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Darum ist die Verschwörungs-Sekte QAnon so gefährlich
Facebook will alle Gruppierungen, die mit QAnon in Zusammenhang stehen, entfernen. Doch der Einfluss der Verschwörungssekte ist viel weitreichender.
Soeben wurde bekannt, dass die Online-Netzwerke Facebook und Instagram ihr Vorgehen gegen eine Bewegung namens QAnon verschärfen. So sollen künftig alle Facebook-Seiten und -Gruppen sowie alle Instagram-Konten mit Verbindungen zu QAnon entfernt werden, heißt es in einer Mitteilung des Facebook-Konzerns. Doch was ist QAnon genau und woher kommt der Begriff?
Was genau ist QAnon?
Bei QAnon handelt es sich um einen weit gefassten Begriff, unter welchen Menschen fallen, die an eine Vielzahl von Verschwörungstheorien glauben. Diesen zugrunde liegt die Vorstellung, dass der US-amerikanische Präsident Donald Trump einen geheimen Krieg gegen teufelsanbetende Pädophile führt, die überall auf der Welt insgeheim die Regierungen, die Wirtschaft und die Medien steuern.
Unter QAnon-Anhängern ist der Glaube verbreitet, dass dieser Kampf irgendwann in einem "Tag der Abrechnung" kulminieren wird, bei welchem berühmte Menschen wie beispielsweise die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton oder der ehemalige Präsident Barack Obama verhaftet und für ihre Taten gegen die Menschheit zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Bewegung hat keine zentrale Steuerung oder Verwaltung. Viel eher handelt es sich um ein loses Netz von Menschen, die sich im Internet gefunden haben und sich gegenseitig in ihrem Glauben bestärken und anstacheln. Daher finden sich auch ganz unterschiedliche Verschwörungstheorien im QAnon-Netzwerk wieder. So glauben einige Anhänger beispielsweise, dass die Millionäre und Anführer der Welt allesamt in Menschenhandel involviert sind. Wieder andere glauben, dass systematisch Kinder dazu ausgebeutet werden, lebensverlängernde Chemikalien zu produzieren, die ihnen schließlich entzogen werden, um die Lebensspanne von Politikern und anderen Menschen in Machtpositionen zu verlängern.
Was sind die Ursprünge von QAnon?
Im Oktober 2017 tauchte erstmals ein User im berüchtigten Internet-Forum 4Chan auf, der sich schlicht Q nannte. Der Nutzer behauptete, Insider-Informationen aus dem US-Sicherheitsdienst zu haben, da er über eine Genehmigung der Stufe Q verfüge. Ob es eine solche Sicherheitsstufe tatsächlich gibt oder wer der User Q im echten Leben ist, ist unbekannt.
Q behauptete, über hoch geheime Informationen über den Kampf zwischen Präsident Trump und dem sogenannten "Deep State" zu verfügen, und veröffentlichte immer wieder neue Hinweise und Informationen, die bald als "Q Drops" bekannt wurden.
Viele von Qs Posts, die auch auf Foren wie 8chan oder 8kun aufgetaucht sind, folgen einem ähnlichen Schema. Zuerst wirft Q eine Reihe fundamentaler Fragen auf, die den Leser schließlich zur "Wahrheit" hinter den Worten führen sollen. Anschließend stellt Q mehrere willkürliche Vorhersagen auf, etwa die Prognose, dass Hillary Clintons Verhaftung unmittelbar bevorstehe. Wahr geworden ist bisher noch keine dieser Vorhersagen, wie "The Guardian" berichtet.
Wie hat sich das Netzwerk seither entwickelt?
Mittlerweile geht das QAnon-Netzwerk weit über den User Q hinaus. Bemerkenswert ist dabei, wie hartnäckig sich die QAnon-Verschwörungstheorien festgesetzt haben. Schließlich gab es auch in der Vergangenheit schon immer wieder anonyme Poster, die behaupteten, über geheime Regierungsinformationen zu verfügen.
