Scharfe Kritik an ÖVP

"Blockade aufgeben": Kickl rechnet auch mit Kanzler ab

Am Montag nahm FPÖ-Chef Kickl in einer Pressekonferenz zur aktuellen Situation Stellung und schoss hart gegen Bundeskanzler Nehammer.

Lukas Leitner
"Blockade aufgeben": Kickl rechnet auch mit Kanzler ab
FPÖ-Chef Herbert Kickl teilte am Montag (14.10.2024) bei seiner Pressekonferenz kräftig aus – v.a. gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer.
Sabine Hertel

Die Nationalratswahl ging schon vor über zwei Wochen über die Bühne, bis es aber zu einer Regierungsbildung kommt, dürfte es noch dauern, denn ein Auftrag von Van der Bellen fehlt nach wie vor. Die Parteichefs von FPÖ, ÖVP und SPÖ sollen zuerst ins Gespräch treten und dann erneut dem Bundespräsidenten berichten. Erst dann will das Staatsoberhaupt weitere Schritte verkünden.

FPÖ-Chef Herbert Kickl veranstaltete aus diesem Anlass am Montag eine Pressekonferenz unter dem Thema "Regierungsbildung". Dort gab es nicht nur einen Ausblick auf die kommenden Tage – ein Gespräch des FPÖ-Chefs mit Bundeskanzler Nehammer steht bevor –, sondern es hagelte heftige Kritik an Van der Bellens Entscheidung.

Nehammer habe sich "weiter einzementiert"

Der Bundespräsident würde nämlich dem Wählerwillen widersprechen. Dass Van der Bellen keinen Regierungsbildungsauftrag vergeben hatte, würde zudem unnötige Zeit kosten, denn "beim Reden kommen die Leute zam", hielt Kickl fest. Längere Gespräche seien ohne einen Auftrag aber nicht möglich, ein "sich näher kommen" würde erschwert werden.

Dem Wunsch von Van der Bellen will Kickl dennoch Folge leisten. Schon am Dienstag wird sich der FPÖ-Chef mit Bundeskanzler Karl Nehammer treffen. In der Pressekonferenz äußerte Kickl sich in acht Punkten zu Nehammer, der noch vor wenigen Tagen eine Videobotschaft veröffentlichte, in der er sich laut Kickl "weiter einzementiert" und eine Koalition mit der FPÖ weiterhin ausschließt.

Harte Ansage an Nehammer

Für Kickl sei das Ergebnis der Wahl "glasklar". Das Volk habe gesprochen und die Mehrheit habe sich für eine "Mitte-rechts Koalition" entschieden, bei der die FPÖ die Überhand hat. Deshalb sei es von Nehammer unsinnig, dass dieser weiterhin Anspruch auf den Kanzler erheben wolle. Hätte die FPÖ 2019 gleiches gefordert, "dann hätte uns die ÖVP ausgelacht", polterte Kickl. Damals war man sich seiner Position aber bewusst und gleiches gelte nun für die Volkspartei.

"Ein totaler Absturz" für den Bundeskanzler

Weiters führte Kickl an, dass "Nehammer der große Verlierer dieser Nationalratswahl" sei. Der FPÖ-Chef erinnerte dabei daran, dass Nehammer ohne einer Wahl zum Bundeskanzler wurde. Nun aber habe das Volk entschieden und ein Machtwort gesprochen.

"Es war ein Absturz, ein totaler Absturz" für den Bundeskanzler, resümierte Kickl. Dass Nehammer aber nun weiterhin Anspruch auf das Kanzleramt stelle, sei "absurd" und eine "Missachtung des Wahlergebnisses", polterte der Freiheitliche.

Diese Frage müsse Nehammer beantworten

Darüber hinaus müsse "Nehammer mit seinem Handeln jetzt folgende zentrale Frage beantworten: Was zählt für die ÖVP wirklich?", fuhr Kickl fort. Denn jetzt müsse die Volkspartei klarstellen, ob sie ihr Wahlprogramm umsetzen und die darin enthaltenen Versprechen auch einlösen. "Das ist nur mit der FPÖ möglich" und nicht mit einem "marxistischen" Dreiergestell, ist sich Kickl sicher.

