Niederösterreich
Bildungsdirektor: "Nicht mehr Mobbing, aber anders"
Nö. Bildungsdirektor Karl Fritthum ortete einen Lehrermangel in Chemie, Physik, Mathe, der Beruf Lehrer sei Berufung und Problemklassen gäbe es nicht.
„Heute“: Herr Bildungsdirektor, es herrscht im Land Lehrermangel. Wie versucht man dem entgegenzuwirken?
Karl Fritthum: "Es ist uns in NÖ bisher immer gelungen, alle offenen Lehrerstellen zu besetzen und unseren Versorgungsauftrag zu erfüllen. Die Situation ist herausfordernd, aber zu bewältigen. In bestimmten Fächern gibt es einen Mangel – so zum Beispiel in Chemie, Mathematik, Physik oder Bewegung und Sport. Um das kurzfristig zu lösen, haben wir Studierende angestellt. Darüber hinaus werden aber auch seitens des Landes NÖ und des BMBWF Maßnahmen und Initiativen gesetzt. So ist eine Image-Korrektur des Lehrberufs wichtig. Die Pädagoginnen und Pädagogen sollen jene Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Pädagogik ist eine Berufung und nicht jeder ist für diesen Job geeignet. Wir versuchen die besten Köpfe für unsere Schulen zu bekommen. Das geschieht durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Das beginnt beim Studium – so wird daran gearbeitet, dass man besser berufsbegleitend studieren kann. Dazu braucht es beispielsweise Wochenend-, Abend- oder Onlineangebote. Darüber hinaus werden vermehrt Quereinsteiger eingestellt."
„Heute“: Der Beruf des Lehrers erlebte in gewisser Weise einen Wandel – in Vorkriegszeiten gefürchtete Respektsperson, in den 60er, 70er- und 80er-Jahren noch Obrigkeit, in der Jetztzeit manchmal überfordertes „Opfer von Problemklassen“. Warum ist das so und was wäre die richtige Stellung des Lehrers?
Karl Fritthum: "Ich kann absolut nicht nachvollziehen, dass Pädagoginnen und Pädagogen „Opfer von Problemklassen“ sind. Unsere Pädagoginnen und Pädagogen leisten hervorragende Arbeit und wissen sehr gut mit Herausforderungen umzugehen. Das haben sie beispielsweise in der sehr fordernden Zeit der Pandemie bewiesen und das beweisen sie tagtäglich".
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„Heute“: Digitallearning versus Präsenzunterricht. Was bevorzugen Sie und warum?
Karl Fritthum: Natürlich bevorzuge ich den Präsenzunterricht. Der Schulbesuch ist viel mehr als das Vermitteln von Lehrinhalten. Schule ist ein Ort, an dem Freundschaften geschlossen werden, hier werden soziale Kontakte geknüpft und hier wird man auf das spätere Leben vorbereitet. Das digitale Lernen ist aber sicherlich eine gute Ergänzung.
"Heute": Lehrer bzw. Pädagoge ist einer der verantwortungsvollsten Berufen in unserer Gesellschaft. Wird dieser noch zeitgemäß entlohnt?
Karl Fritthum: "Ich glaube nicht, dass man aufgrund des Geldes Pädagogin oder Pädagoge wird, sondern weil man gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Pädagogin oder Pädagoge zu sein ist mehr als eine Beruf, es ist eine Berufung".
„Heute“: Kopftuch in der Schule – Ja oder Nein und hängendes Kreuz in der Klasse Ja oder Nein?
Karl Fritthum: Das ist eine politische Frage und es liegt nicht in der Kompetenz der Bildungsbehörde dies zu beurteilen.
„Heute“: Derzeit gehen rund 40 % ins Gym, 60 % NMS – viele Eltern suchen schon in der 1. oder 2. Klasse eine weiterführende Schule für ihr Kind? Wurde der Druck auf unsere Kinder größer?
Karl Fritthum: "Das Verhälltnis 40:60 ist seit einigen Jahren stabil. Wir haben durch die verschiedenen Schwerpunktsetzungen an unseren Mittelschulen, wie Soziales, MINT oder Sport und Musik unsere Mittelschulen sehr gut positioniert. Mein Ziel ist es, diese Attraktivierung der Mittelschulen noch weiter voranzutreiben und den Weg des differenzierten Schulsystems weiterzuverfolgen."
„Heute“: Stichwort Mobbing – war das immer schon so, oder tragen die Socials extra dazu bei?
Karl Fritthum: "Selbstverständlich sind die sozialen Medien eine neue Quelle für Mobbing. Es gibt aber heute nicht mehr „Mobbing“ als früher, aber andere Formen. Wir nehmen jeden Fall sehr ernst, unsere Expertinnen und Experten der Schulpsychologie und der Schulaufsicht gehen jedem Mobbingvorwurf nach und bieten ihre Hilfe an."
Zur Person Karl Fritthum
Karl Fritthum ist am 24.10. 1980 geboren
Er wohnt in Hainfeld, ist verheiratet und hat zwei Kinder
Er spielt gerne Tennis, fährt gerne Schi und Snowboard und engagiert sich beim Roten Kreuz.
Vor seiner Funktion als Bildungsdirektor war er Leiter des Präsidialbereichs und stellvertretender Bildungsdirektor und zuvor stellvertretender Leiter der Abteilung für Kindergärten und Schulen im Amt der NÖ Landesregierung.