Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" erklärt das bayerische Kultusministerium, dass die "Tätigkeit und Mitgliedschaft" Lisa Poettingers in "extremistischen Organisationen" nicht mit den Anforderungen an eine Lehrkraft vereinbar sind. Im Zuge dessen wird vor allem ihr Engagement gegen den Braunkohleabbau sowie ihre Teilnahme an Protesten gegen die internationale Automobil-Industrie in München (IAA) kritisiert.
Poettinger war Mitglied der Gruppe "Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen München", die als legale Organisation anerkannt ist. Eine Erklärung des Ministeriums zufolge sei "Profitmaximierung" eine "den Begrifflichkeiten der kommunistischen Ideologie zuzuordnende Wendung". So etwas sei mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.
Die Frau protestiert nun gegen die Entscheidung, für sie sei diese Einschätzung eine Ungerechtigkeit. Laut der Klimaaktivistin sei sie zwar eine Marxistin, aber gleichzeitig eine Verfechterin des Grundgesetzes sowie der bayrischen Verfassung. Poettinger sei es stets ein Anliegen gewesen, für die Demokratie und das Grundgesetz einzutreten, auch wenn sie den Kapitalismus ablehne.
Die Ablehnung des Kapitalismus müsse "mindestens in Teilen unter Achtung des Grundgesetzes möglich sein", so die Aktivistin. Sie verweist in ihrer Argumentation auf das Bundesverfassungsgericht, das in der Vergangenheit feststellte, dass das Grundgesetz keine unmittelbare Festlegung auf eine bestimmte Wirtschaftsform vornehme.
Dem Kulturministerium zufolge würden Poettingers politische Äußerungen allerdings eine Gefahr für das Vertrauen in die öffentliche Verwaltung darstellen. Das Ministerium sieht insbesondere den Slogan "System change, not climate change", den die Aktivistin während ihrer Proteste verwendete, als Aufruf zum politischen Machtumsturz. Poettinger rufe nicht nur zur Klimaneutralität, sondern auch zu einem "fundamentalen Systemwechsel" auf, meinte das Ministerium.
Zudem laufen gegen die Frau derzeit mehrere Ermittlungsverfahren. Eines der Verfahren bezieht sich auf Proteste gegen den Kohleabbau im nordrhein-westfälischen Lützerath, bei denen die Klimaaktivistin mutmaßlich Widerstand gegen die Staatsgewalt leistete und auch Beamte tätlich angegriffen haben soll.
Ein anderes Verfahren betrifft die Zerstörung von AfD-Wahlplakaten. Die Aktivistin habe öffentlich erklärt, dass sie diese Plakate "zurückgenommen" habe, da sie "menschenverachtende Ideologien" nicht hinnehmen wolle.
Laut der Betroffenen käme die Entscheidung, sie nicht zum Referendariat zuzulassen, einem Berufsverbot gleich. Ohne ein Referendariat könne sie auch an Privatschulen keine Anstellung finden. Sie will gegen die Entscheidung vorgehen, da ihre politische Haltung und ihr Aktivismus im Einklang mit den Werten des Grundgesetzes stünden.
In einer aktuellen Stellungnahme von ihr heißt es: "Ich sehe es als meine Pflicht, unsere Lebensgrundlagen zu schützen. So gehören auch Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt zu den obersten Bildungszielen Bayerns." Für das Kulturministerium sind die Taten der Aktivistin trotzdem nicht zu entschuldigen. Dem Ministerium zufolge gebe es keine Toleranz gegenüber politisch motivierten Rechtsbrüchen.
Schon in der Vergangenheit hat es mehrere Fälle wie diesen gegeben. Besonders in den 1970er- und 1980er-Jahren war die Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst auf ihre Verfassungstreue ein brisantes Thema, vor allem im Hinblick auf die politische Linke. Aufgrund des Radikalenerlasses von 1972 wurden zahlreiche Lehrkräfte in der Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer politischen Überzeugung aus dem Beamtenstatus ausgeschlossen.
Diese Praxis wurde in Bayern sogar bis 1991 fortgeführt. Aktuell häufen sich die Diskussionen darüber, solche Überprüfungen, angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus, wieder vermehrt durchzuführen.
Im aktuellen Fall habe Poettinger die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Kulturministeriums Klage einzureichen, was sie vermutlich auch tun wird. Jedenfalls könnte die Causa die Diskussion über politische Überzeugungen und deren Vereinbarkeit mit einer Beamtenlaufbahn im Nachbarland neu entfachen.