Die Vorstellung, bis 65 in Vollzeit zu arbeiten, ist vielen jungen Menschen ein Graus. So wurde in den letzten Jahren die FIRE-Bewegung populär, die Sparsamkeit und Vorsorge über alles stellt. FIRE steht dabei für "financially independet, retire early" ("finanziell unabhängig, früh in pension"). Anhänger dieser Bewegung sparen im Schnitt bis zu 70 % ihres Monatseinkommens, um im Alter nicht mehr, oder nur noch wenig, arbeiten zu müssen.
Eines ihrer bekanntesten Aushängeschilder ist die britische Influencerin Mia McGrath (24). Über 100.000 folgen ihr auf TikTok, wo sie Spar- und Anlagetipps gibt. Als Büroangestellte investiert sie seit ihrem 18. Geburtstag umgerechnet 1.800 Euro pro Monat in Aktien, ihr Depot ist bereits 90.000 Euro schwer – nicht zuletzt, da sie bis vor kurzem im teuren London noch bei ihren Eltern mietfrei gewohnt hat. Ihr Ziel: Bis 40 will sie 1,8 Millionen angespart haben, sich danach 40.000 Euro jährlich auszahlen.
Dafür führt sie ein knausriges Leben: Bei einem 12-Euro-Tagesbudget isst sie seit Jahren nur eine Eierspeis aus einem Ei und einen halben Bagel im Gesamtwert von 50 Pence (70 Cent) zum Frühstück, verzichtet fast komplett auf Lokalbesuche – außer, wenn sie eingeladen wird. Während viele von ihrer Disziplin beeindruckt sind, werfen ihr andere vor, ihre "kostbare Jugend" wegzuwerfen.
„Ich esse jeden Tag ein 50-Pence-Frühstück, damit ich mit 40 in Rente gehen kann.“Mia McGrath (24)
Was so frech daher kommt und auf den ersten Blick nach einem genialen "Life Hack" klingt, birgt aber viele Risiken. Denn, wie McGrath in einem ihrer zahlreichen TikTok-Videos erklärt, investiert sie ihr Geld fast ausschließlich in den S&P 500-Index – der die 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA abbildet.
Seit der weltweiten Finanzkrise 2008, als McGrath gerade einmal 7 Jahre alt war, kennen die Börsen aufgrund der in der Geschichte beispiellosen Finanzspritzen durch die Zentralbanken sowie Negativzinsen eigentlich nur eine Richtung: Nach oben. Die Corona-Krise war dabei ebenfalls nur ein kurzer Ausreißer nach unten.
McGrath kennt also in ihrem Leben nichts anderes als steigende Kurse. Doch das könnte sich nun ändern: Mit der für die Wirtschaft verunsichernden Zollpolitik der USA gehen die US-Börsen seit Jahresbeginn fast nur noch nach unten. Wie lange das so bleibt, lässt sich jetzt noch nicht abschätzen. Aber eines ist klar: Wer bei seiner Pensionsvorsorge das Schicksal in die Hände der Aktienmärkte legt, geht ein großes Risiko ein.
Ob sie auf diese Weise in den nächsten 16 Jahren das Ziel, Aktien im Wert von 1,8 Millionen Euro zu besitzen, erreichen kann, ist alles andere als sicher. Wie sie dann als 40-Jährige darauf zurückblickt, sich in ihrer Jugend nichts gegönnt zu haben, wird sich zeigen.