Belohnungszentrum
Das passiert im Gehirn, wenn du viele Pornos schaust
Nie war es leichter, Pornografie zu konsumieren. Das verleitet manche dazu, sehr viel davon zu konsumieren. Das hat Folgen.
Internet und Smartphone machen es möglich: Wer will, kann praktisch jederzeit Pornografie konsumieren. Und viele tun es. Laut einer Umfrage von 20 Minuten mit 23.174 Teilnehmern schauen 92 Prozent der 18- bis 34-jährigen Männer Pornos. Bei den Frauen sind es 58 Prozent. Die Gründe sind vielfältig, etwa sexuelles Vergnügen, Neugier, Ablenkung, Stressabbau oder auch Langeweile.
Welchen Nutzen können Pornos haben?
Wer es mit der Nutzung nicht übertreibt, kann von Pornos durchaus profitieren. So können Pornos helfen, in einem privaten, sicheren Rahmen die eigene Sexualität, sexuelle Interessen und Praktiken zu entdecken. Pornos können auch helfen, sexuelle Hemmungen abzubauen und offener zu werden. Das kann es einfacher machen, in einer Beziehung eigene sexuelle Wünsche anzusprechen. Und Paaren können Pornos als Inspiration dienen, wenn sie sich diese zusammen anschauen.
Was sind die Risiken?
Während gelegentlicher Pornokonsum meist kein Problem darstellt, kann übermäßiger Konsum zum Problem werden. So können Pornos unrealistische Erwartungen an sich selbst und die Partnerin oder den Partner auslösen, was zu Unzufriedenheit führen kann. Das ist der Fall, wenn man sich beim Sex nur noch darauf konzentriert, was in den Pornos gemacht wird.
Sex in der Realität orientiert sich an den Wünschen und Bedürfnissen der beteiligten Personen und ist vielfältiger als derjenige, der in Pornos gezeigt wird. Verdrängt der Pornokonsum einer Person in einer Beziehung den realen Sex, kann das bei der anderen Person Eifersucht oder ein Gefühl der Vernachlässigung auslösen. Übermäßiger Pornokonsum kann auch dazu führen, dass Betroffene von den natürlichen Reizen einer Sexualpartnerin oder eines Sexualpartners nicht mehr erregt werden.
Kann übermäßiger Pornokonsum süchtig machen?
Das Verlangen nach Pornografie kann Züge einer Verhaltenssucht annehmen. Die Diagnose Pornosucht gibt es allerdings nicht. In der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-11) der Weltgesundheitsorganisation WHO fällt der in der Fachsprache als Pornografienutzungsstörung bezeichnete zwanghafte Konsum von Pornografie unter die Diagnose "Störung mit zwanghaft sexuellem Verhalten". Dass übermäßiger Pornokonsum süchtig machen kann, liegt im Gehirn begründet.
Was passiert bei übermäßigem Pornokonsum im Gehirn?
Die Wissenschaft geht davon aus, dass Pornos bei häufigem Schauen das Belohnungssystem im Gehirn verändern, was zu einer Art Sucht führen kann.
Verändert sich das Gehirn für immer?
Die Veränderungen im Gehirn sind nicht unumkehrbar. Meist kann sich nach längerer Abstinenz das Belohnungszentrum wieder normalisieren. Eine längere Zeit ohne Pornos hält allerdings nicht jede betroffene Person ohne weiteres aus. Deshalb sollten sich Betroffene an eine Fachperson wenden, die sie im Veränderungsprozess begleitet, rät Bruno Wermuth, der von 2008 bis 2013 als "Doktor Sex" Beziehungs- und Sexualberater bei 20 Minuten war. Sich einem fremden Menschen gegenüber zu outen sei zwar möglicherweise beschämend, gleichzeitig aber auch ein erster Schritt zur Bewältigung des Leidens, so Wermuth. Anlaufstellen findest du unten.
Auf den Punkt gebracht
- Übermäßiger Pornokonsum kann das Gehirn verändern und dazu führen, dass das Belohnungssystem beeinträchtigt wird, was zu einer Art Sucht führen kann
- Jedoch sind die Veränderungen im Gehirn nicht unumkehrbar und können sich nach längerer Abstinenz wieder normalisieren, weshalb Betroffene sich an Fachpersonen wenden sollten, die sie im Veränderungsprozess begleiten können