Österreich

Brummton lässt Frau seit 2 Jahren nicht mehr schlafen

Tieffrequenter Schall bzw. Infraschall kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Manuela L. hat mit anderen Betroffenen eine Plattform gegründet.

Christine Ziechert
Manuela L. (r.) hat aufgrund von tieffrequenten Schall und Infraschall gesundheitliche Probleme. 
Manuela L. (r.) hat aufgrund von tieffrequenten Schall und Infraschall gesundheitliche Probleme. 
iStock/zVg

Manuela L. (56) leidet an permanentem Schlafentzug: "Seit zwei Jahren habe ich keine Nacht durchgeschlafen", berichtet die 56-Jährige aus Deutschlandsberg (Stmk.) im Gespräch mit "Heute". Schuld daran ist tieffrequenter Schall bzw. Infraschall aus unterschiedlichsten Quellen, die für gesundheitliche Probleme sorgen.

Laut deutschen Erhebungen können bis zu 3 % der Bevölkerung tieffrequenten Schall (unter 100 Hertz) bzw. Infraschall (unter 20 bzw. 16 Hertz) hören, zudem können bis zu 30 % darunter leiden, ohne die Frequenzen tatsächlich wahrzunehmen. Als Symptome können etwa Tinnitus, Herzrasen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen auftreten. 

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    Screenshot Facebook/Markus Reperich; Google Street View
    "Das Eine ist ein schrilles Geräusch, wie eine Sirene. Das tut in den Ohren weh und wirkt sich mental aus. Das Andere ist ein tiefes, dumpfes Brummen, das den Körper in unangenehme Schwingungen versetzt" - Manuela L.

    "Bei mir hat es 2021 angefangen – mit einem Dauerstörgeräusch, das nicht verschwunden ist. Auch mein Sohn hat es wahrgenommen – er hat ein Vibrieren am Körper gespürt, wie Stromwellen", erzählt Manuela L. Auf der Suche nach der Quelle radelte die Steirerin in der Nacht die Umgebung ab, wurde aber (vorerst) nicht fündig: "Heute weiß ich, dass vermutlich drei Quellen in Frage kommen: ein Industriebetrieb, eine Biogas-Anlage bzw. ein Holzverarbeitungsbetrieb und eine Wärmepumpe", meint die 56-Jährige, die weitere Quellen nicht ausschließen kann und die für einen fünfstelligen Betrag professionelle Messungen durchführen ließ, die auffällige Frequenzen ergaben.

    Das Perfide: Die störenden Brummtöne durchdringen geschlossene Fenster und (Beton-)Wände, sind meist in den Nachtstunden verstärkt wahrnehmbar, lassen sich nicht übertönen und können auch nicht gedämpft werden. Betroffene nehmen die Frequenzen etwa durch ein Dröhnen im Kopf oder Vibrationen am Körper wahr: "Einerseits ist ein schrilles, meist monotones Geräusch wahrnehmbar, wie ein Sirenenton. Das tut in den Ohren weh und wirkt sich mental aus. Andererseits ist ein tiefes, dumpfes Brummen hörbar, das den Körper in unangenehme Schwingungen versetzt", erklärt Manuela L. 

    Ganze Familie leidet unter dem Schall

    Neben Schlafstörungen leidet die Ex-Beamtin unter Muskelzuckungen und Bluthochdruck. Sowohl ihr Sohn, als auch ihr  Ehemann entwickelten einen Tinnitus: "Mein Sohn musste ausziehen, da er das Haus als Störquelle meiden soll. Mein Mann hört die Frequenzen zwar nicht, aber der Tinnitus quält ihn. Ich selbst habe mich lange dagegen gewehrt, weil ich gedacht habe, es geht wieder weg beziehungsweise, dass die Betreiber von Lärmquellen einlenken", so Manuela L. 

    Die Quellen der Störgeräusche können vielfältig sein: Neben (Wärme-)Pumpen kommen etwa auch Turbinen, Kompressoren, Kühlaggregate, Heiz- und Wasserkraftwerke, Windenergie- und Industrie-Anlagen sowie Klima- und Lüftungssysteme in Frage: "Oft sind es mehrere Quellen, die zusammen wie ein Giftcocktail wirken. Hast du das Geräusch durch permanentes Einwirken einmal 'abgespeichert', hörst du es dann unter Umständen überall", meint die 56-Jährige.

    "Die meisten Betroffenen bekommen vom Arzt nur Schlafmittel und Psychopharmaka. Das Problem ist damit jedoch nicht gelöst" - Manuela L.

    Bis Betroffene herausfinden, was genau mit ihnen los ist, ist es oft ein langer Weg. Manuela L. kam dem Auslöser nur durch eigene Recherchen und auch Messungen auf die Spur. Das Aufsuchen von Ärzten ist dagegen laut der 56-Jährigen meistens nicht zielführend, da Patienten oft als depressiv oder psychisch krank abgestempelt werden: "Die meisten Betroffenen bekommen dann nur Schlafmittel und Psychopharmaka. Das Problem ist damit jedoch nicht gelöst, handelt es sich bei der Wahrnehmung von Brummtönen um messbare, reale, physische Ursachen", erzählt die Steirerin.

    Da den Brummton-Leidgeplagten meist nicht geglaubt wird, fühlen sich diese oft isoliert und diskriminiert. Manuela L. hat daher die "Plattform Brummton belastete Menschen Steiermark" (brummtonplattform.at) gegründet, steht mit rund 70 Betroffenen in Kontakt. Im Jänner gab es bereits das erste Vernetzungstreffen, auch die Volksanwaltschaft ist eingeschaltet. Zudem startete die Plattform die Petition "Gemeinsam gegen Lärm – (Sofort)Maßnahmen gegen tieffrequenten Schall und Infraschall im Wohnumfeld".

    Betroffenen-Plattform startete Petition

    Die Plattform fordert zum Beispiel Lärmminderungs-Maßnahmen gegen tieffrequenten Schall bzw. Infraschall, Übernahme der Kosten für professionelle Messtechniker mit hochwertiger Ausrüstung vom Staat, eine Begrenzung für tieffrequente Schallanteile im Umweltlärm als Mindeststandard in Österreich und eine eigene Kennziffer für Schallbelastung bei Ärzten: "Es ist Lärm, auch, wenn es nicht alle hören können. Unsere Gesundheit und Lebensqualität leiden massiv", meint Manuela L.

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