Spieletests

"Chocobo GP" im Test: "Mario Kart" ist außer Reichweite

"Chocobo GP" will es mit dem größten Funracer aller Zeiten, "Mario Kart" aufnahmen. Dazu reicht es nicht, das Spiel hat aber zahlreiche Lichtblicke.

Rene Findenig
Teilen
Süß, aber für ein "Mario Kart" keine Konkurrenz: "Chocobo GP".
Süß, aber für ein "Mario Kart" keine Konkurrenz: "Chocobo GP".
Nintendo

Wer eine Nintendo Switch hat, der kommt an "Mario Kart 8 Deluxe" nicht vorbei. Egal ob alleine oder in der Gruppe, egal ob Rennspiel-Fan oder nicht, es ist einfach eines der besten Spiele aller Zeiten, nicht nur auf Nintendos Hybrid-Plattform. Nun rast aber auf der Switch ein neuer Funracer namens "Chocobo GP" von Square Enix daher und will sich um den ersten Platz matchen. Das gelingt im "Heute"-Test auch dem neuen Rennspiel-Anwärter nicht, aber Spaß macht das Game allemal. Wie der Name verrät, rasen in "Chocobo GP" die flugunfähigen Vögel der "Final Fantasy"-Spielereihe um die Wette.

Dass es verrückter als in "Mario Kart" zugeht, zeigt schon der Einstieg: Zu Rockmusik darf man superschnelle Überholmanöver sehen, dann gehts mit Pieps-Tönen im Menü zur Modus-Auswahl. Diese überrascht sogleich, denn "Chocobo GP" hat "Mario Kart" sogar einen Storymodus voraus. Der allerdings hält sich nicht lange mit Erklärungen auf, wirkt aufgrund der Vielzahl der Charaktere etwas wirr und erfordert ein bisschen "Final Fantasy"-Vorwissen, um ihn genießen zu können. Kurzversion: Chocobo und Co. wollen ein Renntunier gewinnen, um sich ihren größten Wunsch erfüllen zu lassen.

Da verliert man fast schon die Übersicht

Schön für Fans: man trifft sowohl auf bekannte Charaktere als auch auf Spielgebiete aus "Final Fantasy", in denen die Rennen gefahren werden. Actionreich inszenierte Handlung darf man sich aber keine erwarten, denn die meisten Geschehnisse werden einfach über animierte Standbilder und die Einblendung von Charakteren erzählt. Dennoch gefällt die Inszenierung gut, weil sie glaubhaft und mit Liebe zum Detail umgesetzt wurde und auch eine Portion Humor offenbart, die man dem Game ursprünglich gar nicht zugetraut hätte. "Chocobo GP" wirkt wie ein riesiges Bilderbuch, das man mit Freude betrachtet.

1/8
Gehe zur Galerie
    Gerade weil sich "Chocobo GP" so sehr am großen Vorbild "Mario Kart" orientiert und wenig spielerisch selbst wagt, bringt es den Genre-König keineswegs in Gefahr. 
    Gerade weil sich "Chocobo GP" so sehr am großen Vorbild "Mario Kart" orientiert und wenig spielerisch selbst wagt, bringt es den Genre-König keineswegs in Gefahr.
    Nintendo

    Wer gar nichts mit "Final Fantasy" am Hut hat, den wird die Kampagne schnell überfordern, denn nach jedem Rennen werden gefühlt eine Handvoll neue Figuren vorgestellt, die man sich merken sollte. Immer weiter wächst allerdings der Cast des Spiels an und irgendwann vergisst man einfach, wer was von wem wollte und was sich bisher getan hat. Das dürfte übrigens auch den Machern selbst klargeworden sein, denn immer mal wieder wird ein Witz darüber in die Dialoge eingestreut, wie viele Figuren und Wendungen es jetzt schon wieder gegeben hat. Chaotisch, aber dafür mag man das Spiel schließlich auch.

    Parallelen zu "Mario Kart" fallen auf

    Nicht so witzig ist allerdings, wenn man dem Humor nichts abgewinnen kann und schließlich nur noch auf die Tasten hämmert, um die Dialoge schnell zu überspringen und zum nächsten Rennen zu gelangen. Immerhin: Spielt man die Kampagne, schaltet man damit Items und neue Fahrer frei. Im Fall der Items handelt es sich um an "Mario Kart" erinnernde Booster-Objekte. Das Start-Item "Hast" sorgt für einen mächtigen Tempo-Schub in Rennen, später kommen dann Objekte hinzu, mit denen man die Konkurrenten vor, neben und hinter einem einheizen darf. Alle Items sind ebenfalls im "FF"-Look.

    Im Gegensatz zu "Mario Kart" und trotz der kinderfreundlichen Grafik geht es bei Angriffen auf Konkurrenten etwas "brutaler" zu: Da darf man auch schon mal einen riesigen Feuerball auf den Führenden schleudern oder kurzzeitig die gesamte Streckenbreite in ein Flammenmeer verwandeln. Keine Sorge, wie üblich sind auch Items vorhanden, die einen Schutzschild um unsere Spielfigur aufbauen und vor fiesen Attacken schützen. Ein humorvolles Ärgernis bietet auch "Chocobo GP": Ebenso wie in "Mario Kart" ist es möglich, als haushoch Führender vor der Ziellinien noch "abgeschossen" zu werden.

