Niederösterreich

Bub in Hundebox – kein Schmerzensgeld vom Land

Der Fall jenes nun 14-jährigen Buben, der in eine Hundebox gesperrt worden war, schlug hohe Wellen. Das Land sieht sich nicht in der Verantwortung.

Niederösterreich Heute
Bub in Hundebox – kein Schmerzensgeld vom Land
In diese Hundebox sperrte die Mutter ihren Sohn ein.
CHRISTOPHER ECKL / APA / picturedesk.com

Paukenschlag um den Fall jenes 14-jährigen Buben, der von seiner Mutter in eine Hundebox gesperrt worden war: Das Land Niederösterreich will kein Schmerzensgeld zahlen.

150.000 Euro wurden gefordert

Der beinahe zu Tode gequälte damals 12-jährige Bub aus Niederösterreich hatte nur knapp überlebt – wir berichteten. Sein Martyrium hätte schon früher beendet werden können, ist sein Anwalt Timo Ruisinger sicher und hatte beim Land Niederösterreich außergerichtlich eine Forderung über 150.000 Euro Schmerzensgeld eingebracht.

"Weiters wird die Haftung des Landes für sämtliche Schäden, Spät und Dauerfolgen" beantragt, hieß es in einem Schreiben, das "Heute" vorliegt. Die Mitarbeiter der BH Waidhofen an der Thaya der Kinder- und Jugendhilfe hätten trotz mehrmaliger Gefährdungsmeldung aus unterschiedlichen Quellen nur unzureichende Schritte unternommen, dem hilflosen Buben zu helfen. Sogar bei einem Hausbesuch der beiden Mitarbeiter, nur vier Tage, bevor der Bub schlussendlich ins Koma fiel, blieb ohne einer Meldung von Gefahr im Verzug.

Notsituation

Wie beim Prozess in Krems herauskam, hätte spätestens am 18. Oktober 2022 die Notsituation klar erkennbar gewesen sein müssen, die Landesmitarbeiter sahen das jedoch anders. "Für einen medizinischen Laien war klar, dass er unverzüglich medizinische Hilfe benötigt", so Ruisinger.

Die BH-Mitarbeiter sollen im Fall "völlig unzureichend, somit rechtswidrig und schuldhaft auf die dramatische und lebensgefährliche Situation" des Buben reagiert haben. "Durch die nicht adäquate Reaktion" sei ein Schaden entstanden, der sich "einerseits auf seine körperliche Unversehrtheit, insbesondere jedoch auf seine psychische Gesundheit ausgewirkt" habe.

Land sieht keine Amtshaftungsansprüche

Drei Monate hatte das Land Zeit, um auf Ruisingers Forderungen zu antworten. Nun die bittere Nachricht: In dem Schreiben heißt es laut "Kurier" sinngemäß, dass das Land in dem Fall keine Amtshaftungsansprüche anerkenne. "Laut einem OGH-Urteil vom 23. März 2021, finde das Handeln der Kinder- und Jugendhilfeträger im amtshaftungsrechtlichen Sinn nicht in Vollziehung der Gesetze statt. Es sei daher nicht der Hoheitsverwaltung, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung zuzurechnen," lautet es in der Stellungnahme.

"Daher sind auch andere Handlungen oder Unterlassungen von Bediensteten des Kinder- und Jugendhilfeträgers als privatrechtlich einzustufen“, heißt es weiter in dem Anwaltsschreiben des Landes.

Opferanwalt gibt nicht auf

Der Opferanwalt will dennoch weiterkämpfen: "Das Land kann sicher nicht davon ausgehen, dass das Thema damit vom Tisch ist“, so Ruisinger zum "Kurier". Er werde das Antwortschreiben genau prüfen, dann mit dem Vater des Buben die weiteren Schritte beraten.

Bist du Gewalt betroffen? Hier findest du Hilfe!
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Polizei-Notruf: 133

Geschworenenprozess

Im Geschworenenprozess vorgeworfen wurde der angeklagten 33-jährigen Mutter und Alleinerzieherin, dass sie ihren Sohn geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben soll. Am 22. November 2022 war das Kind in akut lebensbedrohlichem Zustand. Der Zwölfjährige überlebte wegen des Einschreitens einer Sozialarbeiterin, die der Familie aufgrund einer Beratung bekannt war. Als Komplizin und Einsagerin der Kindsmutter soll eine damalige Freundin der Waldviertlerin fungiert haben.

Hohe Haftstrafen

Für die Hauptbeschuldigte setzte es vor Gericht 20 Jahre Haft wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung. Ihre ehemalige Freundin muss wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin 14 Jahre in Haft. In beiden Fällen wurde zudem die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ausgesprochen. 80.000 Euro Schmerzengeld waren schon beim Prozess anerkannt worden.

Hundebox-Prozess in Krems – alle Bilder vom Gericht

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    In der Mitte musste sich die angeklagte Mutter hinsetzen – Fotos der Angeklagten wurden vom Gericht untersagt.
    In der Mitte musste sich die angeklagte Mutter hinsetzen – Fotos der Angeklagten wurden vom Gericht untersagt.
    Sabine Hertel

    Auf den Punkt gebracht

    • Das Land Niederösterreich lehnt es ab, Schmerzensgeld an den 14-jährigen Buben zu zahlen, der in eine Hundebox gesperrt wurde, obwohl sein Anwalt eine Forderung über 150.000 Euro eingereicht hatte
    • Das Land sieht keine Amtshaftungsansprüche und beruft sich auf ein OGH-Urteil
    • Der Opferanwalt gibt jedoch nicht auf und plant weitere Schritte mit dem Vater des Buben zu beraten
    • Im Geschworenenprozess wurden hohe Haftstrafen für die Hauptbeschuldigte und ihre ehemalige Freundin verhängt
    red
    Akt.