Immerhin seien sich FPÖ und ÖVP in vielen Themen und Bereichen einig. Das würde nicht nur die Regierungsarbeit erleichtern, sondern sorge auch für Stabilität in Österreich und der Politik.

Blau-schwarzen Koalition schon bestätigt

Die Regierungsfähigkeit einer blau-schwarzen Koalition habe der Bundespräsident zudem schon bestätigt. Denn für Kickl sei die Anordnung von Van der Bellen zu weiteren Gesprächen ein Zeichen, dass der Bundespräsident der Meinung sei, dass Kickl und Nehammer zusammenfinden können. "Ansonsten hätte Van der Bellen den Regierungsbildungsauftrag auch einer anderen Partei geben können", erklärte Kickl.

In das Gespräch am Dienstag werde Kickl weiterhin mit der Forderung gehen, dass er den Bundeskanzler in einer Regierung stellen werde. Das Volk habe diese Entscheidung bei der Nationalratswahl klar getroffen "und an nichts anderem haben sich die Parteien nun zu orientieren", betonte der Freiheitliche.

FPÖ soll Auftrag bekommen

Bundeskanzler Nehammer habe zudem nach der Wahl gefordert, dass die FPÖ als stimmenstärkste Partei den Regierungsbildungsauftrag erhält. Dieser Aussage von Nehammer müsse auch jetzt noch gelten. Immerhin wolle der Bundeskanzler "glaubwürdig" sein.

Der Forderung Nehammers folgten auch viele andere ÖVP-Politiker. Kickl erinnerte an die Aussagen von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die sich ebenfalls dafür aussprach, dass die FPÖ den Regierungsbildungsauftrag erhalte. "Nehammer hat damit ausreichend Rückendeckung in der eigenen Partei", stellte Kickl klar.

FPÖ-Chef Herbert Kickl teilte am Montag (14.10.2024) bei seiner Pressekonferenz kräftig aus – v.a. gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer.
FPÖ-Chef Herbert Kickl teilte am Montag (14.10.2024) bei seiner Pressekonferenz kräftig aus – v.a. gegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer.
Sabine Hertel

Kanzler muss sich entscheiden

Der Bundeskanzler müsse sich nun entscheiden. "Lebt er staatspolitische Verantwortung und handelt er als einsichtiger demokratischer Verlierer, dann gibt er jetzt seine Blockade auf, dann gibt er jetzt seinen Weg frei für Verhandlungen mit mir und der freiheitlichen Partei", betonte Kickl.

"Es ist ja eigentlich ganz einfach. Wann denn, wenn nicht nach einer Wahlschlappe, nach einer katastrophalen Wahlniederlage muss man umdenken. Wann, wenn nicht jetzt", so Kickl und weiter: "Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt eine falsche Position aufzugeben."

Appell an die "vernünftigen Kräfte in der ÖVP"

Der FPÖ-Chef appellierte deshalb an die "Vernünftigen Kräfte in der Volkspartei". Diese müssten Nehammer jetzt stützen, "um die Zukunft Österreichs und auch die der Volkspartei" zu wahren. Und wenn das der Fall sein sollte, "dann kann es keine experimentelle Verliererkoalition geben", führte Kickl weiter aus.

ÖVP Statement geplant

Die Aussagen von FPÖ-Chef Herbert Kickl dürften in den Reihen der Volkspartei für Aufregung gesorgt haben. Am Montagnachmittag um 15.00 Uhr wolle die ÖVP sich zur freiheitlichen Pressekonferenz äußern. Kurzfristig luden sie zu einem "Presspoint der Volkspartei nach heutigen Aussagen von Herbert Kickl" ein. "Heute" berichtet LIVE.

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    Auf den Punkt gebracht

    • FPÖ-Chef Herbert Kickl kritisierte in einer Pressekonferenz scharf Bundeskanzler Karl Nehammer und Bundespräsident Van der Bellen für die Verzögerung bei der Regierungsbildung nach der Nationalratswahl
    • Kickl forderte, dass die FPÖ als stimmenstärkste Partei den Regierungsbildungsauftrag erhält und appellierte an die "vernünftigen Kräfte" in der ÖVP, Nehammer zu stützen und eine Koalition mit der FPÖ zu ermöglichen
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