    Hier haben die Fahrer sogar Fähigkeiten

    Auf der Strecke selbst finden sich die Item-Boxen in bronzener, silberner und goldener Ausführung, die je nach Farbe unterschiedlich starke Items ausspucken. Interessant: Dabei gibt es nicht nur unterschiedliche Booster, sondern auch von einem Booster unterschiedlich starke Ausführungen. Spielerisch lässt sich das taktisch übrigens auch planen, denn bis zu drei Mal können Itemboxen eingesammelt werden, ohne sie zu nutzen, wodurch sich bereits zuvor gesammelte Boosts immer weiter verstärken können. Als weiteres Element neben den Boostern kommen Skills der Fahrer-Figuren hinzu.

    Um die Fähigkeiten aktivieren zu können, müssen Kristalle auf den Strecken gesammelt werden. Ist eine entsprechende Fähigkeiten-Leiste voll, kann der Spieler einen Zusatzboost auslösen, der kurzzeitig vor Angriffen schützt, einen Tempo-Schub verleiht oder einen besonders starken Angriff auslöst. Diese Fähigkeit ist die Geheimwaffe, mit der man Rennen auf den letzten Metern noch gewinnen kann, die eigentlich als verloren galten. Obwohl das jetzt alles nach taktieren und kompliziert klingt, ist es das in der Praxis nicht. Zwar wird es komplizierter als in "Mario Kart", anstrengend aber nicht.

    Das Gameplay fühlt sich etwas "hölzern" an

    Ein Manko an "Chocobo GP" ist, dass sich die Items nicht so selbsterklärend unterscheiden lassen, wie es in "Mario Kart" der Fall ist, Hier muss man erst alles einmal ausprobieren und sich dann auch merken, was welches Item genau bewirkt. Kurios: Bei den Farben sind alle Items und ihre Verstärker-Stufen offenbar wahllos zusammengemischt worden. Ob ein rotes Symbol nun einen Feuerangriff bedeutet oder doch die höchste Stufe des Drifts, ist immer aufs Neue ein Rätselraten. Trotzdem können wir sagen: Die Rennen im Game machen Spaß, auch – oder weil – es spielerisch fast eine "Mario Party"-Kopie ist.

    Reifendurchdrehen beim Start, abgestufter Kurven-Drift oder sammelbare Items, alles, was man aus dem großen Vorbild kennt und das auch in "Chocobo GP" wiederzufinden ist. Trotzdem wirken Rennen in diesem Game etwas "hölzern", weil sich viele Kurven etwa nur mit einem Fast-Stillstand oder einem Abprallen an der Bande durchfahren lassen, aber auch, weil man sich in vielen Situationen einfach machtlos fühlt. Besonders in späteren Rennen hat man das Gefühl, im Sekundentakt angegriffen zu werden, statt einfach zu fahren – für unseren Geschmack wurde der Item-Einsatz da etwas zu übertrieben.

    "Chocobo GP" – für das Stockerl reicht es trotzdem

    Gerade weil sich "Chocobo GP" so sehr am großen Vorbild "Mario Kart" orientiert und wenig spielerisch selbst wagt, bringt es den Genre-König keineswegs in Gefahr. Auch deshalb nicht, weil es bei Steuerung und Items in den Details etwas patzt. Grafisch dagegen ist das Game mit dem Comic-haften Stil wirklich gut gelungen, auch wenn auf oder besser neben den Strecken eine Detailvielfalt eher fehlt. Dafür kommen "Final Fantasy"-Fans mit den vielen bekannten Figuren, Welten und der zugehörigen Prise Humor hier voll auf ihre Kosten. Gezockt wird übrigens on- wie offline im Einzelspieler und Multiplayer.

    "Chocobo GP" im Test: "Mario Kart" ist außer Reichweite, für das Stockerl reicht es trotzdem.
    "Chocobo GP" im Test: "Mario Kart" ist außer Reichweite, für das Stockerl reicht es trotzdem.
    Nintendo

    Ebenfalls ein Problem des Titels: Er besitzt nicht wirklich eine Strecke, die sich Spielern als Highlight ins Gedächtnis einbrennen würde. Die Rennen durch Strände, Schlösser und Straßen sind nett, ein Wow-Moment fehlt aber leider. Immerhin: Mit dabei ist gleich der Season Pass für die ersten Season des Games, weitere sollen später folgen. Bei "Chocobo GP" reicht es letztlich für das Stockerl, denn abseits von ein paar Problemchen ist es ein echt witziger Funracer – allerdings hat es der Titel echt mehr als nur schwer, wenn man auf der Nintendo Switch auch ein "Mario Kart 8 Deluxe" zocken kann. In diesem Fall muss man sagen: Der Zweite ist der erste Verlierer.