Nach Forstunfall

Bub erhielt Kunststoff-Schädeldecke aus 3D-Drucker

Bei einem Unfall zertrümmert sich der 10-Jährige einen Teil der Schädeldecke. Ärzte bauen das fehlende Stück mit dem 3D-Drucker nach und ersetzen es.

Heute Life
Bub erhielt Kunststoff-Schädeldecke aus 3D-Drucker
Ein Modell der Schädeldecke aus dem 3D-Drucker. 
SALK/WOLFGANG FÜRWEGER

Seit dem Vorjahr ist es am Uniklinikum Salzburg möglich, Knochenteile mit dem 3D-Drucker nachzubauen. Nun wurde so ein Nachbau-Teil einem erfolgreich in die Schädeldecke eines 10-Jährige eingesetzt, nachdem er es bei einem Unfall im Dezember 2023 verloren hatte. 

Am 28. Dezember 2023 helfen der 10-jährige Felix und sein jüngerer Bruder Simon ihrem Vater und Großvater bei Holzarbeiten am Ulrichshögl im bayerischen Ainring, als ein Stahlseil reißt. Dabei löst sich eine Seilklemme und wird gegen den Kopf des Buben geschleudert. Das Metallteil durchschlägt die Schädeldecke und bleibt stecken. Felix wird mit dem Hubschrauber ins Uniklinikum Salzburg geflogen. Dort zeigt ein CT das Ausmaß des Schadens: Die Kalotte – das knöcherne Dach des Schädels – ist teilweise zertrümmert. In einer ersten, vierstündigen Operation entfernen zwei Kinderchirurgen und ein Neurochirurg den Metallteil und viele Knochensplitter aus dem Gehirn des Buben, legen eine Hirndrucksonde ein und verschließen den Schädel provisorisch. Dann kommt das Kind auf die Intensivstation.

"Die erste Zeit ist besonders heikel. Das Gehirn schwillt an, es könnte sich etwas entzünden, Nachblutungen und Störungen auftreten", sagt Roman Metzger, der Vorstand am Uniklinikum Salzburg für Kinder- und Jugendheilkunde. Die Eltern dürfen am Anfang ihren Sohn nicht einmal streicheln, weil jeder Impuls für das Gehirn vermieden werden soll. Lange bangen sie – Prognosen sind zunächst nicht möglich. "Nach der Operation erwarten wir eigentlich eine Reihe von heiklen Phasen. Auch das Risiko neurologischer Folgen ist da", erklärt Metzger. Doch nach einigen Tagen geht es Felix besser. "Nichts ist so eingetreten, wie man es hätte befürchten müssen."

Spitaleigenes 3D-Labor

Das ausgeschlagene Stück der Schädeldecke soll mit dem hauseigenen 3D-Drucker nachgebaut und ersetzt werden. Das Uniklinikum Salzburg ist eines der ersten Krankenhäuser mit eigenem 3D-Labor. "Bisher wurde das von externen Firmen erledigt, was im Schnitt 3 bis 4 Wochen gedauert hat", sagt der Leiter des 3D-Labors der Klinik, Werner Wurm. "Bei Felix haben wir gemeinsam mit den Chirurgen innerhalb von 5 Tagen ein auf ihn abgestimmtes Implantat designt und gedruckt." Als Material dazu dient "PEEK", ein extrem robuster medizinischer Kunststoff, der vom Körper nicht abgestoßen wird.

Allerdings gab es Hürden: Bei planbaren Eingriffen wird zuvor ein CT gemacht, um das Implantat dem intakten Schädel genau nachzuempfinden. Felix wurde mit zersprungenen Knochen eingeliefert, die Vorlage fehlte. "Wir haben darum auf Basis des 3D-Datensatzes aus den CT-Bildern die bestehende Schädelform virtuell gespiegelt und zunächst ein Modell der Gegenseite gemacht", berichtet Neurochirurg Johannes Pöppe. Auf Basis des Modells wurde dann der fehlende Teil konstruiert und am 17. Jänner 2024 eingebaut. Es folgt eine weitere, fast dreistündige OP – wird aber von Erfolg gekrönt: Das Implantat passt auf einen halben Millimeter genau.

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    Erstmals 3D-Implantat für ein Kind

    Seit vergangenem September wurden 24 Implantate gedruckt, bislang aber nur für Erwachsene. "Dass eine im Haus selbst 3D-gedruckte Plastik bei einem Kind gemacht worden ist, ist unserer Kenntnis nach das erste Mal passiert", sagt dazu Neurochirurg Pöppe. Nachsatz: möglicherweise weltweit.

    Der Technologie dürfte auch die Zukunft gehören. "Ziel ist Präzisionsmedizin", sagt dazu Abteilungsvorstand Metzger. "Wo Implantate nicht von der Stange kommen und man auf fixe Größen zugreifen muss, sondern wo sie für das Individuum gestaltet werden." Die Schädeldeckenplastik von Felix sei dafür gedacht, Jahrzehnte im Kopf des Burschen zu bleiben. "Ob mit seinem Wachstum einmal eine Knochenlücke entsteht, die man zusätzlich noch einmal deckeln müsste, kann ich noch nicht sagen. Das kann sein, muss aber nicht sein."

    red
    Akt.
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