Wien

Chaos in der Wiener MA35 – "Telefon wird nie abgehoben"

Berge von Akten, Telefonanrufe im Minutentakt: Doch niemand fühlt sich zuständig. Die Beschwerden über die MA35 häufen sich. Ein Mitarbeiter erzählt. 

Nikolaus Pichler
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Amt für Einwanderung, Staatsbürgerschaft und Standesamt in Wien.
Amt für Einwanderung, Staatsbürgerschaft und Standesamt in Wien.
Robert Newald / picturedesk.com

Die Wiener Magistratsabteilung 35 (MA 35) – zuständig für Einwanderung und Staatsbürgerschaften – steht im Fokus der Kritik. Mitarbeiter gingen nicht ans Telefon, Anträge blieben unbearbeitet, es herrsche ein Chaos, so der Tenor der Kiritk. Laut Ö1 häufen sich derzeit die Beschwerden bei der Volksanwaltschaft über die MA35. Jetzt hat ein Mitarbeiter unter dem Schutz der Anonymität dem Morgenjournal über die Zustände in seiner Abteilung berichtet.

"Die Telefone läuten bei uns tatsächlich den ganzen Tag. Abgehoben wird so gut wie nie. Außer wir können am Display sehen, dass es eine interne Nummer ist oder ein Vorgesetzter. Ansonsten wird das Telefon ignoriert", so der Beamte gegenüber Ö1, der seinen Namen nicht nennen will. Er und seine Kollegen hätten laut dem Radiobericht geradezu Angst, die Anliegen der Kunden freundlich zu beantworten.

"Weil es sonst einen Dominoeffekt gibt. In dem Moment, in dem einer unserer Referenten vom Telefon abhebt und eine Frage beantwortet, spricht sich das herum und führt dazu, dass ganz viele Antragsteller blitzschnell informiert werden und den Eindruck haben, sie könnten Antworten bekommen." Der Mitarbeiter im Ö1-Morgenjournal weiter: "Die kommen dann direkt am nächsten Tag und dann ist das ganze Amt voll."

450 Mails pro Tag im Postfach

Von einem positiven Antrag hängt für die Betroffenen laut dem Mitarbeiter viel ab. "Die verlieren ihre Jobs ohne Visum, die können sich nicht bewerben ohne ein Visum, kriegen kein Kindergeld und keine Familienbeihilfe. Die kriegen nichts ohne das. Die Corona-Krise hat aus Sicht des Mitarbeiters die Situation in der ohnehin schon überlasteten Abteilung verschärft. Wegen Home-Office mussten die Antragsteller Schriftstücke und Dokumente per Mail schicken. "Da kann es schon passieren, dass man mit einem Postfach aufwacht, das bis zu 450 neue E-Mails hat. Von denen sie dann, wenn sie einen guten Tag haben und vielleicht ein bisschen Überstunden machen 120 abarbeiten können."

Die Konsequenzen daraus? "Es könnte einfach passieren, dass sie ihren Antrag per Mail stellen, der wird aber übersehen und das resultiert darin, dass ihr nächster Antrag auf Visum abgelehnt wird, weil Sie die Frist nicht eingehalten haben", erklärt der Wiener dem Reporter. Der Beamte bezeichnet seine Abteilung als "Personalkarussell" und spricht von einer hohen Drop-out-Rate und Kollegen im Burn-Out. "Die Leute kommen oft mit dem Kundenkontakt, mit den Emotionen, die in in diesen Unterhaltungen mitschwingen und dem Stress nicht zurecht."

"Weder über Mail noch über Telefon Antwort"

Das Büro des zuständigen Stadtrates Christoph Wiederkehr verweist auf Anfrage des Journalisten auf eine geplante Personaloffensive sowie eine Beschwerdenstelle. Von einem "Reformprozess" ist im Büro des Neos-Politikers die Rede. Doch der Insider erzählt: "Tatsächlich kommen die Leute seit Wochen mit ihrem Anliegen zu uns ins Amt. Die haben es schon zigmal deponiert und bekommen tatsächlich weder über Mail noch über Telefon Antwort." Laut Bericht will der Magistrat den Rückstau bei den Akten bis Ende 2022 abarbeiten. 

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