Gesundheit

Corona-Impfung kann zu psychischer Belastung führen

Die Angst, etwas zu verpassen, kennen wir spätestens, seit es Handys gibt. Jetzt könnte das "Fear of Missing Out"-Phänomen zu einer Impf-FoMO werden.

Christine Scharfetter
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Impf-Selfies überschwemmen weltweit das Netz.
Impf-Selfies überschwemmen weltweit das Netz.
CRISTINA QUICLER / AFP / picturedesk.com

Schon wieder eine Nachricht, dass ein Freund einen Corona-Impftermin bekommen hat. Und auch auf Social Media häufen sich die Impfpass- sowie Pflasterchen-nach-Stich-Postings. Kein Wunder, immerhin haben schon über zwei Millionen Österreicher - und damit rund ein Viertel der Bevölkerung - zumindest das erste Vakzin gegen das Coronavirus erhalten. Doch was lösen diese Nachrichten und Fotos bei jenen aus, die noch keinen Termin haben?

Alle geimpft, nur ich nicht

"Je mehr Menschen geimpft sind, desto schneller könnte eine FoMO bei denen entstehen, die noch auf ihre Impfung warten", sagt der Psychologe Christian Montag im Gespräch mit dem "Business Insider". Der Professor leitet die Abteilung Molekulare Psychologie an der Uni Ulm, untersucht seit vielen Jahren Digitalisierungsprozesse und beschäftigt sich im Rahmen derer mit dem Phänomen "Fear of Missing Out" (FoMO) sowie welche Folgen sie für unsere Psyche hat.

Die Angst, etwas zu verpassen!

Die Bezeichnung "Fear of Missing Out" taucht erstmals 2004 auf und bezeichnet eine tief sitzende Furcht, dass andere Menschen interessante Erfahrungen machen, bei denen man selbst fehlt.
Heute ist FoMO ein anerkanntes psychologisches Konstrukt unter dem Personen, die neurotisch, ängstlich und wenig gewissenhaft sind, eher leiden als andere. Außerdem tritt das Phänomen eher bei jüngeren Menschen auf – es gibt jedoch keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.
Die Prozesse gab es schon lange vor dem Internet und Smartphones, so Montag. Jedoch würden Social-Media-Plattformen diesbezüglich heute eine große Rolle spielen.

Vor allem jene Menschen, die auch sonst an genereller FoMO leiden, könnten jetzt ebenfalls schneller von Impf-FoMO betroffen sein, erklärt Montag gegenüber der Nachrichtenseite. "Aber es ist wichtig, zu betonen: Die Impf-FoMO ist ein sehr neues Phänomen und es gibt meines Wissens noch keine empirischen Untersuchungen dazu."

Letztendlich sei man ja nicht direkt auf den Pieks oder die möglichen Nebenwirkungen der Impfung neidisch. Es seien viel mehr die Vorteile, die damit einhergehen. Schließlich verringere die Impfung die Sorge, sich oder andere anzustecken und könnte auch wieder mehr Freiheiten mit sich bringen. Und auch Social Media trage seinen Beitrag dazu bei: Durch zunehmende Berichte aus dem eigenen sozialen Netzwerk entstehe ein immer größer werdender Druck auf Nicht-Geimpfte – und damit das Gefühl, etwas zu verpassen.

Der Tipp des Psychologen gegen Impf-FoMO: "Man sollte sich bewusst machen: Jeder geimpfte Mensch führt mich persönlich auch näher zum Ziel."