Wien
Bezirkschef sprengt sich zu seiner Neubaugasse
Nach einer Corona-bedingten Pause wird nun auch auf der Neubaugasse weiter gearbeitet. Den Straßenbelag "sprengte" Bezirkschef Reiter im Waldviertel.
Bis September soll die Neubaugasse zwischen Mariahilfer Straße und Burggasse (Neubau) zur neuen Begegnungszone werden. Doch durch die Corona-bedingte Zwangspause bei den Bauarbeiten könnte es zu einer Verzögerung kommen. Fix ist: Nach der Fetigstellung ist die Neubaugasse dann als ebenerdige Straße barrierefrei, das Tempolimit mit 20 km/h soll für ein sicheres Miteinander aller Verkehrsteilnehmer.
Als Belag für die rund 600 Meter lange Begegnungszone entschied sich die Stadt für Hartberger Granit. Dieser ist die zweithärteste Granitart Österreichs und wird im Granitwerk Kammerer in Schrems (Waldviertel) gewonnen. Pro Jahr werden hier rund 70.000 Kubikmeter abgebaut. Bei einem "Ausflug mit Wumms-Faktor" Anfang März - also noch vor Corona - waren auch der Neubauer Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne) und "Heute" mit im Bergwerk dabei.
Na Bumm - so kommt der Belag für die neue Neubaugasse aus dem Hartberg
Ganz freiwillig kommt der Granit freilich nicht aus dem Berg. Um den Stein, der dann ab Herbst pro Tag zehntausenden Passanten zu Füßen liegt, zu gewinnen, muss Sprengmeister Michael Fraisl (30) ran. "Wir sprengen hier Blöcke von rund 60 Tonnen Gewicht heraus. Dazu werden zunächst im Abstand von 20 Centimetern Löcher in das Gestein gebohrt, die werden dann mit Schwarzpulver gefüllt und mit Bohrmehl versiegelt", erklärt Steinbruch-Chef Rudi Kammerer (55) zu "Heute".
Gezündet wird aus einer Sicherheitsentfernung von rund 200 Metern. "Das Signal läuft mit 7000 Meter pro Sekunde durch die Leitung, das heißt der Moment, wenn ich zünde ist fast zeitgleich mit dem Moment der Sprengung", ergänzt Fraisl.
Eine Explosion wie in den Hollywood-Filmen gibt es natürlich nicht zu sehen, trotzdem ist die Sprengung – nicht nur wegen der Lautstärke – beeindruckend. Ganz kurz ist eine Funke zu sehen, bevor das Schwarzpulver (hier in Form von Sprengpulver, feinkörniges Schwarzpulver hätte eine zu hohe Sprengkraft) den Granitblock abtrennt.
Aus dem Steinbruch geholt wird der "Neubauer Granit" mit einem echten Schwergewicht: Ein Bau-Gabelstapler mit einem Gesamtgewicht von rund 50 Tonnen hebt den Block an und transportiert in zur nächsten Station seiner Reise.
Grüner Bezirkschef bringt Granit zum Knistern
"Jetzt müssen wir den Granitblock in kleinere Scheiben trennen", erklärt uns Kammerer mit einem breiten Grinser. Maschinell geht hier nichts, jetzt ist Muskelkraft gefragt. Dazu wird mit einem großen Hammer abwechselnd auf in den Stein gekeilte Bolzen geschlagen. "Uns reichen zum Abtrennen drei Schläge pro Keil", grinst Kammerer. Reiter, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit Minuten zwar enthusiastisch oder deutlich weniger schlagkräftig auf den Keile hämmert, entlockt das nur ein ungläubiges Lächeln.
Dennoch sind seine Bemühungen schon bald von Erfolg gekrönt. "Hörst Du das Knistern im Stein?", fragt Kammerer – Sekunden, bevor die erste Granitscheibe tatsächlich zu Boden fällt. Der Bezirkschef strahlt, die Anwesenden klatschen. Als Belohnung für seine gute Arbeit darf Reiter nun hinter dem Steuer des Mega-Gabelstaplers Platz nehmen und "seinen" Stein selbst zur nächsten Station fahren.
Neubaugassen-Granit um Zweidrittel dicker als MaHü
Denn bis der Hartberger Granit dann tatsächlich im Neubau auf der Straße liegt, sind noch einige weitere Arbeitsschritte notwendig. Etwa das Zuschneiden auf die gewünschte Größe: Für die Neubaugasse bedeutet das einzelne Platten im Format 20 mal 30 Centimeter und eine Tiefe von 16 Centimeter. Damit ist der Granitbelag der Neubaugasse um rund Zweidrittel dicker als jener der benachbarten Mariahilfer Straße.
Grund dafür ist die geplante Befahrung der Neubaugasse durch die Buslinie 13A in beiden Richtungen. Damit die neue Begegnungszone diese Belastung aushält, bekommt sie neben dickeren Granitplatten auch eine spezielle Unterkonstruktion.
Mit Diamanten zur perfekten Plattengröße
Zugeschnitten werden die Neubaugassen-Granitplatten mittels Drahtseilen, die in regelmäßigen Abständen mit Diamantsplittern versehen sind. Damit die Diamanten durch die Reibungshitze nicht verglühen, während dem Sägen konstant mit Wasser gekühlt. "Wir haben auch Kreissägeblättern. Aber weil das größte einen Durchmesser von drei Metern hat, sind nur Schnitte mit einer Tiefe von 1,2 Meter möglich", erklärt Geschäftsführer und Prokurist der Kammerer Werke für Wien Ernst Eder (48) auf "Heute"-Rückfrage.
Sobald die bestellte Größe erreicht ist, wird der Granit – je nach Kundenwünschen – sandgestrahlt oder poliert werden. Für die Neubaugasse wurden insgesamt 2.000 Tonnen sandgestrahlter Hartberger Granit bestellt. Die Wahl wurde im Vorfeld ausführlich geprüft. "Wir haben uns dann für den helleren Hartberger entschieden, weil er im Vergleich zur dunkleren Alternative im Sommer bis zu 15 Grad Celsius weniger Temperatur abgibt", erklärt Reiter. Davon überzeugen können sich die Wiener dann ab September. Ab dann fährt auch der 13A wieder durch.