Tatsächlich sind laut einer Analyse von NBC drei Verschwörungstheoretiker dafür verantwortlich, dass sich QAnon so weit und so schnell verbreitet hat. Es handelt sich dabei um einen Youtuber und zwei 4Chan-Moderatoren. Diese griffen die Posts von Q auf und kreierten immer wieder Videos und Reddit-Posts über dessen Theorien, bis sich eine Gemeinde an Verschwörungstheoretikern um sie herum versammelt hatte. Über die Motivation der drei Personen kann nur spekuliert werden.
Einige behaupten, sie hätten es getan, um Aufmerksamkeit und Geld zu sammeln, andere sind fest davon überzeugt, dass sie voll und ganz hinter den Theorien stehen, die sie verbreiten.
Wie viele Anhänger hat QAnon und wer sind sie?
Eine genaue Zahl zu nennen, ist aufgrund der Anonymität der Anhänger und der Tatsache, dass sie sich hauptsächlich im Internet versammeln, unmöglich. Es wird aber davon ausgegangen, dass mehrere hunderttausend Personen aktiv zur Verschwörungstheorie beitragen oder diese teilen. Im August schloss Facebook eine QAnon-Gruppe, der mehr als 200.000 Personen angehörten. Auch Twitter sperrte zur selben Zeit rund 150.000 Kanäle, die in Verbindung mit QAnon standen.
Laut "The Guardian" handelt es sich bei den Anhängern in den USA hauptsächlich um ältere Republikaner oder tiefreligiöse Christen. Innerhalb der QAnon-Community befinden sich aber auch Rätsel-Liebhaber, die die Posts von Q bis ins Detail analysieren und eine Art Puzzle-Spiel in ihnen zu sehen scheinen. Wieder andere haben sich der Verschwörungstheorie so sehr hingegeben, dass sie die Posts von Q als eine Art heiligen Text ansehen, der gelehrt und studiert werden muss. Fest steht, dass es sich bei all diesen Personen um Trump-Anhänger handeln muss, da dieser Personenkult im Zentrum der QAnon-Philosophie steht.
Wieso ist QAnon gefährlich?
Gefährlich sind idealistische Gruppierungen vor allem dann, wenn zu Gewalt aufgerufen wird. Zwar handelt es sich bei einer Vielzahl der QAnon-Anhänger nicht um gewalttätige Personen, einzelne Verschwörungstheoretiker haben aber bereits auf gewalttätige Aktionen zurückgegriffen. Daher hat das FBI in den USA QAnon als eine potenzielle einheimische Terrorgefahr eingestuft. Außerdem sind die Anhänger von QAnon für unerbittlichen Online-Terror gegen ihre "Feinde" und Gegner bekannt.
Darüber hinaus etabliert sich QAnon auch immer stärker in der Politik. Die Non-Profit-Organisation Media Matters hat einen Bericht herausgegeben, der eine Liste mit 77 Kandidaten für den US-Kongress beinhaltet, die in der Vergangenheit ihre Sympathien gegenüber der QAnon-Bewegung gezeigt haben. Das zeigt, dass eine solche Verschwörungstheorie einen direkten Einfluss auf die Politik haben kann. Besonders im Hinblick auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA ist dies von Bedeutung.
Dem wirkt auch Präsident Trump – der in der QAnon-Debatte als Held gefeiert wird – nicht entgegen. Während einer Pressekonferenz im August wurde er dazu aufgefordert, die QAnon-Verschwörung ein für alle Mal zu entlarven. Das tat er nicht, sondern bezeichnete deren Anhänger viel eher als Patrioten.
Dazu sagte er: "Wenn ich dabei helfen kann, die Welt vor Problemen zu retten, dann werde ich dies tun. Wir retten die Welt vor der radikalen linken Philosophie, die unser Land zerstören will und als Nächstes die ganze Welt."