole Krasser zuerst wie ein großer Aufbruch in ein besseres Leben anfühlte – sie investierte 11.000 Euro Ablöse, um in die schöne neue Wohnung zu ziehen – verwandelte sich schon ein Monat später ist einen Albtraum:

"Als ich eingezogen war, zahlte ich im ersten Monat 740 Euro Miete und 82 Euro für Heizung und Warmwasser, doch schon einen Monat später wurde die Miete um 100 Euro erhöht."

Krasser, die gerade ihr mühsam Erspartes in die Ablöse der neuen Wohnung gesteckt hatte, war schon wenige Wochen später mit der nächsten Erhöhung konfrontiert: "Wieder wurde die Miete um 100 Euro erhöht." Heute zahlt Krasser 955 Euro kalt.

Dabei blieb es aber nicht: "Aus 82 Euro Heizkosten sind plötzlich 338 Euro geworden. Wo gibt es sowas?"

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Ganzes Haus ist betroffen

"Leopoldsdorf im Marchfeld, 15 km östlich von Wien, bietet seinen Bewohnerinnen und Bewohnern einfach alles, was das Herz begehrt – es fehlt an nichts", schreibt die Genossenschaft GEBÖS auf ihrer Webseite.

Was dort nicht steht ist, dass man, wenn man einmal eingezogen ist, keinen Einfluss auf die Heizkosten hat. Vertragsnehmerin mit Energielieferanten ist die GEBÖS, nicht ihre Mieter. Die bekommen nur von der Ablesefirma Ista monatliche Rechnungen – und zuletzt Nachzahlungen, die sich gewaschen haben:

Eine Nachbarin von Krasser sagt zu "Heute": "Hier sind es 3.223,74 Euro Nachzahlung, bei den Nachbarn sogar 3.546,63 Euro, mit einer monatlichen Forderung von fast 450 Euro für Heizung und Warmwasser. Irre. Bei einer Nachbarin weiter oben trudelte eine Forderung von 1.876,71 ein." Die Bewohner der Neubauanlage schlossen sich zusammen, sie wollen zusammen dagegen ankämpfen.

450 Euro mehr – jeden Monat

"Heute" wollte wissen, wie Nicole Krasser mit der Situation umgeht. Die sagt, dass sie selbst ratlos ist: "Ich frage mich alle Monate, wo ich noch das Geld hernehmen soll." Immerhin hat Krasser, wie sie vorrechnet, mittlerweile rund 450 Euro Mehrkosten. Das, nachdem sie vor nicht einmal zwei Jahren eingezogen ist: "Das ist ein absoluter Horror. Es ist ein ganz neues Haus mit Wärmedämmung, eine Genossenschaft. Man denkt, dass man leistbaren Wohnraum gefunden hat. Heute weiß ich nicht mehr weiter."

Genossenschaft: "Kreditzinsen sind schuld."

"Heute" hat die Genossenschaft GEBÖS mit der Frage konfrontiert, wie das alles sein kann? Die kaufmännische Direktorin der GEBÖS, Stephanie Maurer-Wallner, sieht hier keine Unregelmäßigkeiten vorliegen, alles bewege sich im gesetzlichen Rahmen: "Ausgehend von den Herstellungskosten, den Finanzierungsbeiträgen und den Darlehensbedingungen (die Miete muss kostendeckend sein)" errechne sich die Miete", sagt Maurer-Wallner.

Aufgrund dieser Tatsachen und "extremer Zinssteigerungen des Euribor (der europäische Leitzins, Anm.) besonders in den Jahren 2023 und 2024, hat dies auch zu einer Verschreibungserhöhung beim Hypothekardarlehen geführt."

Tatsächlich ist der europäische Leitzins sechs Monate nach dem Einzug der ersten Bewohner um etwa 4 Prozent gestiegen. Die GEBÖS hat also die gestiegenen Kreditraten direkt an ihre Mieter weitergegeben. Dasselbe taten die Energieunternehmen nach Putins Angriff auf die Ukraine. Wenn man sich den Leitzins als steilen Berg vorstellt, dann ist Nicole Krasser, ohne es zu ahnen, am absoluten Gipfel der Zinsentwicklung in ihre neue Wohnung gezogen.

Erspartes ist weg

"Warum sind Sie nicht wieder ausgezogen?", wollte "Heute" wissen. "Weil all mein Geld in die Ablöse geflossen ist", erzählt Krasser mit trauriger Stimme.

Mit fast fünfzig Jahren ist sie gestrandet, in einem Vorort von Wien und kämpft um ihre Existenz.

Nachtarbeit und Ausmisten im Stall

"Um zu überleben, muss ich, neben der Nachtarbeit in meinem Hauptjob, jetzt auch tagsüber im Stall ausmisten helfen. Ich bin mittlerweile sehr, sehr müde, aber es ist besser als nichts."

"Die Baugenossenschaft GEBÖS, die Energiekonzerne, die Ableseunternehmen. Es ist traurig, dass es in unserer heutigen Gesellschaft so ist, dass jeder nur noch dein Geld möchte, wo doch viele von uns zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig haben", sagt Krasser.

Die Termine der Hausbewohner mit Juristen der Arbeiterkammer machen Nicole Krasser jetzt ein wenig Hoffnung.

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