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"Beneath Oresa" im Test – noch etwas Politur für Juwel
Hinter "Beneath Oresa" verbirgt sich ein Juwel eines Deckbuilder-Spiels, das allerdings noch etwas Politur braucht, um wirklich zu glänzen.
"Beneath Oresa" für PC von Entwickler Broken Spear Inc. und Herausgeber Goblinz Publishing kommt fast aus dem Nichts und stellt einen der faszinierendsten neuen Deckbuilder-Titel dar. Viel zur Geschichte muss man nicht wissen, denn die zeigt sich sehr zurückhaltend. So wird die antike Stadt Oresa von Mutanten und anderen schrecklichen Kreaturen überrannt, sie aus der Tiefe unter der Stadt hervorkriechen – und dem Titel entsprechend müssen wir als Held in diese Tiefen hinabsteigen, um dort das Böse auszumerzen und die Bewohner der Stadt zu retten. Etwas seltsam: Eine kurze und ansprechende Video-Sequenz, die diese Story erzählte, wurde nach dem Early Access aus dem Spiel entfernt. Warum, erschließt sich nicht ganz.
Egal, das Herzstück des Spiels ist sowieso das Gameplay. Das Besondere: "Beneath Oresa" ist kein simpler Deckbuilder, in dem man Karten sammelt, zusammenstellt und ausspielt, sondern dies auch mit Kampfspiel-, Taktik- und Roguelite-Mechaniken verbunden wird. Heißt: Wir kämpfen uns Anlauf für Anlauf tiefer und besser ausgerüstet in die Gebiete unter Oresa vor und wählt sich dazu einen zweiten Helden als Begleiter – wobei jeder der wählbaren Figuren über ganze acht individuelle Fähigkeiten verfügt. Dadurch ergeben sich Hunderte Möglichkeiten, wie man zum Erfolg gelangen will – ob man beispielsweise eine sehr starke Fähigkeit als letzte Rettung einsetzen oder mit einer ständig gestärkten Truppe kämpfen will.
Es fehlt noch etwas an der Karten- und Helden-Balance
Entsprechend weiter verzweigt sich die Komplexität auch durch das Upgrade-System der Karten, die man im Spielverlauf einsammelt und seinem Deck hinzufügen kann. Durch Kampf-Erfolge lassen sich Karten auf zwei Arten aufwerten: Entweder man verleiht den Karten eine nur einmal aktivierbare und sehr durchschlagende Fähigkeit, oder aber man entscheidet sich für einen dauerhaften Bonuseffekt. Nicht nur diese Entscheidung will gut abgewägt werden, sondern auch, welche Karten man überhaupt verbessern will, welche man einsammelt oder liegen lässt – und welche man aus seinem Deck entfernt. Und: Nach jedem (gescheiterten) Durchgang darf man sich mit einer Reihe von Effekten und Verbesserungen für nächste Mal rüsten.
Bei der Wahl der Helden darf man auf drei Klassen mit je drei Charakteren zurückgreifen, wobei sich zugegebenermaßen nur einige spielerisch deutlich voneinander unterscheiden. Gleiches gilt auch für die Dutzenden Karten: Zwar ist deren Anzahl groß und die Effekte sind recht unterschiedlich, Wechselwirkung mit anderen Karten und dem gewählten Helden gibt es je nach Wahl allerdings oft recht wenige. Das heißt wiederum, dass man beim Deckbau, um das volle Potenzial auszuschöpfen, auf eine recht übersichtliche Zahl an Karten beschränkt bleibt. Bei anderen gewählten Helden wiederum ist man so frei, wie man es sich bei allen gewünscht hätte, und darf beim Deckbau aus den Vollen beziehungsweise aus allen Karten schöpfen.
Feinschliff auch noch in anderen Bereichen nötig
Richtung Endgame braucht es dann noch dringend mehr Abwechslung, denn um mit dem fordernden Schwierigkeitsgrad mithalten zu können, läuft es meist auf nur eine Art von Kartendeck hinaus, das man dann in den letzten Spielabschnitten auch kaum noch mehr verändert. Nicht falsch verstehen, die schiere Anzahl an Möglichkeiten und die Abwechslung sowie Langzeitmotivation beeindrucken, was noch fehlt, ist nur der Feinschliff. Und mit diesem könnten auch andere kleinere Ärgernisse ausgeräumt werden. Etwa, dass man sich die vorhandenen Karten im Deck gerade zu dem Zeitpunkt nicht anzeigen lassen kann, in dem man entscheiden muss, ob man eine neue Karte in die Sammlung aufnehmen will oder nicht.
Lobenswert ist dagegen, dass das Spiel den Start gleich mit einem kurzweiligen und lehrreichen Tutorial verbindet, das die wichtigsten Mechaniken des Games vorstellt. Viel Lob gibt es auch für die unterschiedlichen Gegner-Typen, die teils ein sehr spezielles Vorgehen erfordern, für die Bosse, die das eigene Deck ordentlich auf die Probe stellen, und für die Berücksichtigung des Terrains, das im Kampf eine tragende Rolle spielt. So können Feinde beispielsweise durch Ausweich-Bewegungen aufgereiht und mit Spezialattacken auf einmal ausgelöscht werden, statt jede Figur nur einzeln bekämpfen zu können. Schade ist da, dass sich in Sachen Handlung sehr wenig tut und man durch Feinde und Beute kaum mehr erfährt.
"Beneath Oresa" im Test – noch etwas Politur für Juwel
Wirklich fantastisch wird es, wenn es um die Grafik geht. "Beneath Oresa" besitzt einen einzigartigen Grafikstil, der Comic-haft wirkende 3D-Umgebungen mit spektakulären Kampf-Animationen der Charaktere verbindet – und passen Karten mit ihren Effekten tatsächlich zusammen, ergeben sich daraus supercoole und flüssige Kombo-Angriffe, sodass man sich in einem fast handgezeichnet wirkenden "Mortal Kombat" wähnen könnte. Alleine die Optik zeigt, wie viel Herzblut die Macher in "Beneath Oresa" gesteckt haben. Das in geschickter Verbindung von Kampfspiel-, Taktik-, Deckbuilder- und Roguelite-Mechaniken ist eine spannende und einzigartige Mischung, die sich jede Menge Aufmerksamkeit der Spieler verdient hat.
"Beneath Oresa" zeigt sich im Test als ein Spiel-Juwel, das allerdings noch etwas Politur benötigt, um voll zu glänzen. Da die Macher bereits im Early Access regelmäßig auf das Feedback der Spieler gehört haben und das Game regelmäßig mit Updates versorgten, sind wir guter Dinge, dass dies auch weiter so geschehen wird. Für Fans von Deckbuilder-Games ist "Beneath Oresa" ein ganz heißer Tipp – auch deshalb, weil das Spiel recht anspruchslose Mindestanforderungen an die Hardware stellt und auf Steam noch dazu für 22 Euro zu haben ist. Jetzt heißt es nur abwarten, ob es die Entwickler schaffen, das bereits zum jetzigen Zeitpunkt interessante und spannende Deckbuilder-Game noch so richtig zum Glänzen zu bringen.