Nawalny in Strafkolonie
Das steckt hinter Putins geheimem Gulag-Plan
Seit Wochen fehlte jede Spur von Kreml-Kritiker Nawalny. Nun meldete er sich aus einer Strafkolonie. Grund zur Freude ist das jedoch keiner.
Wochenlang war Kremlkritiker Alexej Nawalny verschwunden. Am Dienstag kam dann ein Lebenszeichen und die Information: Der 47-Jährige befindet sich in dem berüchtigten Straflager "Polarwolf". In einem Brief zeigte sich Nawalny erleichtert über die Ankunft. "20 Tage auf Etappe waren ziemlich anstrengend, aber meine Stimmung ist trotzdem ausgezeichnet", teilte der 47-Jährige in einem am Dienstag in sozialen Netzwerken veröffentlichten Brief mit.
"Auf Etappe" bezeichnet in Russland die Verbringung von Gefangenen in ein Straflager. Nawalnys Team hatte am Montag darüber informiert, dass der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin nach langer Suche von einem Anwalt in dem Lager IK-3 in Charp am Polarkreis gefunden worden sei. Demnach befindet sich Nawalny im äußersten Norden Sibiriens.
Putin sorgt für Comebacks der Gulags
Dass Putin seinen schärfsten Kritiker ins "ewige Eis" nach Sibirien verfrachten hat lassen, erinnert an die finsteren Gulag-Zeiten des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Dieser war für den Tod von 40 Millionen Menschen verantwortlich, alleine 20 Millionen fielen dessen "Säuberungen" zum Opfer. Beobachter befürchten schon länger, dass Kreml-Despot Wladimir Putin Russland wieder zu alter Sowjet-Stärke führen möchte. Putin rehabilitierte den Massenmörder und ließ dessen "Gulag-System" wieder aufleben. Einst umfasste dieses 476 Strafkolonien.
Gegenüber der deutschen "Bild" spricht Osteuropa-Experte Jan Claas Behrends von einer "Sowjetisierung Putins". Laut dem Historiker spielen die Lager nun auch unter Putin wieder eine gewichtige Rolle – "zur Einschüchterung und Züchtigung der Bevölkerung". Vor diesem Hintergrund sei auch die Verlegung Nawalnys an den Polarkreis von symbolischer Bedeutung. "Sie verbannen ihn ans Ende der Welt, machen ihm das Leben zur Hölle, nehmen ihn aus dem politischen Spiel", so Behrends.
Einer, der Putins Straflager überlebt hat ist Ex-Manager Wladimir Perewersin. In einem Buch berichtet der 57-Jährige von seinem Schau- und Scheinprozess, der ihm eine mehrjährige Haftstrafe und einen Gulag-Aufenthalt bescherte. Er habe sich die Bauchdecke aufgeschnitten, um so in eine Klinik verlegt werden zu müssen. Nur so habe er überlebt. Stalin, so Perewersin, habe erst gar nicht versucht, so zu tun, als sei er ein Demokrat. Putin hingegen habe das System "pervertiert, indem er so tut, als hätte man Rechte. Die hat man nicht."